„Datenklau“-Prozess

Schwarze Kassen bei der ABDA?

Berlin - 18.06.2018, 15:45 Uhr

Der frühere ABDA-Pressesprecher Thomas Bellartz muss sich seit Januar vor dem Berliner Landgericht verantworten. (Foto: Külker)

Der frühere ABDA-Pressesprecher Thomas Bellartz muss sich seit Januar vor dem Berliner Landgericht verantworten. (Foto: Külker)


Im Strafverfahren gegen Apotheke Adhoc-Herausgeber Thomas Bellartz und den IT-Spezialisten Christoph H. tauchen immer mehr Unterlagen und Aktenordner auf, die die Verfahrensbeteiligten zuvor nicht kannten. So kam am heutigen Prozesstag erstmals zur Sprache, dass es auch ein Ermittlungsverfahren wegen des „Führens schwarzer Kassen bei der ABDA“ gab. Das Verfahren gegen „Unbekannt“ wurde allerdings eingestellt.

Am heutigen Montag stand der 19. Verhandlungstag im Strafprozess gegen Thomas Bellartz und den Systemadministrator Christoph H. vor dem Landgericht Berlin an. Sie sind gemeinsam angeklagt, Daten aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) ausgespäht zu haben. Und heute war es der sonst eher schweigsame Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft, der als erster das Wort ergriff. Er berichtete, vier weitere Leitz-Ordner von der Polizei erhalten zu haben – es geht dabei um die Ausdrucke von E-Mails, die der leitende Ermittler im Verfahren zunächst als CD nachgereicht hatte. Zudem habe er heute früh weitere Unterlagen und mehrere Aktenbände aufgefunden. Darunter solche aus einem Ermittlungsverfahren gegen „Unbekannt“. Wie der Staatsanwalt erklärte, ging es bei diesen Ermittlungen um das „Führen schwarzer Kassen bei der ABDA“. Er habe diese Akten angefordert, um zu prüfen, ob sie für den aktuellen Prozess relevante Informationen enthalten.

Offenbar hatte man wegen des Verdachts der Untreue bei der ABDA ermittelt. Das Verfahren wurde allerdings eingestellt, auch eine Durchsuchung bei der ABDA gab es nicht. Über diese Ermittlungen war im Prozess gegen Bellartz und H. bisher aber noch kein Wort zu hören gewesen. Auch der frühere ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf und ABDA-Hauptgeschäftsführer Sebastian Schmitz hatten in ihren Zeugenaussagen solche Ermittlungen nicht erwähnt.

Bellartz´ Anwalt kann nicht schweigen

Bellartz´ Strafverteidiger Carsten Wegner zeigte sich sichtlich empört. Eigentlich habe er mal einen Tag lang still sein wollen, sagte er. Doch das könne er angesichts dieser Umstände nicht. Tatsächlich hatte Wegner auch einen umfangreichen Schriftsatz vorbereitet, den er verlas. Er kritisierte abermals den „unbefriedigenden Umgang“ der Ermittlungsbehörden mit den Akten. Das Landeskriminalamt (LKA) liefere nach wie vor nicht alles, was man von ihm angefordert habe. Die Hauptverhandlung verliere so ihre Legitimation, sagte der Rechtsanwalt. Auch für das Gericht hat er nicht mehr viel Verständnis: Warum hole es sich nicht, was es braucht?

Sodann zählte Wegner verschiedene Punkte auf, die die aus seiner Sicht fragwürdigen Ermittlungen belegen und zeigen sollten, dass sein Mandant in seiner Eigenschaft als Journalist anders behandelt werde als andere Journalisten, die unbeanstandet Informationen „durchgestochen“ bekämen. So sprach er einen Bericht der Berliner Zeitung aus dem April 2011 an, in dem es um ein Eckpunkte-Papier zur Apothekenbetriebsordnung ging. Mutmaßlich habe der damalige Pressesprecher des BMG, Christian Lipicki, diese Informationen an den Journalisten durchgereicht. Für Wegner ist das naheliegend: Schließlich war Lipicki Redakteur der Berliner Zeitung bevor er ins BMG wechselte.



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1 Kommentar

Datendiebstahl

von Angela Bleibtreu am 20.06.2018 um 11:35 Uhr

„Es ist unfassbar, wie Herr Bellartz immer noch versucht, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Dafür greift er finanziell tief in die Tasche und leistet sich einen teuren Anwalt. Ich wünsche mir, dass der Rechtsstaat hier die passende Antwort findet.“

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