DAZ.online-Themenwoche Digitalisierung

Handy-App zur Früherkennung von Parkinson

Remagen - 06.06.2018, 15:20 Uhr

Die iPROGNOSIS App wird
derzeit in vier Ländern, darunter auch in Deutschland in einer Studie erprobt. Sie soll Parkinson-Patienten bei der Früherkennung und Begleitung helfen. (Foto: Imago)

Die iPROGNOSIS App wird derzeit in vier Ländern, darunter auch in Deutschland in einer Studie erprobt. Sie soll Parkinson-Patienten bei der Früherkennung und Begleitung helfen. (Foto: Imago)


Im Rahmen unserer Themenwoche Digitalisierung stellen wir heute ein interessantes Projekt zur Früherkennung und Begleitung von Patienten vor, die an Parkinson erkranken könnten oder bereits daran leiden, die iPROGNOSIS App. Sie wird derzeit in vier Ländern, darunter auch in Deutschland in einer Studie erprobt.

In Europa leben 1,2 Millionen Menschen mit Parkinson. Die meisten davon sind über 50 Jahre alt. Die fortschreitende Erkrankung des zentralen Nervensystems entwickelt sich über einen langen Zeitraum hinweg schleichend. Erste Anzeichen bleiben oft unbemerkt. Zwar treten einige Symptome bekanntermaßen bereits Jahre vor der Diagnose auf, aber bis dato gibt es keine spezifische Früherkennung.

Projekts i-PROGNOSIS

Elf Partner aus akademischen Einrichtungen und Unternehmen in Belgien, Deutschland, Griechenland, Großbritannien, Portugal und Schweden haben sich zusammengeschlossen, um im Rahmen Forschungsprojekts i-PROGNOSIS eine Lösung hierfür zu finden. Das vierjährige Projekt wird von der Aristoteles-Universität in Thessaloniki, Griechenland koordiniert und über das Wissenschafts- und Innovationsprogramm Horizon 2020 der Europäischen Union mit rund 3,9 Millionen Euro finanziert.

Im letzten Jahr hat das Team die mobile App iPROGNOSIS (Intelligent Parkinson eaRly detectiOn Guiding NOvel Supportive InterventionS) entwickelt. Sie konzentriert sich auf die Erfassung genereller Daten (GDaten) während der Nutzung des Smartphones, die mit Symptomen von Parkinson im Frühstadium zusammenhängen könnten. Dazu gehören:

  • Sprachmerkmale, wenn mit dem Smartphone telefoniert wird (Inhalte von Gesprächen werden nicht erfasst.)
  • Bewegungsdaten (Wie ruhig wird das Smartphone z.B. während eines Telefonates oder beim Schreiben von Nachrichten gehalten?)
  • Dynamik des Tastenanschlages, wenn mit der iPROGNOSIS-Tastatur am Smartphone geschrieben wird (Inhalte von Texten werden nicht erfasst.)
  • Zurückgelegte Distanzen über den Tag (wenn die Standortbestimmung eingeschaltet ist und das Smartphone mit sich geführt wird)
  • Emotionale Merkmale, die in Textnachrichten enthalten sind (Inhalte von Texten werden nicht erfasst.)
  • Erkennung des Gesichtsausdruckes an Punktmerkmalen von gespeicherten Bildern (ohne dass die Bilder das Smartphone verlassen).

Die App steht im Google Play Store kostenfrei zur Verfügungbund wurde in Deutschland, Griechenland, Portugal und in Großbritannien auf den Markt gebracht.

Praktische Erprobung und Weiterentwicklung in der GData-Studie

Die neue Anwendung ist Teil der i-PROGNOSIS GData Studie, die mit Unterstützung durch medizinische Zentren in den genannten Ländern durchgeführt wird. In Deutschland wird die Untersuchung von Heinz Reichmann und seinem wissenschaftlichen Team an der Klinik und Poliklinik für Neurologie in Dresden geleitet. 

Im Rahmen der Studie wird die praktische Anwendung der i-PROGNOSIS App überprüft. Sie soll zeigen, ob über die Erfassung der genannten GDaten beim Umgang der Studienteilnehmer mit Ihrem Smartphone Muster erkannt werden können, die motorischen und nicht-motorischen Symptomen der Parkinsonerkrankung entsprechen. Am Ende soll daraus eine optimierte, funktionstüchtige App entwickelt werden. Außerdem sollen damit entsprechende mitlernende Computeralgorithmen zur frühen Erkennung entsprechender Symptome und deren Veränderung im zeitlichen Verlauf abgeleitet werden.

Etwaige Symptome können frühzeitig untersucht werden

Studienteilnehmer, deren GDaten deutlich von der Mehrheit abweichen oder sich im zeitlichen Verlauf signifikant verändern, werden innerhalb der iPROGNOSIS App darüber informiert. Außerdem wird ihnen angeboten, Kontakt mit einem medizinischen Zentrum aufzunehmen das an dem Projekt teilnimmt. Hier können etwaige Symptome, die auf eine mögliche Parkinsonerkrankung hindeuten, untersucht werden, und die Betroffenen erhalten eine individuelle ärztliche Beratung und Einschätzung durch einen Bewegungsstörungsspezialisten.    

Bisheriges Feedback der Studienteilnehmer sehr positiv

Die GData-Erhebungsphase läuft von April 2017 bis Oktober 2019. Bei der Studie können gesunde Personen und Patienten in einem frühen Stadium der Parkinsonerkrankung im Alter zwischen 40 und 90 Jahren mitmachen.

Die Projektpartner erwarten insgesamt circa 1000 Teilnehmer. Nachdem die App im April 2017 veröffentlicht wurde, sollen im ersten Jahr bereits mehr als 740 Europäer sie auf ihre Smartphones, Smartwatches oder Fitnessbänder heruntergeladen und die Zustimmung zur Teilnahme an der Studie erteilt haben.

Das bisherige Feedback wird als sehr positiv beschrieben. Ein Fragebogen, der an die Nutzer der App gesendet wurde, habe bestätigt, dass diese den normalen Betrieb eines Smartphones verändert. Außerdem hätten die Nutzer berichtet, dass sie für das Einrichten und die Nutzung der App nur wenig Hilfe benötigten. Im Rahmen der Forschung zur Früherkennung von Parkinson hielten sie diese für ein nützliches Werkzeug

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Digitalisierung

Bisher wurden mit der App etwa 433.000 Datensätze gesammelt. Diese werden nun zur Entwicklung maschineller Lernalgorithmen verwendet, die auf Parkinson bezogene Verhaltensänderungen erkennen können. Letztendlich soll i-PROGNOSIS Parkinson-Patienten auch dabei helfen, in Zusammenarbeit mit den Ärzten ihre Lebensqualität zu erhalten.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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