Melanie Huml (CSU) zur Telemedizin

„Die Apotheker sollten nicht immer Nein sagen“

Berlin - 11.06.2018, 12:05 Uhr

Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) ist eine Freundin der Apothek vor Ort, in Sachen Telemedizin ruft sie die Pharmazeuten allerdings zur Mitarbeit auf. (Foto: DAZ.online)

Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) ist eine Freundin der Apothek vor Ort, in Sachen Telemedizin ruft sie die Pharmazeuten allerdings zur Mitarbeit auf. (Foto: DAZ.online)


Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml ist eine Freundin der Apotheke vor Ort. Das hat sie auch am vergangenen Wochenende auf dem Bayerischen Apothekertag wieder deutlich gemacht. Egal ob es um das Rx-Versandverbot oder die Erhaltung des Fremdbesitzverbotes geht – Huml steht hinter den Apothekern. In einer Sache ging die CSU-Politikerin die Apotheker nun aber kritisch an: Es könne nicht sein, dass sich die Pharmazeuten nach der Aufhebung des Fernbehandlungsverbotes allen Änderungen versperren, so Huml.

Es gibt wenige Politiker in Deutschland, die sich so vehement für den Erhalt der Apotheke vor Ort stark machen, wie Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU). Jedes Jahr aufs Neue erklärt sie den Apothekern auf dem bayerischen Apothekertag, wie unersetzlich sie für das Gesundheitssystem sind und dass sie sich auf Bundesebene für deren Forderungen und Belange einsetze. Leere Worthülsen sind das nicht: Der Beschluss des Bundesrates zum Rx-Versandverbot kurz nach dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung geht auf eine bayerische Initiative zurück.

Auch in diesem Jahr gab es wieder viele Punkte, bei denen Huml sich in ihrer Eröffnungsrede hinter die Forderungen der Apotheke stellte. Gleich zu Beginn stellte sie klar: „Wir in Bayern werden alles tun, um die Apotheke vor Ort zu unterstützen. Im Moment haben wir etwa 3000 Apotheken im Freistaat, ich möchte nicht, dass es weniger werden.“ Huml stellte allerdings klar: „Konservieren“ wolle sie gar nichts, man müsse schon „hier und da“ immer wieder modernisieren. Aber an den Grundprinzipien der Unabhängigkeit, Eigenverantwortlichkeit und Freiberuflichkeit dürfe man nicht rütteln, so die Ministerin. Deswegen sprach sie sich auch gegen die Umsetzung des Positionspapiers aus dem GKV-Spitzenverband aus. Deutlich waren auch Humls Worte in Sachen EU-Versender: „Der Geldfluss in Richtung EU-Versand ist schwierig, schließlich fehlt das Geld dann hier vor Ort. Die Preisbindung ist für mich eine tragende Säule, sie steht nicht zur Disposition.“

Anders als in den Vorjahren hinterließ Huml den Apothekern an einer Stelle aber eine kritische Anmerkung und eine Aufgabe. Konkret ging es in ihrer Rede um die Bedeutung der Telemedizin und die teilweise Aufhebung des Fernbehandlungsverbotes durch den Ärztetag. Huml, die selbst Medizinerin ist, sagte: „Das Fernbehandlungsverbot hat auch Konsequenzen für die Apotheker. Auch die Apotheker müssen sich nun fragen: Wie entwickelt man Bereiche weiter? Wichtig ist mir, dass man durch diese Innovationen keine etablierten Strukturen kaputt macht. Allerdings erwarte ich schon einen Vorschlag von Ihnen, wie man die Apotheker beteiligen kann. Man kann nicht immer nur Nein sagen.“

Hubmann: Sicherheit first, digital second

Huml sprach es nicht direkt aus, sie dürfte sich dabei jedoch auch auf die Aussagen der Bundesapothekerkammer beziehen, die die ABDA kürzlich per Pressemitteilung veröffentlichte. In dieser Mitteilung erklärte BAK-Präsident Andreas Kiefer, dass die Entscheidung des Ärztetages keine Auswirkungen auf die Apothekerschaft habe. Ohnehin hätten die Ärzte auch entschieden, dass man keine Rezepte online ausgeben will – eine Aussage, die falsch ist, schließlich wurde der Antrag zu den Verordnungen nur an den Vorstand überwiesen.

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Bei der Delegiertenversammlung der Bayerischen Landesapothekerkammer am vergangenen Freitag sprach auch Kammerpräsident Thomas Benkert das Thema an. „Ich weiß nicht, ob diese Entscheidung so gut durchdacht war“, sagte er. Es sei durchaus möglich, dass man Patienten, die man lange und gut kenne, auch einmal fernbehandle, die Erstversorgung solle aber persönlich bleiben. Benkert sagte auch, dass das Patientenwohl und die Patientensicherheit immer Vorrang haben müssen. Es sei bei Online-Behandlungen nicht möglich, einige, sehr beratungsbedürftige Arzneimittel von der Verordnung auszuschließen. Deswegen befürchte er, dass es bei bestimmten Arzneimittel- und Patientengruppen zu „erhöhter Suchtgefahr, Arzneimittelmissbrauch und einer gesteigerten Kriminalität“ kommen könne.

Dr. Hans-Peter Hubmann, Chef des Bayerischen Apothekerverbandes, widmete sich in seiner Eröffnungsrede beim Bayerischen Apothekertag auch dem Thema „Digitalisierung“, allerdings ging es in Hubmanns Rede nicht direkt um das Fernbehandlungsverbot, sondern mehr um die Arbeit an der Telematikinfrastruktur. Grundsätzlich gilt für Hubmann: „Wir sind bereit für die digitale Weiterentwicklung, aber wir vergessen dabei nicht unsere Kernaufgabe: die persönliche Versorgung und Betreuung unserer Kunden und Patienten in der Apotheke vor Ort.“ Und weiter: „Unser Leitsatz ist: Sicherheit first, digital second.“



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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4 Kommentare

Wo bleibt die Reaktion der Apotheker?

von KMVT1818 am 13.06.2018 um 6:36 Uhr

Frau Huml dürfte aus Sicht der Apothekeninhaber über jeden Zweifel erhaben sein. Auch wenn man wie ich von der Telemedizin wenig hält (schon bald wird uns die Krankenversicherung nötigen den freundlichen Arzt z.B. aus Bangladesh per Skype zu Rate zu ziehen. Die Ärzteschaft in Deutschland hat mit ihrem Beschluss den ersten Schritt gemacht sich selbst "abzuschaffen"), ist das Problem der Versorgung der ländlichen Bevölkerung von der Apothekerschaft sträflich vernachlässigt worden. Hierdurch ist es den Versandapotheken immer wieder möglich dieses Scheinargument zu nutzen. Nunmehr möchte auch Amazon auf diesen Markt. Wenn die Apotheker nicht endlich GEMEINSAM ein Konzept erarbeiten und präsentieren sind sie es selber Schuld, dass sie vom Markt gedrängt werden. Möglichkeiten diesen Entwicklungen entgegenzutreten sind wahrlich vorhanden, setzen allerdings Fähigkeiten voraus, die die Apotheker bislang nie gezeigt haben, GESCHLOSSENHEIT und ENTSCHLOSSENHEIT. So werden sie es nicht einmal schaffen die eigenen Leute zu mobilisieren, 50.000 Unterschriften für eine online-Petition zu sammeln. Bitte liebe Apotheker und Apothekerinnen zeigt mehr Engagement, es geht doch auch um eure Zukunft.

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@ABDA: Politik fordert zu Recht Vorschläge

von Alfons Neumann am 13.06.2018 um 0:38 Uhr

arbeiten die ABDA-Leutchen nicht angeblich schon seit Jahren bspw. an einem Komzept für die Apothekenvergütung ?? Schon eigenartig, daß da gar nix kommt - insofern hat die Politik leider nicht unrecht, und so bräuchten wir diese "Standesvertretung" an sich nicht mehr.
Andererseits, wenn man die bisherige Mit-Schaffung von Bürokratie durch diesen "Laden" betrachtet (bspw. bei ApBetrO), ist´s vielleicht ganz gut so, wenn die schweigen ...

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Wieviele

von Anita Peter am 11.06.2018 um 14:00 Uhr

Wieviele Politker haben die ABDA jetzt schon aufgefordert endlich Konzepte, Visionen, belastbare Zahlen etc. auf den Tisch zu legen?
Wieviele Politiker haben die ABDA schon aufgefordert endlich mal "laut" zu werden?
WARUM passiert da nichts??

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AW: Warum passiert nichts?

von Reinhard Rodiger am 11.06.2018 um 16:31 Uhr

Weil zu viele auch so zufrieden ihrem Ende entgegengehen.Wer hat sich über die jüngsten Knaller unserer Vertreter aufgeregt? Jedenfalls nicht die Mehrheit.Obwohl sie betroffen ist.

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