Selbstmedikation

Schmerzmittel in der Stillzeit 

Stuttgart - 06.06.2018, 15:20 Uhr

Kennen Sie den Milch/Plasma-Quotienten und wissen Sie, welches
Schmerzmittel in der Stillzeit den Säugling am wenigsten belastet? (Foto: Oscar
Brunet / stock.adobe.com)

Kennen Sie den Milch/Plasma-Quotienten und wissen Sie, welches Schmerzmittel in der Stillzeit den Säugling am wenigsten belastet? (Foto: Oscar Brunet / stock.adobe.com)


Selbstmedikation ist grundsätzlich mit dem Stillen vereinbar. Dennoch gibt es einiges, was Stillende bei verschreibungsfreien Schmerzmitteln beachten müssen. Am letzten Tag der von der WHO ausgerufenen Weltstillwoche hat sich DAZ.online deshalb nochmals die Empfehlungen zur Schmerztherapie auf embryotox.de angeschaut.

Stillende Mütter sind oft unsicher, ob sie bei Kopfschmerzen oder einem banalen Infekt verschreibungsfreie Analgetika einnehmen können, ohne die Qualität ihrer Milch zu beeinträchtigen. Hilfe suchen und finden sie in den Apotheken, denn: In aller Regel ist die Selbstmedikation mit Schmerzmitteln kein Grund abzustillen.

Nichtmedikamentöse Maßnahmen

Wer in der Stillzeit Schmerzen hat, sollte zunächst der Ursache auf den Grund gehen. Zu wenig Schlaf, Flüssigkeitsmangel, fehlende Bewegung oder Stress – sie alle können Schmerzen auslösen, sodass auch ohne Medikamente eine Schmerzlinderung erzielt werden kann. 

Tipps für Stillende, um Schmerzen entgegenzuwirken:

  • täglich ausreichend trinken
  • an der frischen Luft bewegen
  • wenn das Baby schläft, selbst Schlafmangel ausgleichen
  • Schläfen und Stirn können mit ätherischem Pfefferminz- oder Lavendelöl massiert werden (CAVE: ätherisches Öl und frisch eingeriebene Hautareale vom Säugling fern halten)

Embryotox unterscheidet in der Schmerztherapie nach chronischen und akuten Schmerzen sowie nach unterschiedlichen Schmerztypen, die auch kombiniert vorliegen können:

  • Nozizeptorschmerz
  • Neuropathischer Schmerz
  • Schmerzen bei psychischen Erkrankungen

Bevor Schmerzen als Symptom mit Schmerzmitteln bekämpft werden, sollte immer zunächst versucht werden, die Schmerzursachen kausal zu beseitigen. 

Was ist eigentlich der M/P-Quotient?

Der Milch/Plasma-Quotient steht für die Konzentration des Medikaments in der Milch geteilt durch die Konzentration des Medikaments im mütterlichen Plasma. Er eignet sich nicht zum Vergleich von Arzneimittelrisiken in der Stillzeit: Niedrige Werte (<1) sprechen zwar gegen eine Anreicherung in der Muttermilch, bei hohen mütterlichen Plasmawerten können in der Milch aber Konzentrationen erreicht werden, die Säuglingen schaden. Ein hoher Quotient lässt wiederum nicht automatisch auf relevante oder toxische Arzneimittelmengen in der Milch schließen: Beispielsweise kann die Konzentration im mütterlichen Serum aufgrund eines arzneitypischen, hohen Verteilungsvolumens sehr gering sein. In diesem Zusammenhang ist laut embryotox.de die relative Dosis informativer.

Die Relative Dosis ist der Anteil an der gewichtsbezogenen Tagesdosis der Mutter, den ein vollgestillter Säugling pro Kg seines Körpergewichts in 24 Stunden mit der Milch erhält. Manchmal gibt embryotox.de auch den Anteil an einer Kinderdosis an, wenn es eine für das betreffende Medikament gibt. 

In der Stillzeit ist Paracetamol neben Ibuprofen das Analgetikum der Wahl. Laut Embryotox gibt es keine nennenswerten Hinweise auf Unverträglichkeiten beim Säugling. Der M/P-Quotient beträgt für Paracetamol eins. Die relative Dosis wird mit 6 bis 12% angegeben.

Aus der Gruppe der NSAR soll Ibuprofen in der Stillzeit bevorzugt werden. Embryotox liegen Daten zu mehr als 20 Mutter-Kind-Paaren vor. Der Wirkstoff ging zwar in sehr geringer Menge in die Muttermilch über, Nebenwirkungen wurden bei den Säuglingen aber nicht beobachtet. Der M/P-Quotient beträgt für Ibuprofen 0,008, die relative Dosis ist kleiner als 0,6%.

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Zu Acetylsalicylsäure (ASS) liegen Embryotox Daten von fast 30 Mutter-Kind-Paaren vor. Nebenwirkungen wurden bei zwei Kindern beobachtet. Zu einer respiratorischen Azidose kam es etwa bei einem Säugling, dessen Mutter mit 4 g Acetlysalicylsäure pro Tag behandelt worden war. Die gelegentliche Einnahme von ASS als Schmerzmittel stuft Embryotox als vertretbar ein und empfiehlt auf kindliche Nebenwirkungen wie Petechien oder Hämatome zu achten. Eine mehrtägige oder dauerhafte Therapie (außer Low-Dose-Therapien mit 100–300 mg/Tag) sollte hingegen vermieden werden. Besondere Vorsicht gilt bei Müttern von Früh- und Neugeborenen. Die relative Dosis beträgt dosisabhängig bis zu 10%, der M/P-Quotient liegt bei 0,1.



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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