Pharmacon Meran

Medizinalhanf: Für Apotheker sind noch viele Fragen offen

Meran - 31.05.2018, 15:30 Uhr

Der Darmstädter Apotheker Dr. Christian Ude musste sich auf dem Pharmacon vielen Fragen zur Cannabis-Therapie stellen. (Foto: DAZ/cst)

Der Darmstädter Apotheker Dr. Christian Ude musste sich auf dem Pharmacon vielen Fragen zur Cannabis-Therapie stellen. (Foto: DAZ/cst)


Der Joint aus der Apotheke?

Während Konsumenten Marihuana meist rauchen, ist zu medizinischen Zwecken die Anwendung mit einem Vaporisator oder in Form einer Tee-Abkochung vorgeschrieben. Der Apotheker und Dozent, Dr. Alexander Ravati , monierte, dass bei der Blütentherapie gar nicht verhindert werden könne, dass sich Patienten mit ihrem Medizinalhanf auch einen Joint drehen. Werde durch das Cannabis-Gesetz dem Kiffen auf Rezept nicht leichtfertig Tür und Tor geöffnet?

Dr. Christiane Eckert-Lill, Geschäftsführerin des Bereiches Pharmazie bei der ABDA wandte ein, dass der Gesetzgeber Cannabis unter anderem deshalb rezeptierbar gemacht habe, um einem unkontrollierten Eigenanbau durch Patienten entgegen zu wirken. Ihrer Meinung nach war es eine rationale Entscheidung im Sinne einer Schadensbegrenzung gewesen.

Rechtfertigen die Risiken den Nutzen?

„Soll man als Apotheker eingreifen, wenn man mitbekommt, dass der Patient sich mit dem verschriebenen Medizinalhanf einen Joint bastelt?“, lautete die Frage einer weiteren Teilnehmerin. Ude entgegnete, dass aus seiner Sicht Pharmazeuten durchaus intervenieren sollten, wenn sie erfahren, dass ein Betäubungsmittel zweckentfremdet werde.

Eine andere Teilnehmerin warf in den Raum, dass die gesetzliche Regelung vom 10. März 2017 noch eine weitere Gefahr mit sich bringe: Und zwar sei aus der Literatur bekannt, dass Cannabis die Entstehung von Schizophrenien begünstige. Und durch die neue gesetzliche Regelung werden Patienten damit einem zusätzlichen Risiko ausgesetzt. Ude stimmte der Kongressteilnehmerin zu, dass dies eine bekannte Cannabis-Folge sei. Angesichts der Risiken von Medizinalhanf bedauere er es, dass die Wirksamkeit von Cannabisblüten im Gegensatz zu anderen Arzneimitteln nicht systematisch nachgewiesen sei.

Blütendiskussion auf sachliche Ebene stellen

„Bevor man apodiktisch die Blüten abtut und sagt, es gibt doch bessere Fertigarzneimittel, sollte man Evidenz generieren“, warf ein weiterer Kongressteilnehmer ein. Denn es sei noch nicht gezeigt worden, ob die Blüten in der Schmerztherapie einer Reinsubstanz wie etwa Dronabinol nun über- oder unterlegen seien. Er schlug daher eine kontrollierte Studie vor, bei der die Wirksamkeit der Droge mit der von reinen THC verglichen werde. Apotheker Ude befürwortete diese Idee: „Es wäre sehr wünschenswert, hier mehr weiße Flecken zu lüften.“



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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