Permethrin lähmt Zecken

Mit Funktionskleidung vor Zecken schützen

Stuttgart - 19.06.2018, 07:00 Uhr

Diese Beine sind ein
„gefundenes Fressen“ für Zecken (Foto: Dudarev Mikhail / stock.adobe.com)

Diese Beine sind ein „gefundenes Fressen“ für Zecken (Foto: Dudarev Mikhail / stock.adobe.com)


Ob manche Menschen für Zecken besonders attraktiv sind, weiß man nicht. Bei Aufenthalt in hohem Gras sollte deshalb jeder feste Schuhe, lange Hosen und lange Ärmel tragen. Allerdings ist jeder Schutz – ob Kleidung oder Repellentien – zeitlich begrenzt. So laufen die Zecken über die Kleidung, bis zu einer geeigneten Hautstelle. Repellentien auf der Haut entfalten ihre Wirkung nur über rund fünf Stunden. Permethrin-imprägnierte Kleidung könnte da zusätzlich helfen.

Spätestens seit die Zahl der Krätze-Fälle in Deutschland wieder steigt, ist der Wirkstoff Permethrin in Apotheken wohlbekannt. Denn bei der Behandlung der Skabies ist die topische Permethrin-Therapie die 1. Wahl. Außerdem ist Permethrin bei der Bekämpfung von Kopfläusen in manchen Präparaten aus der Apotheke enthalten. Eine Reihe von Experimenten, die von den amerikanischen Centers for Disease Control an Prevention (CDC) durchgeführt wurden, haben aktuell gezeigt, dass mit Permethrin imprägnierte Kleidung zudem einen guten Schutz vor Zecken bietet. Darüber berichtete die Entomological Society of America am 24. Mai 2018 in einer Pressemitteilung. Die Ergebnisse wurden im Journal of Medical Entomology veröffentlicht.

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Mit Permethrin imprägnierte Kleidungsstücke

In der topischen Anwendung gegen Läuse und Milben gilt Permethrin als gut verträgliches Arzneimittel. Auch das BfR (Bundesinstitut für Risikobewertung) hat sich im April letzten Jahres zum Thema geäußert: „Eine allergene Wirkung durch Langzeitexposition beim Tragen von mit Permethrin ausgerüsteten Textilien wird nach aktuellem Kenntnisstand als unwahrscheinlich eingeschätzt.“ Seit einiger Zeit befinden sich mit Permethrin imprägnierte Kleidungsstücke auf dem Markt, die unter anderem vor Zecken schützen sollen. Deren Effektivität war (bei Zecken) bislang aber unklar.

Permethrin lähmt die Zecken nach spätestens fünf Minuten

Bei den von den CDC durchgeführten Tests wurden auf mit Permethrin imprägnierte Kleidungsstücke eines US-Herstellers drei in den USA häufig vorkommende Zecken-Arten gesetzt: Ixodes scapularis, Amblyomma americanum und Dermacentor variabilis. Das Permethrin sollte nach kurzer Zeit die Beweglichkeit der Zecken hemmen. Alle drei Zeckenarten sprachen auf den Wirkstoff an, wobei Nymphen sich am schnellsten nicht mehr bewegen konnten. 

Zecken durchlaufen drei Entwicklungsstadien: Zunächst schlüpft eine Zeckenlarve (sechs Beine). Diese entwickelt sich zur achtbeinigen Nymphe und schließlich zur adulten Zecke. (Foto: lom123 / stock.adobe.com)

Bereits nach einer Minute konnten sich die Ixodes-scapularis-Nymphen zu 100 Prozent nicht mehr fortbewegen. 87 Prozent waren bei Amblyomma americanum nach einer Minute nicht mehr fortbewegungsfähig. Das lässt sich aber nicht auf alle Zecken übertragen: Bei erwachsenen (weiblichen) Zecken wirkte Permethrin langsamer. So waren nach einer Minute bei Ixodes scapularis lediglich 62 Prozent unbeweglich, bei Dermacentor variabilis 18 Prozent und bei Amblyomma americanum nur 2 Prozent. Nach spätestens fünf Minuten waren aber alle Zecken im Test in ihren Bewegungen gestört.

Ist der Körper also gänzlich von langer Kleidung bedeckt, erscheint es realistisch, dass Zecken fünf Minuten auf der Kleidung umherwandern, ehe sie eine passende Einstichstelle finden. 

Ein Permethrin-Spray aus der Apotheke

Permethrin-imprägnierte Socken alleine reichen wahrscheinlich nicht aus. Wer mit seinen Beinen an Grashalmen entlangstreift oder sich in Wald und Wiese bückt, der sollte auch Hose und T-Shirt imprägnieren. Inwieweit sich die Ergebnisse auch auf deutsche oder europäische Zecken übertragen lassen bleibt unklar. Zudem wurde nicht getestet, wie sich Waschgänge auf die industriell imprägnierten Kleidungsstücke auswirken. Für ein Halstuch der Marke Buff wird die „Lebenszeit“ des Produktes vom Hersteller beispielsweise mit 70 Waschgängen angegeben. Auch wer seine Kleidung direkt vor einer Wanderung im Grünen mit Permethrin einsprüht, sollte immer zusätzlich seine Haut auf Zecken untersuchen.

Ob man bereits imprägnierte Kleidung kauft, seine eigene Kleidung zur Imprägnierung einschickt oder man selbst seine Kleidung mit einem Permethrin-Spray aus der Apotheke besprüht, bleibt jedem selbst überlassen. Die CDC empfiehlt Stiefel, Hosen, Socken und auch Zelte mit Zubereitungen einzusprühen, die 0,5 Prozent Permethrin enthalten, und macht darauf aufmerksam, dass die Schutzwirkung mehrere Waschgänge überstehe.

Das European Centre for Disease Prevention and Control (ecdc) rät sowohl zur Anwendung von Repellentien auf der Haut und zu langer Kleidung, als auch zum Einsatz von mit Permethrin-behandelten Socken und Hosenbeinen. Wie lange und unter welchen Bedingungen der Schutz Permethrin-imprägnierter Kleidung aber tatsächlich erhalten bleibt, muss noch weiter untersucht werden.

Auch das RKI empfiehlt, Repellentien auch auf die Kleidung aufzutragen, sofern diese dafür geeignet sind (keine Fleckenbildung). Ein Absuchen des Klörpers ersätzt diese Maßnahme aber nicht. Helle Kleidung erleichtert es, Zecken rechtzeitig zu entdecken.

In der Lauer-Taxe findet sich lediglich ein Permethrin-Präparat der Marke Nobite®, das für Kleidung konzipiert wurde. Außerdem kann Anti Brumm® Zecken Stopp laut Herstellerangaben auch auf Textilien aufgetragen werden, enthält aber die Wirkstoffe Icaridin (15%) und Citriodiol® (7,8%), die den Geruchssinn der Zecken stören sollen. Das Spray soll bis zu acht Stunden vor Zecken schützen. Jedoch wird geraten, die Anwendung bis zu dreimal täglich zu wiederholen – besonders bei starkem Schwitzen oder nach dem Baden.

Der Internetauftritt von Nobite® verspricht dagegen bei Anwendung auf der Kleidung gegen Zecken eine Wirkung über zwei Wochen. Nach dem Waschen (oder nach einem Monat) sollen die Kleider aber neu imprägniert werden. Imprägniert wird die Kleidung – nur von außen – im Freien oder in einem gut durchlüfteten Raum mit einem Abstand von 40 cm. Danach muss sie mindestens zwei Stunden trocknen. Auch bei Kindern, die nicht mehr an der Kleidung nuckeln (ab dem 3. Lebensjahr) kann Nobite® Kleidung laut Hersteller eingesetzt werden. 200 ml Nobite® Kleidung sollen für neun Kleidungsstücke ausreichen – mit 40 Hüben pro Stück. Die Permethrin-Konzentration wird mit 2 Prozent angeben. Zusätzlich sind 0,5 Prozent Piperonylbutoxid (PBO, verstärkt die insektizide Wirkung von Pyrethrinen) enthalten.

Übrigens: Nobite® Kleidung soll auch gegen Wespen und Hornissen wirksam sein. Es ist außerdem giftig für Wasserorganismen und Katzen! Bei Hunden kommt es auch als Repellenz zum Einsatz (Exspot®). Auch gut zu wissen: Die United States Environmental Protection Agency (EPA) bietet einen Online-Test an, mit dessen Hilfe man das „Repellent that is right for you“ findet. 



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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