Rezepturgipfel 2018

Flexibel dosiert, bequem appliziert: Suspensionen statt Kapseln

Hamburg - 21.06.2018, 07:00 Uhr

Haben Kapseln als pädiatrische Arzneiform Nummer eins ausgedient? Wie
sinnvoll ist der aktuelle Trend zur Suspension? (Foto: enriscapes / stock.adobe.com) 

Haben Kapseln als pädiatrische Arzneiform Nummer eins ausgedient? Wie sinnvoll ist der aktuelle Trend zur Suspension? (Foto: enriscapes / stock.adobe.com) 


Oral zu applizierende Rezepturarzneimittel für Kinder haben klare Anforderungen: Sie müssen peinlich genau dosiert und einfach zu verabreichen sein. Lange Zeit wurden gerade pädiatrische Zubereitungen vor allem in Form von Kapseln hergestellt. Nun zeigt sich ein Trend weg von der Kapsel hin zur Suspension. Wie sinnvoll ist der? Welche Vor- und Nachteile haben die beiden Arzneiformen? Antworten auf diese Fragen fand die Referentin Sonja Arlt, PTA und Lehrerin für Galenische Übungen, beim DAV-Rezepturgipfel in Hamburg.

Am gestrigen Mittwoch fand zum zweiten Mal der DAV-Rezepturgipfel statt. Sonja Arlt, PTA und Lehrerin für Galenische Übungen, sprach über einen sich derzeit abzeichnenden Trend bei pädiatrischen Arzneimitteln: „Weg von der Kapsel, hin zur Suspension“. Zuerst zeigte die Referentin die Vor- und Nachteile beider Arzneiformen auf. Im Vergleich war durchaus der Trend zur Suspension als sinnvolle Alternative erkennbar. Flexiblere Dosierungen und unproblematische Applikation waren sehr stark wiegende Argumente. Aber auch Suspensionen, so Arlt, können in den verschiedensten Bereichen Probleme aufweisen.

Gleichmäßige Kapselbefüllung ist schwierig

Bei der volumenbasierten Herstellung von Kapseln ist sauberes und genaues Arbeiten absolut nötig und muss stets geübt werden. Die prozentualen Aufschläge sind problematisch. Beim massebasierten Verfahren benötigt man eine Validierung und es gibt eine Volumenänderung beim Mischen. Eine gleichmäßige Kapselbefüllung ist schwierig. Die Einheitlichkeit der Masse ist nicht gleich der gleichmäßigen Wirkstoffverteilung in den einzelnen Kapseln. Füllmittel in Kapseln sind meist osmotisch aktiv (z. B. Mannitol). Mikrokristalline Cellulose birgt die Gefahr einer Pinocytose. In kleineren Mengen werden bittere Wirkstoffe in Kapseln gut akzeptiert. Kapseln sind unter Umständen schwierig im Handling beim Öffnen. Auch muss man den Schutz der Eltern vor dem enthaltenen Wirkstoff berücksichtigen und sie auf mögliche Wechselwirkungen bei der Gabe zusammen mit Mineralwasser bzw. bestimmten Lebensmitteln hinweisen.

Bei der Herstellung von Suspensionen kommen sehr feine Korngrößen zum Einsatz. Es müssen galenische Maßnahmen für eine geringe Sedimentation, eine gute Redispergierbarkeit, eine Stabilisierung der Zubereitung und Adhärenzförderung angewendet werden. Suspensionen sind eine qualitativ hochwertige Arzneiform. Es gibt eine Vielzahl offizineller und vorgefertigter Trägermedien in sehr unterschiedlichen Zusammensetzungen. Kompatibilitäts- und Stabilitätsdaten sind für die verschiedensten Wirkstoffe verfügbar. Geringere Stabilität ist ausgleichbar.

Suspension: Dosiergenauigkeit ist höher und das Handling einfacher

Auch die Bestandteile von Suspensionen sind teilweise osmotisch aktiv und auch hier birgt mikrokristalline Cellulose die Gefahr einer Pinocytose bei Kleinkindern unter 2 Jahren. Bittere Wirkstoffe können in Suspensionen mithilfe von Süßungsmitteln und Aromen maskiert werden. Konservierungsmittel, die in Suspensionen verarbeitet sind, können Allergien auslösen. 

Der zeitliche Aufwand bei der Herstellung von Suspensionen ist geringer als bei Kapseln. Der Gehalt der einzelnen Dosis ist genauer bzw. sicher produzierbar. Verträglichkeit und Adhärenz sind vergleichbar. Die Dosiergenauigkeit bei Suspensionen ist höher und das Handling einfacher. Suspensionen müssen vor Gebrauch geschüttelt und mit einem entsprechenden Hinweis versehen werden. So erhält man eine Zubereitung, die auch an unwillige oder sehr kleine Kinder im Schlaf verabreicht werden kann.

Anforderungen an eine Suspension

Wie bei allen Arzneiformen gibt es auch an Suspensionen gewisse Anforderungen. Sie dürfen ein Sediment zeigen, müssen aber gut redispergierbar und lange genug stabil bleiben, um die Entnahme einer homogenen Dosis zu gewährleisten. Optimal ist eine geringe Sedimentation, eine gute Redispergierbarkeit, eine hohe Stabilität und gute Adhärenz. Um den Forderungen des Gesetzes und dem Arzneibuch Genüge zu leisten und die Zubereitung optimal zu gestalten, steht PTA in der Rezeptur sehr viel Handwerkzeug zur Verfügung. Galenische Maßnahmen, vorgefertigte Trägermedien und nicht zuletzt vielfältige Literatur, machen den Weg überschaubar und praktikabel. Cave-Informationen bei den Trägermedien, den Bestandteilen und der Konservierung kamen im Vortrag übersichtlich zur Sprache. Es zeigte sich, dass das geeignete Trägermedium immer mit Blick auf den Patienten und die Rezeptur gewählt werden muss. Nur so wird Wirksamkeit, Unbedenklichkeit und Dosiergenauigkeit erreicht. Das demonstrierte Arlt anhand zahlreicher Beispiele von vorgefertigten Trägermedien wie Ora®, Syrspend® und InOrpha®. 

Anleitung der Eltern ist wichtig

Letztendlich ist die Suspension tatsächlich eine flexible und applikationsfreundliche Alternative zur Kapsel. Eine enge Zusammenarbeit mit dem Verordner ist sinnvoll. Die Eltern müssen angeleitet, die Entnahme über Kopf mit Kolbenpipette gewährleistet und die Suspension vor Gebrauch geschüttelt werden, um die geforderte hohe Dosiergenauigkeit zu gewährleisten.



Cornelia Neth, Autorin DAZ.online
redaktion@daz.online


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