Generika-Rabattverträge

AOK: Meldepflicht für Apotheker statt Mehrfach-Verträge

Berlin - 19.06.2018, 15:30 Uhr

Die AOK Baden-Württemberg und der AOK-Bundesverband protestieren vor der Gesundheitsministerkonferenz gegen einen Antrag zur Abschaffung der Exklusiv-Rabattverträge. (Foto: Imago)

Die AOK Baden-Württemberg und der AOK-Bundesverband protestieren vor der Gesundheitsministerkonferenz gegen einen Antrag zur Abschaffung der Exklusiv-Rabattverträge. (Foto: Imago)


Kurz vor Beginn der Gesundheitsministerkonferenz in Düsseldorf am morgigen Mittwoch nimmt die Diskussion rund um die Arzneimittel-Rabattverträge an Fahrt auf. Erstmals hat sich mit Tino Sorge am gestrigen Montag ein namhafter Gesundheitspolitiker aus den Regierungsfraktionen klar hinter die Forderung gestellt, Rabattverträge nur noch mehrfach zu vergeben. Der AOK-Bundesverband und die AOK Baden-Württemberg halten sofort dagegen: Mehrfach-Verträge würden nur den Profitinteressen der Pharmaindustrie helfen.

Am morgigen Mittwoch treffen sich in Düsseldorf die Gesundheitsminister der Bundesländer zur diesjährigen Ausgabe der Gesundheitsministerkonferenz. Die Tagesordnung der Landesminister enthält auch für die Apotheker einige wichtige Punkte. Unter anderem geht es um die Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit: Konkret liegt den Ministern ein Antrag vor, nach dem es in Kliniken in ganz Deutschland flächendeckend Stationsapotheker geben soll.

Doch insbesondere ein Antrag der Bundesländer Hessen und Saarland hat die Gemüter in der Arzneimittelpolitik in den vergangenen Wochen erhitzt: In dem Papier fordern die Länder, dass das Bundesgesundheitsministerium ein Verbot von Exklusiv-Ausschreibungen im Generikabereich prüfen soll. Zur Begründung verweisen die Länder auf einen zunehmenden „Preis- und Rabattdruck“ im System. Erst am gestrigen Montag hatte sich der CDU-Gesundheitspolitiker Tino Sorge überraschend hinter diese Forderung gestellt. Sorge erklärte: „Verträge mit nur einem Hersteller werden auch auf Landesebene immer stärker zum Ärgernis, weil Kassen für marginale Einsparungen leichtfertig Ausfallrisiken eingehen.“

AOK im Clinch mit Generika-Industrie

Dem AOK-Bundesverband und der AOK Baden-Württemberg, die stellvertretend für das gesamte AOK-System die Rabattverträge aushandelt, schmeckt das überhaupt nicht. Beide Institutionen hatten in den vergangenen Wochen schon einen Zweikampf mit dem Generika-Verband Pro Generika ausgetragen, bei dem es um genau dieses Thema ging. Dabei präsentierte der AOK-Bundesverband Zahlen des Wissenschaftlichen Institutes der AOK (WIdO), nach denen die Exklusiv-Verträge sogar zu weniger Medikamentenwechseln und somit zu mehr Therapiesicherheit führen würden. Und auch der Vorwurf von Pro Generika, dass die exklusiven Ausschreibungen die Anbietervielfalt im Markt gefährdeten, wies die AOK von sich.

Am heutigen Dienstag haben der Bundesverband und die AOK Baden-Württemberg erneut eine Mitteilung herausgegeben, in der sie für das Überleben der Exklusiv-Verträge kämpfen. AOK-BW-Chef Dr. Christopher Hermann, der mit seiner AOK vor etwa elf Jahren die ersten Rabattverträge „scharf“ schaltete, erklärt: „Die zwanghafte Mehrfachvergabe von Arzneimittelrabattverträgen nutzt weniger den Patienten als vielmehr den Interessen der großen Pharmakonzerne und die ignorieren nur allzu gerne entscheidende Fakten.“ Hermann verweist nochmals auf die WIdO-Zahlen zu den Medikamentenwechseln: Demnach habe sich der Anteil der Patienten, die ihr jeweiliges Arzneimittel über einen langen Zeitraum immer vom gleichen Anbieter beziehen, von 74 Prozent (2006) auf 85 Prozent (2016) erhöht.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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3 Kommentare

Er kapierts wohl nicht ! oder will es nicht

von Ratatosk am 19.06.2018 um 19:36 Uhr

Man braucht die benötigten Mengen und keine Meldepflichten, da diese keine Dinge aus dem Hut zaubern. Pflichten für andere , nee is klar !
Eigentlich sind die Kassen ja verpflichtet nur Verträge mit lieferfähigen Firmen einzugehen, aber Kassen dürfen eben alles, Kontrolle dort Fehlanzeige. Der billigst hat eben keinen Vorrat, sonst wäre er nicht der billigste. Das passiert eben wenn Kickbacks über Versorgungsicherheit gestellt werden. 2 undabhängige Anbieter sind natürlich sicherer, da ja immer etwas schiefgehen kann. Wie dumm kann man sich eigentlich stellen um solche Binsenweisheiten zu leugnen.
Gnade uns Gott wenn in Indien mal eine Katastrophe ( Wetter, Erdbeben, Krieg etc. ) kommt, dann gehen hier die Lichter sowieso aus, aber die GKV hat ihr Schäfchen im Trockenen.

» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten

AW: Er kapierts wohl nicht ! oder will es

von Karl Friedrich Müller am 20.06.2018 um 11:57 Uhr

seh es auch so.
Im Gesundheitswesen gibt es 2 Seiten:
Die Leistungsanbieter: Apotheken, Ärzte, Pfleger, Physiotherapeuten usw. Eben alle, die dort arbeiten (müssen)
und die
Leistungsverweigerer: Die Krankenkassen, GKV und alle, die damit zusammen hängen. Da werden die Anbieter gerne mal betrogen, um die Leistung geprellt, der Patient um seine Leistungen gebracht, die ihm eigentlich zu stehen, den Herstellern und Apotheken Rabatte ohne Ende aus dem Kreuz geleiert. Hauptsache, die KK SPART! und häuft weitere (lächerliche) Milliarden an - wozu eigentlich?
Die KK sind Versicherer geworden, im schlechten Sinn. (=Leistungen vorenthalten, wo es geht, notfalls prozessieren, bis dem Gegner die Luft aus geht) Keine Versorger mehr,

Wird es nicht Zeit, dass die KK zu ihren eigentlichen Aufgaben GEZWUNGEN werden?

AW: Er kopiert wohl nur (die Zahlen die gerade passen)! oder die Verweigerer vor dem Herrn

von Bernd Jas am 20.06.2018 um 13:20 Uhr

Lieber Herr Müller,
Unter den Leistungsverweigerern haben Sie die Agentur für Bareinnahmen, Denkpausen und Ausschweigen vergessen.

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