Apothekenmarkt in Russland

Die größten Trends im Gastgeberland der Fußball-WM

Remagen - 18.06.2018, 09:15 Uhr

Branchenkenner befürchten, dass die Zahl der Apotheken sinken könnte, wenn OTC im normalen Einzelhandel abgegeben werden dürfen. (Foto: Imago)

Branchenkenner befürchten, dass die Zahl der Apotheken sinken könnte, wenn OTC im normalen Einzelhandel abgegeben werden dürfen. (Foto: Imago)


OTC-Arzneimittel bald auch im Supermarkt? 

Neben der Konsolidierung und Vereinheitlichung des Marktes droht aber noch ein sehr viel grundlegenderer Einschnitt. Im letzten Jahr wurde eine Gesetzesinitiative diskutiert, mit der der Verkauf von nicht rezeptpflichtigen Medikamenten außerhalb der Apotheken legalisiert werden soll. Nach Erhalt einer Lizenz für pharmazeutische Tätigkeiten würde der normale Einzelhandel dann OTC-Arzneimittel verkaufen dürfen. Mit dem Gesetz des Industrieministeriums soll der Wettbewerb gestärkt werden, um letztendlich die Arzneimittelpreise zu drücken. Die Zahl der Apotheken in Russland könnte dadurch deutlich schrumpfen, so die Befürchtung von Branchenkennern. Die zweitgrößte Apothekenkette des Landes Rigla müsse hiernach fast die Hälfte seiner Filialen schließen, weil sich diese in der Nähe von Einzelhändlern befänden, soll der Chef des Unternehmens erklärt haben. Widerstand gegen das Vorhaben käme auch von Apothekern und vom Gesundheitsministerium. Beide meldeten Sicherheitsbedenken an. 

Supermarktketten auf dem Vormarsch

Der Lebensmitteleinzelhandel hat aber ohnehin schon andere Wege gefunden, um den Fuß in den Apothekenmarkt zu bekommen. Ein Beispiel hierfür ist die russische Einzelhandelsgruppe „X5 Retail Group“. Sie verfügt nach Schilderung der DSM-Marktforscher bereits über reiche Erfahrung in der Zusammenarbeit mit Apothekenketten, und zwar mit dem Shop-in-Shop-Format in seinen Supermärkten. Im Jahr 2016 hat die X5 Retail Group eine Vereinbarung mit dem Distributor „SIA International" geschlossen. Hiernach sollen bis Ende 2020 3300 Filialen der Apothekenketten „A-Mega" und „Da Zdorov" in den Märkten errichtet werden sollen. Ähnliche Partnerschaftsabkommen sollen auch die Handelsketten „Azbuka Vkusa“ und „Magnit" geschlossen haben.   

Versandhandel mit OTC-Arzneimitteln zwar noch ausgebremst, aber…

Seit 2015 wird in Russland außerdem die Legalisierung des Versandhandels diskutiert. Mittlerweile hat die Regierung das Gesetz zur Erlaubnis des Online-Handels mit OTC-Arzneimitteln über Apotheken angenommen. Ursprünglich sollte es zu Beginn 2018 in Kraft gesetzt werden, was aber auf 2019 verschoben wurde.

Ungeachtet dessen bereiten sich die Apothekenketten tatkräftig auf den Online-Verkauf von Medikamenten vor. Viele von ihnen haben bereits eigene Websites mit einem Buchungssystem entwickelt, über das die Verbraucher die Arzneimittel schon jetzt online bestellen können. Die Besteller müssen die Präparate dann in der Apotheke abholen, die sie sich ausgesucht haben. 

Auch Branchenfremde wittern hier große Geschäfte. So haben „Ulmart“, einer der größten russischen Online-Händler und die „Erkapharm“-Unternehmensgruppe ein Abkommen über Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Online-Verkaufs geschlossen. Danach werden in einer speziellen Sektion auf der Website von „Ulmart“ mehr als 10000 Arzneimittel angeboten. Die Käufer bezahlen und erhalten den Kauf in jeder Apotheke der zur Erkapharm-Gruppe gehörende „Ozerki“-Kette, wo spezielle Pickup-Fenster entstehen sollen. Ähnliche Modelle entwickeln auch andere Anbieter, wie die „Apothekenkette 36,6“ mit dem online-Shop „Ozon.ru“.  



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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