Tipps von der Rezepturexpertin

Octenidin-Zubereitungen: So klappt's mit dem Ringversuch

Stuttgart - 19.06.2018, 11:10 Uhr

Im NRF finden Apotheken einen Vorschlag für eine Stammlösung. (Foto: Gerhard Seybert / stock.adobe.com)                   

Im NRF finden Apotheken einen Vorschlag für eine Stammlösung. (Foto: Gerhard Seybert / stock.adobe.com)                   


Seit April läuft der Untersuchungszeitraum des zweiten ZL-Ringversuches. Geprüft wird eine halbfeste Zubereitung mit Octenidinhydrochlorid. Welche Grundlagen sind mit diesem Wirkstoff verträglich und wie muss diese Substanz verarbeitet werden? PTAheute Rezepturexpertin Dr. Annina Bergner hat die wichtigsten Tipps und Hinweise zusammengestellt.

Um die Versorgungsqualität in den Apotheken hoch zu halten, sieht die Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) im Rahmen des Qualitätsmanagements neben der Selbstinspektion auch eine regelmäßige Teilnahme an Maßnahmen zur externen Qualitätsüberprüfung vor. Zu solchen externen Qualitätsüberprüfungen zählen auch die Ringversuche des ZL, die zweimal jährlich ausgeschrieben werden und an denen sich die Apotheker dann freiwillig beteiligen können. In Bayern ist das nun sogar Pflicht. Aktuell besteht die Anforderung darin, eine halbfeste Zubereitung mit Octenidinhydrochlorid herzustellen. Was gilt es zu beachten? 

Bei dem Feststoff Octenidindihydrochlorid handelt es sich um ein weißes Pulver, das als Rezepturgrundstoff erhältlich ist und in Zubereitungen als Haut-, Wund- und Schleimhautantiseptikum eingesetzt wird. Gerade zur topischen Anwendung wird es immer häufiger als Ersatz von Triclosan und Erythromycin gegen Staphylokokken verordnet.

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Mit Anionen inkompatibel

Aufgrund seiner kationischen Struktur ist der Arzneistoff unverträglich mit anionischen Wirk- oder Hilfsstoffen, darunter Emulgatoren, Gelbildner und Konservierungsstoffe. Octenidindihydrochlorid sollte daher unter anderem nicht mit folgenden offizinellen anionischen Dermatikagrundlagen verarbeitet werden:

  • Anionische hydrophile Creme DAB
  • Anionische hydrophile Creme SR DAC
  • Wasserhaltiges Liniment SR DAC
  • Carbomergel pH 5 / pH 6 (NRF S. 43.)
  • Wasserhaltiges Carbomergel DAB
  • Carmellose-Natrium-Gel DAB

Allerdings können auch nichtionische Grundlagen, die mit Sorbinsäure oder Sorbinsäure/Kaliumsorbat konserviert sind, zu Inkompatibilitäten führen. Denn konzentrationsabhängig kann es auch hier zur Bildung schwerlöslicher Salze kommen. Aus diesem Grund kann Octenidindihydrochlorid beispielsweise nicht mit Nichtionischer hydrophiler Creme SR DAC (NRF S.26.) oder mit Nichtionischem wasserhaltigem Liniment DAC (NRF S.39.) verarbeitet werden. Beide hydrophilen Grundlagen sind, sofern sie vorgefertigt bezogen werden, standardmäßig mit Kaliumsorbat konserviert.

Welche Grundlagen eignen sich?

Soll der Wirkstoff in eine O/W-Creme eingearbeitet werden, so ist als Dermatikagrundlage Basiscreme DAC gut geeignet. Diese nichtionische, hydrophile Grundlage enthält keine eigentlichen Konservierungsstoffe, sondern ist durch einen 20%igen Propylenglycolanteil bezogen auf die Wasserphase ausreichend vor mikrobiellem Verderb geschützt. Basiscreme DAC kann mit Wasser oder einer Mischung aus Propylenglycol und Wasser zu einer hydrophilen Emulsion verdünnt und dann ebenfalls mit Octenidindihydrochlorid verarbeitet werden. Weiterhin kann Nichtionische hydrophile Creme SR DAC oder auch das Nichtionische wasserhaltige Liniment DAC (NRF S.39.) ohne das mit Octenidindihydrochlorid unverträgliche Kaliumsorbat in der Apotheke selbst hergestellt werden. Eine Verarbeitung mit dem Lokalantiseptikum ist dann problemlos möglich, zu beachten ist dann lediglich die stark verkürzte Aufbrauchsfrist von 1 Woche.

Achtung Grenzflächenaktivität!

Octenidindihydrochlorid gehört zu den grenzflächenaktiven Arzneistoffen, wässrige Lösungen zeigen daher Schaumbildung. Bei der Verarbeitung des kationischen Wirkstoffes mit Basiscreme DAC führt diese Eigenschaft dazu, dass Zubereitungen von weicherer Konsistenz entstehen. Außerdem wird in Anwesenheit des Octenidindihydrochlorid die Fließgrenze, also die Umwandlung der halbfesten Creme zur Emulsion beim Verdünnen mit Wasser, deutlich eher erreicht. Grundsätzlich lässt sich der Arzneistoff ohnehin eher schlecht in Basiscreme DAC einarbeiten. Der Wirkstoff liegt in hydrophilen Grundlagen üblicherweise gelöst vor, allerdings bleiben mit bloßem Auge erkennbare Klümpchen lange bestehen. Aus diesem Grund muss Octenidindihydrochlorid vor dem Einarbeiten in die Grundlage zunächst unter Erwärmen in einer Mischung aus Propylenglycol und Wasser gelöst werden.

Stammlösung zur Arzneimittelherstellung

Aufgrund der langsamen Wasserlöslichkeit des Octenidindihydrochlorid bietet sich auch die Verwendung eines flüssigen Rezepturkonzentrates an. Im NRF ist dazu unter der Vorschrift S.50. ein Vorschlag zur Herstellung einer 2-prozentigen Stammlösung zu finden. Zur Zubereitung des Konzentrates wird dazu der Wirkstoff in Glycerol 85 Prozent unter Erwärmen gelöst, eventuelle Verdunstungsverluste werden mit Gereinigtem Wasser ergänzt. Nach Abfüllen der Lösung in eine Braunglasflasche beträgt die Verwendbarkeitsfrist der Stammlösung 2 Jahre.

Rezepturvorschlag

Eine praktikable Rezeptur zur Herstellung einer Creme könnte beispielsweise folgendermaßen aussehen:

Hydrophile Octenidindihydrochlorid-Creme 0,1 %

  • Octenidindihydrochlorid-Stammlösung 2 % (NRF S.50.) 5,0 g
  • Basiscreme DAC zu 100,0 g
  • Kombination mit Glucocorticoiden


Dr. Annina Bergner, Apothekerin, Autorin PTAheute.de
redaktion@daz.online


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