Ex-Bundestagsabgeordnete (Grüne)

Biggi Bender: Hausarztverträge und E-Rezept statt Versand-Lobby

Berlin - 25.06.2018, 13:20 Uhr

Die ehemalige Bundestagsabgeordnete Birgitt (Biggi) Bender hat ihren neuen Job bei den Ersatzkassen angefangen. Unter anderem will sich Bender um die Digitalisierung und das E-Rezept kümmern. (Foto: Imago)

Die ehemalige Bundestagsabgeordnete Birgitt (Biggi) Bender hat ihren neuen Job bei den Ersatzkassen angefangen. Unter anderem will sich Bender um die Digitalisierung und das E-Rezept kümmern. (Foto: Imago)


Der Name Biggi Bender dürfte den meisten Apothekern ein Begriff sein: Die ehemalige Grünen-Bundestagsabgeordnete beantragte mit ihrer Fraktion die Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes und arbeitete in den vergangenen Jahren für den Bundesverband Deutscher Versandapotheker. Seit dem heutigen Montag hat Bender einen neuen Job: Sie ist Chefin der Landesvertretung der Ersatzkassen in Baden-Württemberg. In einem Interview hat sie nun erklärt, wo ihre Arbeitsschwerpunkte liegen werden.

Die ehemalige Grünen-Bundestagsabgeordnete Birgitt (Biggi) Bender hat am heutigen Montag ihren neuen Job bei der Landesvertretung Baden-Württemberg des Verbandes der Ersatzkassen (vdek) angetreten. In ihrer neuen Funktion wird sie gemeinsam mit den Leistungserbringern viele wichtige regionale Versorgungsverträge aushandeln. DAZ.online hatte bereits Ende 2017 über den anstehenden Wechsel Benders ins Kassenlager berichtet. Die Landesvertretungen des vdek haben sowohl regionalpolitische Aufgaben, sind aber auch fest in die Versorgung eingebunden. Sie verhandeln beispielsweise alle regional gültigen Kollektiv- und Selektivverträge mit Leistungserbringern. So wird Bender beispielsweise in die Budgetverhandlungen der Kassenärzte in Baden-Württemberg involviert sein. Allein in Baden-Württemberg sind etwa drei Millionen Menschen bei Ersatzkassen versichert.

Gegenüber der Ärzte Zeitung hat sich Bender nun erstmals in ihrer neuen Funktion geäußert. Eine große Baustelle sieht die ehemalige Politikerin offenbar im Bereich der Hausarztverträge. Das Bundesversicherungsamt als Aufsichtsbehörde aller bundesweit tätigen Krankenkassen hatte vor einiger Zeit beanstandet, dass die in Hausarztverträgen vorgesehene Chronikerpauschale für Ärzte überprüft werden muss. Bender meint nun, dass die Verträge somit „nicht attraktiver“ würden. Bender beschwert sich in dem Bericht auch darüber, dass die Vorgaben des BVA nur für Ersatzkassen gelten, während regionale Kassen – wie die AOK – ihre Verträge unverändert weiterführen dürften.

Eine große Aufgabe erkennt Bender offenbar auch in der Digitalisierung des Gesundheitswesens. Gegenüber der Ärzte Zeitung erklärte sie, dass ein Blick ins Ausland zeige, welche Möglichkeiten in diesem Bereich schlummerten. Die Landesärztekammer in Baden-Württemberg war die erste Kammer, die das Fernbehandlungsverbot teilweise aufgehoben hatte. Bender gehen die nun gestarteten Modellprojekte zur telemedizinischen Beratung offenbar nicht weit genug. Sie erklärte, dass sie sich vorstellen könne, die digitale Sprechstunde zum Teil des ärztlichen Sicherstellungsauftrages zu machen. So könnten die Selbstverwaltungspartner aus ihrer Sicht in dieser Frage die Gestaltungshoheit behalten. Denn „Amazon und Co.“ stünden vor der Tür und wollten dieses Geschäftsfeld für sich erschließen.

Biggi Bender und die Apotheker

Und schließlich sieht Bender auch in Sachen E-Rezept noch Handlungsbedarf. Die elektronischen Verordnungen sollten Teil des Versorgungsangebotes werden. Allerdings sieht sie den Ball hier im Feld des Gesetzgebers auf Bundesebene: Dieser müsse rechtliche Bedenken ausräumen. Damit vertritt Bender die Meinung ihres ehemaligen Arbeitgebers, dem BVDVA. Der Versender-Verband fordert vehement, dass das E-Rezept schnellstmöglich eingeführt werden solle. Gegenüber der Ärzte Zeitung stellte sich Bender in einer wichtigen Angelegenheit nun hinter die Apotheker: Auch mit dem E-Rezept müssten die Patienten weiterhin die freie Wahl haben, in welcher Apotheke sie die Verordnung einlösen.

In den vergangenen Jahren war Bender selbstständig und hatte eine gesundheitspolitische Beratungsfirma betrieben. Unter anderem war sie für die Barmer GEK und den BVDVA beratend tätig. Regelmäßig moderierte sie auch politische Diskussionen für den Versandapotheken-Verband.Gegenüber DAZ.online erklärte sie im vergangenen Jahr aber schon, dass sie ihre Beratertätigkeiten einstellen werde, sobald sie im vdek-Amt ist.

Mit den Apothekern verbindet die Grünen-Abgeordnete eine lange Vergangenheit: Zwischen 2002 und 2013 saß sie für die Grünen im Bundestag. Dort war sie von Anfang an war für das Thema Gesundheit zuständig. Dabei machte sie sich insbesondere in ihrer zweiten Legislaturperiode bei den Apothekern unbeliebt. Denn 2006 brachte die Grünen-Fraktion einen Antrag in den Gesundheitsausschuss ein, der die Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes zum Inhalt hatte. Bender verteidigte das Vorhaben: Warum sollte es im Optiker-Markt möglich sein, dass inhabergeführte Läden neben Ketten existieren, und bei Apothekern nicht, sagte sie damals. Der Antrag scheiterte.

Für deutliche Missstimmung bei den Apothekern sorgte auch Benders damalige Nähe zum Stuttgarter Pharmahandelskonzern Celesio. In den 2000er-Jahren und unter der Leitung von Fritz Oesterle war Celesio bekannterweise noch in Sachen Liberalisierung unterwegs. Bender sprach damals davon, dass sie von der „Leistungskraft“ Celesios beeindruckt gewesen sei. In ihrer Fraktion war sie mit dieser Meinung allerdings zunehmend allein. 2013 schwenkte sie sogar selbst um und sagte, sie werde das Thema der Apothekenketten nicht weiterverfolgen, wenn es nicht aus der Apothekerschaft selbst komme.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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1 Kommentar

Apothekenfeinde finden offensichlich immer GKV nahe Pründe

von Ratatosk am 25.06.2018 um 18:49 Uhr

Das ist der enorme Vorteil der GKV, daß diese ihre Adlaten immer auf Kosten der Versicherten nach der Politik gut dotieren kann.

Daher wundern die Aussagen von Politikern/innen gegen die Interessen der flächendeckenden Versorgung nicht wirklich.

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