Fremdbesitz bei Tierärzten

Mars-Konzern kauft Tierklinikkette AniCura

Berlin - 12.06.2018, 11:15 Uhr

Der US-amerikanische Mars-Konzern übernimmt die schwedische Tierklinikkette AniCura, die auch in Deutschland Kliniken betreibt. (Foto: Imago)

Der US-amerikanische Mars-Konzern übernimmt die schwedische Tierklinikkette AniCura, die auch in Deutschland Kliniken betreibt. (Foto: Imago)


Der US-amerikanische Mars-Konzern kauft die schwedische Tierklinikkette AniCura, die auch Kliniken in Deutschland betreibt. Ebenso wie das britische Tierarztpraxisnetzwerk Linnaeus wird AniCura dem Unternehmensbereich Mars Petcare zugeordnet.

Dies gab Mars Petcare bereits in der vorigen Woche bekannt und wurde am Montag auch von AniCura gemeldet. Der Name AniCura soll erhalten bleiben. Durch die Übernahme der schwedischen Tierklinikkette betreibt nun ein US-amerikanischer Konzern auch tierärztliche Kliniken in Deutschland, die in unmittelbarem Wettbewerb zu persönlich haftenden Heilberuflern stehen. Dies wurde möglich, weil die berufsrechtlichen Regeln der Tierärzte in den meisten Bundesländern kein Fremdbesitzverbot vorsehen.

AniCura: Expansion in 7 Jahren

Die schwedische AniCura wurde 2011 vom Private-Equity-Unternehmen Fidelio Capital und der Stiftung des Stockholmer Tierkrankenhauses gegründet. In nur sieben Jahren wurde daraus ein Unternehmen mit über 4.000 Mitarbeitern, davon 1.200 Tierärzten, in etwa 200 Tierkliniken und Tierarztpraxen in sieben europäischen Ländern, darunter auch in Deutschland. Auf der deutschen Internetseite sind derzeit 30 Standorte verzeichnet, obwohl AniCura erst seit 2015 hierzulande tätig ist. Die Bedeutung von 30 Tierkliniken für die Versorgung sollte nicht unterschätzt werden, denn solche Kliniken bieten ein großes Leistungsspektrum und eine umfangreiche technische Ausstattung. Sie haben damit typischerweise eine Schlüsselstellung für die tierärztliche Versorgung in ihrer Region. Außerdem finden gerade die Inhaber großer Kliniken naturgemäß nur schwer einen jungen Nachfolger, der einen angemessenen Kaufpreis finanzieren kann. Das bietet finanzstarken Unternehmen wie AniCura und der ebenfalls schwedischen Tierarztkette Evidensia auch in Deutschland viele Übernahmemöglichkeiten.

Mit seinem Marktauftritt in Deutschland setzt AniCura deutlich auf eine hochwertige Versorgung. Das Unternehmen wirbt bei Tierärzten um die Überweisung von Patienten und bietet tierärztliche Fortbildungen an. Nach eigener Darstellung verfolgt AniCura den Anspruch, sich als Qualitätsvorbild in Europa zu etablieren. In seiner jüngsten Pressemitteilung begrüßt AniCura den zukünftigen Eigentümer Mars Petcare. Damit würden sich zusätzliche Wege eröffnen, um „medizinische Qualität zu fördern und die moderne tierärztliche Versorgung zu verbessern“.

Mars: Start in Europa

Nur eine Woche zuvor hatte Mars Petcare gemeldet, das britische Tierarztpraxisnetzwerk Linnaeus zu übernehmen, das bisher dem Investmentfonds Sovereign Capital Partners gehört hat. Mars Petcare bezeichnet die beiden Übernahmen als „Start in den europäischen Markt“. Der Branchenkenner Jörg Held spekuliert daher im Tierarztnewsletter wir-sind-tierarzt.de, dass weitere Akquisitionen folgen dürften. Der US-Konzern erwarte, dass der europäische Markt der Versorgung von Haustieren deutlich wachsen werde.

Weltkonzern der Tierversorgung

Der Mars-Konzern ist hauptsächlich durch Süßwaren bekannt, aber Tiernahrung gehört schon lange zu seinem Produktprogramm. Mars Deutschland begann seinen Betrieb sogar als Hersteller von Tierfutter. Weltweit erzielt der Konzern die Hälfte seines Umsatzes mit der Tierversorgung. Der Unternehmensbereich Mars Petcare kann nach Angaben des Unternehmens auf eine Tradition von 75 Jahren zurückblicken, beschäftigt circa 75.000 Mitarbeiter in über 55 Ländern und besteht aus etwa 50 Marken, darunter drei der fünf größten Tierfuttermarken der Welt, Pedigree, Whiskas und Royal Canin. Auch Sheeba, Cesar, Iams und Eukanuba gehören dazu.

Gemäß dem Beitrag in wir-sind-tierarzt.de gehören zu Mars Petcare auch mehrere Tierarztketten: die größte US-Tierarztkette Banfield mit 975 Standorten, VCA mit mindestens 750 Praxen in den USA und Kanada, die Tierklinikkette Bluepearl Veterinary Partners mit 65 Kliniken und das tierärztliche Beratungs- und Einkaufsnetzwerk Pet Partners in den USA. Mit Linneaus und AniCura erfolgt nun der Einstieg in Europa. Angesichts der Ausrichtung von Mars Petcare nennt auch AniCura dies den „strategischen Eintritt in den europäischen Markt der tierärztlichen Versorgung“. Offensichtlich geht es hier um eine langfristige Positionierung.

Analyse aus heilberuflicher Sicht

Demnach hat die tierärztliche Versorgung auf europäischer Ebene schon einen so hohen Konzentrationsgrad erreicht, dass dies für einen amerikanischen Konzern mit langfristigen Zielen interessant ist. Offenbar sind auch 30 Standorte in Deutschland schon ein lohnendes Ziel. Dies verschafft einerseits Einblicke in die Sichtweise weltweit agierender Konzerne und lässt andererseits eine weitere Expansion von AniCura in Deutschland erwarten. Aus Apothekersicht unterstreicht dies alles die enorme Bedeutung des Fremdbesitzverbotes.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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