„Datenklau“-Prozess

Schwarze Kassen bei der ABDA?

Berlin - 18.06.2018, 15:45 Uhr

Der frühere ABDA-Pressesprecher Thomas Bellartz muss sich seit Januar vor dem Berliner Landgericht verantworten. (Foto: Külker)

Der frühere ABDA-Pressesprecher Thomas Bellartz muss sich seit Januar vor dem Berliner Landgericht verantworten. (Foto: Külker)


Bellartz-Anwalt: „Jargon aus Stasi-Zeiten“

Weiterhin zitierte Wegner losgelöst aus größeren Zusammenhängen aus E-Mails von LKA-Beamten, die über den Rechner des leitenden Ermittlers gingen und von diesem nachgereicht wurden. So habe es Mails gegeben, in denen sich die Polizei beklagte, „beim BMG tut sich zu wenig“ oder die Verhandlungen mit dem BMG verliefen „zäh“. Der leitende Ermittler hatte allerdings schon in seiner Zeugenaussage vor Gericht eingeräumt, dass es in der Zusammenarbeit zwischen BMG und Polizei bei den Ermittlungen durchaus hakte.

Wegner las zudem aus einem Mailverkehr vor, in dem es darum ging, dass die Staatsanwaltschaft zunächst keine Fangschaltung erlauben wollte. Der Grund: Der Hinweisgeber sei weder Beschuldigter noch sonst Beteiligter. Zur Erinnerung: Den zunächst anonymen Hinweis gab der neue Mann der Ex-Frau von Christoph H. Es kam seitens der Polizei offenbar die Idee auf, dass auch der Informant ein Straftäter sein könnte, weil er möglicherweise eine Straftat vorgetäuscht habe. Dies zeige, so Wegner, dass wohl selbst das LKA eine Falschaussage dieses Zeugen vermutete. Wie es in der Sache weiterging, blieb in Wegners Erklärung offen. Ab Oktober 2012 wurden die Datenströme aus dem BMG jedenfalls für die Ermittler protokolliert.

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Der Anwalt führte zudem weitere Zitate aus den Polizei-Mails an, die klar dem „Jargon aus Stasi-Zeiten“ zuzuordnen seien – „dagegen ist investigativer Journalismus eher ein Kindergeburtstag“, so Wegner. Es sei ein „Skandal“, was alles unter den Augen der Staatsanwaltschaft geschehen sei. Wegner zitierte überdies Mails, in denen von „fehlenden Belastungsbeweisen“, „unzureichenden Anhaltspunkten für eine Durchsuchung“ und Umständen, die „nicht gut für den Tatbestand“ die Rede ist. „Was soll das bedeuten?“, fragte Wegner.

Auch aus einem Mailverkehr des leitenden Ermittlers mit Phagro-Geschäfsführerin Bernadette Sickendiek las der Anwalt vor. Der Polizist habe Sickendieks Kontaktdaten an den Verfassungsschutz weitergeleitet und sie darüber unterrichtet. Daraufhin habe die Phagro-Geschäftsführerin geschrieben, das Angebot eines Gesprächs mit einem Herrn vom Verfassungsschutz sei „auch bei den Mitarbeitern“ des Phagro auf großes Interesse gestoßen. Bellartz' Anwalt Wegner dazu: „Was ist der Phagro für eine Organisation?“.

Aus den Mails sei auch abzulesen, dass es einen weiteren Ermittlungskomplex gegeben hat, der von einer anderen Staatsanwältin geführt wurde. Dabei handelte es sich offenbar um den gegen „Unbekannt“ wegen möglicher Untreue bei der ABDA. Doch von diesem habe die Verteidigung erst heute erfahren. Die Zeugen aus der ABDA, die im Prozess gegen Bellartz und H. vernommen wurden, hätten auf dieses Verfahren hingewiesen werden müssen, so Wegner.



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1 Kommentar

Datendiebstahl

von Angela Bleibtreu am 20.06.2018 um 11:35 Uhr

„Es ist unfassbar, wie Herr Bellartz immer noch versucht, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Dafür greift er finanziell tief in die Tasche und leistet sich einen teuren Anwalt. Ich wünsche mir, dass der Rechtsstaat hier die passende Antwort findet.“

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