Berufsordnung

Sachsens Ärzte erlauben ausschließliche Fernbehandlung

Berlin - 25.06.2018, 16:30 Uhr

Auch in Sachsen dürfen Ärzte ihre Patienten künftig ausschließlich über das Internet beraten - wie es mit den Online-Verordnungen weitergeht, steht derzeit aber noch in den Sternen. (Foto: Imago)

Auch in Sachsen dürfen Ärzte ihre Patienten künftig ausschließlich über das Internet beraten - wie es mit den Online-Verordnungen weitergeht, steht derzeit aber noch in den Sternen. (Foto: Imago)


Sachsen ist das dritte Bundesland, in dem sich Patienten künftig ausschließlich fernbehandeln lassen können. Die Ärztekammer des Landes hat am vergangenen Wochenende eine entsprechende Änderung der Berufsordnung beschlossen. Wie die Ärzte selbst und auch die Apotheker mit online ausgestellten Rezepten umgehen wollen, ist weiterhin völlig offen.

Nach Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein ist Sachsen das dritte Bundesland, in dem Ärzte künftig via Telefon oder Internet beraten können, ohne den Patienten vorher jemals kennengelernt zu haben. Der folgende Passus wurde in die Berufsordnung der Kammer aufgenommen:


„Der Arzt berät und behandelt den Patienten im persönlichen Kontakt. Er kann dabei Kommunikationsmedien unterstützend einsetzen. Eine ausschließliche Beratung oder Behandlung über Kommunikationsmedien ist im Einzelfall erlaubt, wenn dies ärztlich vertretbar ist, und die erforderliche ärztliche Sorgfalt insbesondere durch die Art und Weise der Befunderhebung, Aufklärung, Beratung und Behandlung sowie Dokumentation gewahrt wird.“

Berufsordnung der Sächsischen Landesärztekammer


Laut Kammer ist die Umsetzung zum 1. September 2018 geplant. In einer Mitteilung stellte die Kammer klar, in welchen Fällen eine Fernbehandlung nicht in Frage kommt: „Der Fernbehandlung sind jedoch Grenzen gesetzt, wenn ein Arzt seiner ärztlichen Sorgfaltspflicht am Telefon oder Computer nicht nachkommen kann.“ Der Kammer zufolge zeigen Erfahrungen aus „anderen Ländern“, dass 60 Prozent der Patienten online geholfen werden könne. Und weiter: „Hinzu kommen eingeschränkte technische Möglichkeiten. Mit den heutigen Mitteln ist keine vollständige Untersuchung möglich, sodass sich viele Patienten trotzdem auf den Weg zum Arzt machen müssen.“

Und auch Erik Bodendieck, Präsident der sächsischen Ärztekammer, scheint den Beschluss seiner eigenen Kammer auch skeptisch zu betrachten: „Ich bin auch noch etwas skeptisch, dass wir mit der Möglichkeit der Fernbehandlung die Zahl der Arzt-Patienten-Kontakte reduzieren und auch Bereitschafts- und Notdienste entlasten können. Denn das setzt voraus, dass sich die Patienten auch an unsere Ratschläge halten und nicht postwendend den nächsten Arzt kontaktieren. Einen Vorteil sehe ich darin, dass wir Patienten besser beraten können als das Internet. Die Patientenautonomie wird dadurch gestärkt.“ Wichtig sei, dass die Ärzte mit „Augenmaß“ vorgehen“.

Wird es bald auch Online-Verordnungen geben?

In den kommenden Wochen und Monaten dürften noch mehr Landesärztekammern ihre Berufsordnung für Fernbehandlungen öffnen. Schließlich hatte der Deutsche Ärztetag unter Auflagen eine dementsprechende Änderung der Musterberufsordnung beschlossen, die nun auch in die Berufsordnungen der einzelnen Länder überführt werden sollte. In Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein war das allerdings schon vorher passiert.

Ob und wie die Ärzte mit Online-Arzneimittelverordnungen umgehen wollen, ist allerdings weiterhin ungeklärt. Per Gesetz dürfen Apotheker keine Rezepte einlösen, bei denen zuvor kein direkter Kontakt zwischen Arzt und Patient stattgefunden hat. Außerdem ist es derzeit gesetzlich noch vorgeschrieben, dass zumindest bei GKV-Rezepten das Originalformular (Muster 16) vorliegen muss. Die Ärzte treibt dieses Thema trotzdem um: Auf dem Deutschen Ärztetag wurde ein Antrag, nach dem Ärzte in solchen Online-Beratungen auch Rezepte ausstellen dürfen, an den Vorstand zur weiteren Beratung überwiesen.

Die Standesvertretung der Apotheker äußert sich nach wie vor zurückhaltend zu dem Thema. Vor einigen Wochen hatte die ABDA eine Pressemitteilung veröffentlicht, in der es hieß, dass die Entscheidung des Ärztetages keine Auswirkungen auf den Apothekenmarkt haben werde. Thomas Benkert, Präsident der Bayerischen Apothekerkammer, hat zudem kürzlich gesagt, dass er nicht wisse, ob die Entscheidung der Ärzte so gut durchdacht gewesen sei. Es gehe den Apothekern um die Sicherheit des Patienten und nicht nur um seine Bequemlichkeit. Bei der Delegiertenversammlung vergangene Woche sagte er jedoch, dass die Apothekerschaft sich einem E-Rezept nie wiedersetzen, sondern es aktiv mitgestalten werde. 



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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