TGL-Vorsitzende Heidrun Hoch

„Warum liefert die ABDA nicht?“

Stuttgart - 13.06.2018, 07:00 Uhr

Die Vorsitzende der Tarifgemeinschaft der
Apothekenleiter Nordrhein (TGL), Dr. Heidrun Hoch, beschwert sich über die Passivität der ABDA. (Foto: privat)

Die Vorsitzende der Tarifgemeinschaft der Apothekenleiter Nordrhein (TGL), Dr. Heidrun Hoch, beschwert sich über die Passivität der ABDA. (Foto: privat)


„Wer sich dem Dialog entzieht, hat die Prinzipien politischer Auseinandersetzung nicht verstanden“ – mit deutlichen Worten meldet sich die Vorsitzende der Tarifgemeinschaft der Apothekenleiter Nordrhein (TGL), Dr. Heidrun Hoch, zu Wort und macht auf das nach ihrer Ansicht passive Verhalten der Standesvertretung ABDA aufmerksam. Zahlreiche politische Unwägbarkeiten belasten die Apothekerinnen und Apotheker an der Basis, aber die ABDA entziehe sich jedem Dialog, so Hoch.

In Nordrhein hat sich die TGL nicht nur als Institution für arbeitsrechtliche Fragen etabliert, ihr obliegt vor allem auch die Tarifhoheit für die Arbeitgeber im gesamten Kammergebiet. Für die Vorsitzende der TGL liegt es daher in der Natur der Sache, dass sich die Tarifgemeinschaft, wo immer möglich, auch für eine stabile wirtschaftliche Basis in den öffentlichen Apotheken einsetzt, damit ein gewisser Spielraum für Tarifverhandlungen und damit für faire Gehälter erhalten bleibt. 

„In Diskussionen werden wir immer wieder nach dem Standpunkt unserer Dachorganisation gefragt, auch welche Ziele sie hat und wie sie diese verfolgt“, so Hoch, „aber alles, was von den berufspolitischen Verantwortungsträgern der ABDA während des sich immer weiter entwickelnden Flächenbrandes, der unser bestehendes Apothekensystem zu vernichten droht, zu vernehmen ist", lässt sich laut Hoch in vier Punkten zusammenfassen:


1. Obwohl sich von verschiedenen, maßgeblichen Seiten spürbar Widerstand aufbaut, ist die ABDA überzeugt, dass das Rx-Versandverbot ohne ihr weiteres Zutun kommen wird. Noch nicht einmal für die laufende Petition setzt man sich „aus allen Rohren“ ein. An einen Plan B wurde und wird offenbar nicht gedacht.

2. Fragt man nach den Zielen, kommt nur der Verweis auf das Perspektivpapier, eine Vision, deren Umsetzung in die Realität unklar bleibt.

3. Werden von der Politik apothekereigene Lösungskonzepte angemahnt, ist man sich nicht zu schade, darauf hinzuweisen, dass bereits seit sieben Jahren eine Arbeitsgemeinschaft Honorierung an neuen Vergütungsideen arbeitet, von deren Ergebnissen allerdings nichts zu hören ist.

4. Und last but not least dürfen wir staunend verfolgen, dass das Honorargutachten für die ABDA keine Grundlage für eine echte politische Auseinandersetzung ist, weil es fehlerhaft und der Text dafür ungeeignet sei. 

Heidrun Hoch, TGL-Vorsitzende


Für Hoch ist dies „mehr als desillusionierend, ja geradezu beschämend“.

Warum geht ABDA nicht auf Experten zu?

Hoch ist überzeugt, dass vor allem in Zeiten politscher Unklarheit eine Standesführung aufgerufen und verpflichtet ist, Falschdarstellungen entgegenzutreten und mit eigenen Fakten zur Diskussion beizutragen. Wer sich dem Dialog entzieht, hat aus Sicht der TGL-Vorsitzenden die Prinzipien politischer Auseinandersetzung nicht verstanden und sollte darüber nachdenken, sofern er ein öffentliches Amt bekleidet, wofür er eigentlich gewählt worden ist. Dabei ist es nicht so, dass es an Anregungen fehle. Man könne sich eine Menge Know-how bei Experten holen. Hier seien beispielsweise die Herren Hüsgen, Dettling und Müller-Bohn genannt.

Und Hoch fügt hinzu: „Eigentlich wäre es Aufgabe der ABDA gewesen, jedem politischen Verantwortungsträger das Gutachten von May/Bauer/Dettling zur Unabdingbarkeit der Rx-Versandverbotes zur Verfügung zu stellen, denn hier wird mit Zahlen belegt, was vielfach öffentlich bezweifelt wird.“

Das Schweigen muss ein Ende haben

Inzwischen sei es sogar so weit gekommen, dass selbst die Gewerkschaft zum Widerstand aufruft, damit die patientensichere Arzneimittelversorgung auch in Zukunft erhalten bleibt. Hoch: „Und was tut die ABDA? Sie schweigt!“ Der Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick habe fünf Axiome (Grundsätze, die keines Beweises bedürfen) formuliert, ergänzt die TGL-Vorsitzende. Das erste Axiom besagt: „Man kann nicht nicht kommunizieren“. Hoch dazu: „Ich frage mich, welche Botschaft uns die ABDA mit ihrem Schweigen bzw. ihrer Lösungsverweigerung überbringt. Ist es ein Rückzug, weil man sich den dringenden Aufgaben nicht widmen will oder ist es Unfähigkeit?“

Nach Auffassung von Hoch drängt sich die Frage auf, wo die Realitätsverkennung eigentlich anzusiedeln ist, die man auf dem Bayerischen Apothekertag bei den Krankenkassen sieht. „War es nicht wirklich vorauszusehen“, bringt es die TGL-Vorsitzende auf den Punkt, „dass sich dieses unsägliche Papier auf das Honorargutachten stützt?“  

Hoch: Die Hütte brennt, die ABDA schaut zu

Hoch erinnert daran, dass die Politik, von der sich die ABDA die Rettung erhoffe, schon lange Vorschläge aus der Apothekerschaft fordere. „Aber warum liefert die ABDA nicht?“ fragt die TGL-Vorsitzende, „welche Legitimation hat eine Standesorganisation, die zuschaut, wie die ‚Hütte brennt‘?“ Für Hoch ist die Zeit reif, zu alledem nicht mehr zu schweigen, denn: „Wer schweigt, kann Mittäter sein.“

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Nach Ansicht der TGL-Vorsitzenden stehen Fragen über Fragen im Raum, für die es bei der ABDA mit größter Wahrscheinlichkeit keine Antworten gibt. Das erzeuge eine riesige Unsicherheit bei den Kolleginnen und Kollegen, aber auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Basis.

Ihrer Kritik an der ABDA fügt die TGL-Vorsitzende eine Überlegung hinzu: „Die TGL setzt sich seit langem für leistungsorientierte Bezahlung ein. Warum sollte, was für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gelten soll, nicht auch Maßstab für die ABDA sein? Bezahlung am erbrachten Ergebnis orientiert, sie sollte bei der anstehenden Haushaltsdebatte die Messlatte sein.“



Peter Ditzel (diz), Apotheker
Herausgeber DAZ / AZ

redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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10 Kommentare

Schweigen

von Reinhard Rodiger am 13.06.2018 um 13:01 Uhr

Welche Gründe braucht es noch, einem Vorstand keine Entlastung zu erteilen.Ewiges Schweigen,Verzicht auf die Erfüllung der Kernaufgaben,Zulassen desaströser Äusserungen zur Bequemlichkeit ,Abstinenz zu Vorschlägen ,Geheimabsprachen,Dialogunfähigkeit,Diskursabstinenz zu vitalen Fragen ,Unverständnis zur Dienstleistungsfunktion usw.usw.
Besonders hervorzuheben ist, dass zugelassen wird, dass die Politik Vorschläge anfordern muss und empfehlen kann, mit lauterer Stimme zu sprechen.

Demokratie dh einmal gewählt zu sein , ist keine Legitimation für all das.Parlamentarische Kontrolle fehlt völlig.Ein Misstrauensvotum ist eben nicht vorgesehen.Was hindert daran, dieses breitflächig zu äussern? Das öffentliche Peinlichkeitsniveau dieser Führung muss erhöht werden.

Dank an alle aus den Führungsebenen, die die klare Position von Frau Dr.Hoch teilen und tätig werden.Ohne das wird nichts gehen.

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Abda

von Conny am 13.06.2018 um 10:05 Uhr

Und was wird wieder beim Apothekertag passieren ? Die Lemmeringe stehen bis auf Wenige auf und klatschen Schmidt zu.

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May/Bauer/Dettling-Gutachten zum Rx-Versandhandel

von Christian Rotta am 13.06.2018 um 9:45 Uhr

Eine kleine Anmerkung zum Versandhandelsgutachten von May/Bauer/Dettling: Der Deutsche Apotheker Verlag und die Noweda, die die Expertise gemeinsam in Auftrag gegeben hatten, haben das Gutachten wichtigen Entscheidungsträgern und allen (auch stellvertretenden) Mitgliedern des Bundestag-Gesundheitsausschusses unmittelbar nach Veröffentlichung zukommen lassen. Außerdem hatten wir die Gelegenheit, dem damaligen Gesundheitsminister Gröhe das als Buch erschienene Gutachten ("Versandverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel - Wettbewerbsökonomische und gesundheitspolitische Begründetheit") persönlich zu überreichen. Es hat also - auch ohne ABDA - die wichtigsten Entscheider erreicht. Möge es jetzt auch noch auf fruchtbaren Boden fallen!

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AW: May/Bauer/Dettling-Gutachten zum Rx-

von Martin Didunyk am 13.06.2018 um 9:59 Uhr

Da haben Sie vollkommen recht und vielen Dank für die sinnvolle und taktische Handlung.

Aber wie Sie sagen...Auch ohne ABDA....
Die verbleibende Frage ist, warum haben und ernähren wir einen Spitzenverband,der sich zunehmend als Immobilienspekulant profiliert anstatt kompetent und engagiert seinem daily Business im Sinne seiner Mitglieder und Auftraggeber nachzugehen.

34 schweigen mit !

von Ulrich Ströh am 13.06.2018 um 9:33 Uhr

Apotheker sind Weltmeister in der Analyse,es hapert in der Umsetzung der Konsequenz dieser Analyse.

Das ist auch der Politik bekannt und deshalb kann man auch so mit uns verfahren.

Fühlt sich keiner der 34 Präsidenten und Vorsitzenden der Landesorganisationen der Apotheker aufgerufen, diese Kommunikationsszrategie der ABDA zu erläutern?
Oder gar Widerspruch anzumelden?

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AW: 34 schweigen mit

von Martin Didunyk am 13.06.2018 um 9:49 Uhr

nein.
Die meisten sind durch Jahrzehnte altgediente Genossen des Systems und jaulen nicht wenn die Leitwölfe schweigen.
Kultivierung !

Im Lobby Register des Bundestages ist auch nur ABDA eingetragen, anstatt zahlreicher Organisationen, wie in anderen freiberuflichen Sparten. Wir haben eine Stimme und diese schwiegt.....
aber vielleicht besser, bevor Unsinn kommuniziert wird.

ABDA passiv / Verbände teils realitätsfern / Basis schläfrig

von martin Didunyk am 13.06.2018 um 9:15 Uhr

Unsere ABDA hat keine klar benannten Ziele an denen sie deren Mitglieder messen können.

Unsere Verbände und Kammern haben keine klar definierten Ziele an denen wir - zahlende Mitglieder - sie messen können.

Wir selbst kommunizieren nicht miteinander um festzustellen, was wir wollen.

Deutsche Apotheker haben nicht einmal eine gemeinsame Mailingliste um miteinander in Kontakt zu treten.

Es ist ganz einfach einen in sich ungeeinigten Berufsstand wie uns vorzuführen.

Wann ändern wir das ?

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Das Statement

von Dr.Diefenbach am 13.06.2018 um 8:52 Uhr

Man kann Frau Dr.Hoch für ihre klaren Worte nur danken.Und gespannt sein ob und wie mal jemand aus der Führungsriege darauf reagiert.Wenn ich die gestrigen Statements zu dieser dreisten Haushaltsplanung 2019 lese,dann sind die Worte"die Hütte brennt"mehr als realistisch.Es ist wirklich nicht mehr das Zeitalter,derart massive Vorwürfe aus der Praxis unkommentiert zu lassen wie es die ABDA tut.Insofern hoffe ich(vergebens??)dass zumindest die Fraktion der gewählten Vertreter antwortet,von der Hauptamtlichkeit ist kaum etwas zu erwarten.Da stimmt ja auch die Einkommensstruktur.

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AW: Das Statement

von Heiko Barz am 13.06.2018 um 12:12 Uhr

Ich bin mit den Statuten der ABDA nicht vertraut, lieber Kollege Dr.Diefenbach, aber gibt es nicht auch dort ein, wie auch immer, geartetes Mißtrauensvotum?
Natürlich sind die derzeitig vieldiskutierten desaströsen Haushaltsdiktionen der ABDA ein absolutes NOGO. Nur wurde der ABDA-Vorstand - war das nicht vor zwei Jahren direkt zum EUGH-Urteil - mit Mehrheit wiedergewählt?
Es ist natürlich festgelegt, dass wir als Zahlungspflichtige kein Recht haben, Beitragszahlungen vorzuenthalten, und deshalb wären sofort nicht widerlegbare Mahnverfahren anhängig. Das ist dann auch der Kernpunkt dessen, dass wir in keiner Weise eine Streikposition einnehmen können. Diese Aussichtslosigkeit ist gesetzlich festgeschrieben, siehe auch gleiches Problem bei der Industrie und Handelskammer.
Die zum Zeitpunkt der damals anstehenden Wiederwahl von F.Schmidt und CO zustimmenden Deligierten haben sie verantwortungsvoll gehandelt, oder sind sie der eloquenten Wahlredeführung des Vorsitzenden auf den Leim gegangen?
Sie, Herr Kollege Difenbach, können das sicher besser bewerten als ich.
Meine erschütternde Konsequez ist, dass bei aller Wut der Kollegen auch mit dem Wunsch nach Verbesserung der Führungsstruktur, wir keine belastbaren Möglichkeiten haben, uns diesem ABDA-Diktat zu entziehen.
Man kann berechtigterweise schon von einer Kammerdiktatur reden. Wo leben wir eigentlich? In einem Land in dem die selbstgewählten Berufsverantwortlichen sehen Auges ihren eigenen Stand in die Vernichtung treiben.
Wir wollen endlich wissen, was hat F.Sch mit J.Sp so heimlichst verabredet, dass wir als Berufstand in keiner Weise wissen dürfen?
Mit freundlichen Grüßen
Heiko Barz

AW: Das Statement

von Martin Didunyk am 13.06.2018 um 12:54 Uhr

Die Kolleginnen und Kollegen die indirekt durch ihre Beiträge können zwar nicht die Kammern verlassen,dort sind wir Kraft der Gesetze Pflichtmitglieder.
Anders sieht es jedoch bei unseren Verbänden aus.Hier können wir alle überlegen ob durch unsere Mitgliedschaft und Beiträge die richtigen Ziele und Organe unterstützt werden.

Es ist nie zu spät berufspolitische Alternativen zu schaffen!

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