Pharmacon Meran

Sind bei MS denn alle Interferone gleich?

Meran - 30.05.2018, 17:30 Uhr

Hinsichtlich der Wirksamkeit sind Interferone bei MS gleich, aber nicht bei Lagerung, Applikationshäufigkeit und Nadellänge. (Foto; Bayer)

Hinsichtlich der Wirksamkeit sind Interferone bei MS gleich, aber nicht bei Lagerung, Applikationshäufigkeit und Nadellänge. (Foto; Bayer)


Hinsichtlich der Wirksamkeit bei Multipler Sklerose unterscheiden sich die einzelnen Interferone nicht – sagt Apotheker Kai Girwert beim Pharmacon in Meran. Doch das bedeutet mitnichten, dass Avonex®, Rebif®, Plegridy® oder Betaferon® beziehungsweise Extavia® auch für den Patienten keinen Unterschied machen – welche Vorteile haben die einzelnen Interferone, welche Nachteile „kaufen“ MS-Patienten sich damit ein?

Pharmakologisch scheint es egal, welches Interferon Patienten mit Multipler Sklerose anwenden. Interferone spielen nach wie vor eine wichtige Rolle bei milden und moderaten Verlaufsformen der neurologischen Erkrankung, sowohl beim klinisch isolierten Syndrom (CIS), als auch bei remittierend schubförmiger MS (RRMS) oder sekundär progredienter Verlaufsform (SPMS). Beim diesjährigen Pharmacon in Meran stellt Kai Girwert die Patientenberatung bei Multipler Sklerose in den Vordergrund. In Kontakt mit MS-Patienten kommt der Apotheker aus Langenhagen vor allem durch die nahe gelegene Klinik für Neurologie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Wie unterscheiden sich nun die einzelnen Interferon-Präparate? Girwert vergleicht Avonex®, Rebif®, Plegridy®, Betaferon® und Extavia® vor allem unter für Patienten wichtigen Aspekten.

Betaferon und Extavia: Lagerung bei Raumtemperatur, aber …

Die umgangssprachliche „eierlegende Wollmilchsau“ gibt es auch bei Interferonen nicht, mit einem Vorteil kauft man sich in anderen Bereichen gleichermaßen Nachteile ein. So müssen Avonex®, Rebif® und Plegridy® im Kühlschrank gelagert werden, während Betaferon® und Extavia® auch bei Raumtemperatur stabil sind. Klingt doch gut – allerdings: Greift man bei den Kühl-Interferonen lediglich nach einem Fertigpen oder einer Fertigspritze, wollen die Raumtempertatur-Interferone Betaferon® und Extavia® zunächst noch zubereitet werden, denn nur die Separation von Lösungsmittel und Wirkstoff erlaubt die Lagerung auch bei Temperaturen außerhalb des Kühlschranks.

Das scheint nun vielleicht auf den ersten Blick kein unüberwindbares Hindernis. Allerdings: Durch das erstmals noch erforderliche Zubereiten der Interferonspritzen setze sich der Patient unweigerlich intensiver und länger mit der Applikation seiner MS-Arzneimittel auseinander und folglich mit seiner neurologischen Erkrankung, gibt Girwert zu bedenken. Generell scheint es den meisten Patienten jedoch angenehmer zu sein, wenn sie so wenig als nur möglich an ihre Erkrankung erinnert werden, was durchaus verständlich ist. Erschwerend kommt bei den beiden Präparaten Betaferon® und Extavia® hinzu: MS-Patienten müssen diese Interferone alle zwei Tage subcutan  anwenden –  also relativ häufig. Rebif® applizieren MS-Patienten dreimal wöchentlich.

Avonex nur einmal wöchentlich, aber …

Hinsichtlich der Applikationshäufigkeit scheint Avonex® den Raumtemperatur-Interferonen den Rang abzulaufen und tatsächliche Vorteile zu bieten:  Avonex® wird nur einmal pro Woche verabreicht. Allerdings wird die einmal wöchentliche Gabe auch nur möglich durch eine intramuskuläre Injektion . Das heißt, die Nadel ist deutlich länger als die für eine subcutane Applikation. Auch das kann für manche Patienten nun wiederum zum Problem werden.

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Die Pegylierung von Interferon, wie sie Biogen in Plegridy® realisiert, schafft sogar ein noch patientenfreundlicheres Dosierintervall: Hier genügt es, wenn MS-Patienten den Fertigpen oder die Fertigspritze alle zwei Wochen subcutan applizieren – was tatsächlich hinsichtlich der Konfrontation mit der Erkrankung durch das Arzneimittel ein Fortschritt ist. Allerdings will Plegridy® dann auch wieder im Kühlschrank gelagert werden.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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