Kommentar zum EU-Versandhandel

Schwieriges Heimspiel

Stuttgart - 15.06.2018, 09:00 Uhr

Im Arzneimittel-Versandhandelskonflikt droht Deutschland gegenüber den Niederlanden ein gefährlicher Rückstand, kommentiert DAZ-Chefredakteur Armin Edalat.

Im Arzneimittel-Versandhandelskonflikt droht Deutschland gegenüber den Niederlanden ein gefährlicher Rückstand, kommentiert DAZ-Chefredakteur Armin Edalat.


Feuerlöscher Rx-Versandverbot

Ein Versandverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel würde in Folge des EuGH-Urteils dafür sorgen, dass im deutschen Gesundheitssystem nach wie vor die Arzneimittelpreisbindung gilt. Feste Arzneimittelpreise sollen Patienten, Leistungserbringer und Kostenträger gleichermaßen vor willkürlicher oder marktdynamischer Preisgestaltung schützen.

Mit dem Rx-Versandverbot könnte der Gesetzgeber wenigstens einen der Spieße zwischen Versendern und Apotheken wieder gleichlang machen. Das Verbot wäre also ein juristischer Feuerlöscher bevor der Funke zum Flächenbrand wird. Denn auch viele weitere Aspekte bleiben im Hinblick auf die Arzneimittelversender ungeklärt: Außerhalb des Geltungsbereiches deutscher Gesetze dürfen Arzneimittel zu ganz anderen Konditionen eingekauft werden. Darüber hinaus fallen keine Gemeinwohlpflichten an und die ausländischen Behörden überwachen die Betriebe offenbar weniger streng. Prof. Harald Schweim zeigt in seinem aktuellen DAZ-Artikel auf, dass der niederländische Gesetzgeber die Aufsicht über die Versender mittlerweile in die Verantwortung desjenigen EU-Staates gelegt hat, in den die Waren verschickt werden.

Behörden in Deutschland müssten demnach DocMorris und Co. bescheinigen, dass sie den Anforderungen des Arzneimittel- und Apothekenrechts entsprechen und Patienten hierzulande beliefern dürfen. Liegt der Ball nun etwa in der eigenen Hälfte?

Nach der Abwehr folgt der Konter

Was deutschen Politikern und Apothekern klar sein muss: Ein Allheilmittel mit Ewigkeitsgarantie ist das Rx-Versandverbot nicht. Umso wichtiger ist es, dass im Berufsstand die Bereitschaft besteht, auf grundlegende Veränderung nicht nur zu reagieren, sondern sie aktiv mitzugestalten.

Die Äußerungen der Standesvertretung in den letzten Wochen lassen jedoch Zweifel aufkommen. Als Mitte Mai der Deutsche Ärztetag mehrheitlich beschloss, die Musterberufsordnung der Mediziner dahingehend zu ändern, dass Ärzte ihre Patienten künftig auch fernbehandeln dürfen, erklärte BAK-Präsident Dr. Andreas Kiefer, dass diese Entscheidung keinerlei Auswirkungen auf die Apotheker haben werde. Doch der Vorstand der Bundesärztekammer prüft derzeit tatsächlich, inwiefern Online-Rezepte eingesetzt werden sollen. Und im Gesundheitsministerium tagen derweil die Akteure im Gesundheitswesen, um über die Zukunft der Telemedizin zu sprechen – ohne einen Vertreter aus der Apothekerschaft.

Ein niederländischer Sturm aus Politikern und Unternehmern nähert sich dem deutschen Strafraum. Die monatelange Defensivtaktik beim Versandhandelskonflikt muss endlich vorbei sein und die Zukunft der Arzneimittelversorgung in Deutschland auf ein solides Fundament gestellt werden.



Dr. Armin Edalat, Apotheker, Chefredakteur DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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3 Kommentare

Im Grund

von Karl Friedrich Müller am 15.06.2018 um 15:35 Uhr

verstehe ich nichts mehr. Ich hab mir das Gutachten von Herrn Schweim nun mehrmals durchgelesen:

- Ein Rx Versand Verbot wäre gar nicht notwendig, wenn die Gesetze eingehalten und durchgesetzt würden. Offensichtlich hat niemand Interesse daran. WO LEBEN WIR DENN?
-Unsere ABDA ist noch unfähiger und inkompetenter als gedacht. ABSICHT? Kann man da klagen? Untätigkeitsklage? Schadensersatz? Warum nimmt man sich, bzw hat man nicht SCHON LÄNGST kompetente HILFE angeworben, statt das Geld für sinnlose und fruchtlose IMAGEKAMPAGNEN auszugeben? Warum beschäftigt man uns dagegen mit immer mehr sinnlosen bürokratischen Quark?
- Schon die Anfänge unter Ulla Schmidt stinken nach Korruption! Inzwischen ist der Gestank nicht mehr auszuhalten, insbesondere, was SPD und MERKEL angeht. Wie tief steckt die ABDA in dem Sumpf?
- es ging NIE um Einsparungen. Es ging immer nur darum, geldgeile Konzerne zu installieren und dafür nimmt man die Zerschlagung der deutschen Apotheken in Kauf, bzw fördert das sogar.
- Alle Pläne zur Rettung nutzen nichts, wenn nicht das Versandverbot kommt und/oder geltendes Recht angewendet wird. ENDLICH!
- Meine Güte: Die niederländischen Versender dürften gar nicht liefern - und machen es doch! Deutsche Behörden werden darauf hingewiesen und machen NICHTS! Umgehungsgeschäfte!!
-ein deutscher Apotheker bekommt wegen jedem Stirnrunzeln die Apotheke geschlossen!!! UND HIER WIRD UNRECHT GEDULDET; WEIL ES DEM KAPITAL DIENT

Gehts denn noch???
NOCHMAL: WO LEBEN WIR DENN????

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AW: Im Grund

von Karl Friedrich Müller am 15.06.2018 um 16:22 Uhr

PS:
und wenn ich dann noch unsere "Volksvertreter" von rechtlichen Bedenken schwafeln höre, bekomme ich Zustände.
Bei den angesprochenen Rechtsverstößen hat man keine Bedenken, wenn es aber keine Rechtsprobleme gibt, erfindet man welche.
fassungslos, einfach nur fassungslos über die kaltschnäuzige Unverschämtheit unserer Politiker und Vertreter. Die lassen uns über die Klinge springen, einfach so, weil sie es können!

Das große Schweigen

von Ulrich Ströh am 15.06.2018 um 9:53 Uhr

Stimmt :Ohne Stürmer kann man kein Fußballballspiel gewinnen, insbesondere wenn man nicht wahrnehmbar auf dem Fußballballplatz ist.

Sich nur mit dem Schiedsrichter zum Schweigen zu verabreden ,bringt keine Siegprämie !

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