Interview Dr. Thomas Trümper (Phagro)

„Beim Großhandelshonorar gibt es Parallelen zur Parteienfinanzierung”

Berlin - 27.06.2018, 07:00 Uhr

Dr. Thomas Trümper, Chef des Phagro, dementiert Vorwürfe und Gerüchte, nach denen Großhändler in Deutschland den 70-Cent-Fixzuschlag des Großhandels für Rabatte und Skonti freigeben. (Foto: Schelbert)

Dr. Thomas Trümper, Chef des Phagro, dementiert Vorwürfe und Gerüchte, nach denen Großhändler in Deutschland den 70-Cent-Fixzuschlag des Großhandels für Rabatte und Skonti freigeben. (Foto: Schelbert)


„Alle Großhändler laufen auf einer Nulllinie“

DAZ.online: Wie haben sich denn die Margeneinnahmen der Großhändler seit dem AMNOG de facto entwickelt?

Trümper: 2010, also vor dem AMNOG, hatte die nominale Spanne noch bei ca. 1,2 Milliarden Euro gelegen. Nach den ersten AMNOG-Maßnahmen lag sie 2011 dann bei etwa 1,01 Milliarden Euro. Inzwischen sind die Einnahmen leicht geklettert, 2017 lagen wir bei 1,12 Milliarden Euro, das liegt aber an den Marktsteigerungen, also der gesteigerten Packungsabgabe, die natürlich auch höhere Kosten erzeugt. Schaut man sich die Margenentwicklung bezogen auf den Umsatz an, zeigt sich aber ein anderes Bild: Vor dem AMNOG lag die Spanne prozentuiert am Umsatz bei 5,8 Prozent, im vergangenen Jahr lag sie bei knapp 4,38 Prozent. Alle Großhändler in Deutschland laufen wegen dieser Entwicklung inzwischen auf einer Nulllinie. Bezogen auf andere Entwicklungen im Gesundheitswesen können wir das nicht hinnehmen.

DAZ.online: Was meinen Sie?

Trümper: Seit 2010 sind die GKV-Einnahmen um mehr als 33 Prozent gestiegen, das BIP um knapp 27 Prozent und die Tariflöhne um 19 Prozent. Nur die Großhandelsvergütung ist seitdem de facto sogar um 7 Prozent gesunken. Gleichzeitig wachsen die Ansprüche an uns.

securpharm: Müssen die Großhändler überhaupt so viel ändern?

DAZ.online: Sie meinen die zunehmenden Regulierungen?

Trümper: Unter anderem. Wir haben kürzlich eine Umfrage bei unseren Mitgliedern durchgeführt, wie hoch die Investitions- und jährlichen Betriebskosten in den einzelnen Bereichen sind. Alleine durch die Umsetzung von securpharm, also der EU-Fälschungsrichtlinie, entstehen dem Großhandel Investitionskosten von ca. 18 Millionen Euro und jährliche Kosten von mehr als 5 Millionen Euro.

DAZ.online: Dabei gibt es ja Leute im Markt, die behaupten, dass der Großhandel bei der Umsetzung von securpharm sehr glimpflich weggekommen ist: Schließlich müssen Sie nicht jede Packung abscannen oder bedrucken, so wie Hersteller und Apotheker…

Trümper: Das ist Quatsch. Wir müssen risikobasiert überprüfen und somit in der Lage sein, jederzeit alles abscannen und in der Lieferkette verifizieren zu können. Das macht nicht nur mehr Aufwand, sondern wir müssen uns dafür auch neue Geräte kaufen und uns an das gemeinsame Netzwerk anschließen, genauso wie Apotheker und Hersteller. Außerdem müssen wir für jede Packung die Charge dokumentieren. Mit „Ansprüchen an uns“ meinte ich aber auch Veränderungen in der Versorgung. Ein Beispiel: Die Zahl der von uns an die Apotheken gelieferten BtM ist seit 2010 um etwa 30 Prozent angestiegen, die Zahl der Kühlprodukte um knapp 15 Prozent. Das sind zwar in der Gesamtschau Arzneimittel, die seltener ausgeliefert werden – sie machen aber sehr viel mehr Arbeit, weil ihre Lieferung hohen Ansprüchen genügen muss.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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