Verfahren um „DatenKlau“ aus dem BMG

Bellartz-Prozess: Weitere Termine bis Oktober

Berlin - 29.05.2018, 15:15 Uhr

Rechtsanwalt Prof. Carsten Wegner und sein Mandant Thomas Bellartz haben Probleme mit der Staatsanwaltschaft. (Foto: Külker)

Rechtsanwalt Prof. Carsten Wegner und sein Mandant Thomas Bellartz haben Probleme mit der Staatsanwaltschaft. (Foto: Külker)


Der Prozess gegen Apotheke-Adhoc-Herausgeber Thomas Bellartz und den Computerfachmann Christoph H. wegen mutmaßlichen „Datenklaus“ aus dem Bundesgesundheitsministerium kommt nicht recht voran. Nach dreiwöchiger Pause wurde am heutigen Dienstag wieder verhandelt. Bellartz´ Verteidiger holte erneut zu einer Attacke gegen die Ermittlungsbehörden aus. Viel mehr geschah jedoch nicht – dennoch bestimmte das Gericht weitere Sitzungstermine bis in den Oktober.  

Apotheke-Adhoc-Herausgeber Thomas Bellartz und der Systemadministrator Christoph H. sind gemeinsam angeklagt, in den Jahren 2009 bis 2012 Daten aus dem Bundesgesundheitsministerium ausgespäht (§ 202a StGB) und gegen das Bundesdatenschutzgesetz (§ 44 BDSG alt) verstoßen zu haben. Bellartz war zu dieser Zeit – bis Ende August 2011 – zunächst als Pressesprecher bei der ABDA angestellt, ehe er seine beruflichen Aktivitäten wieder ganz den von ihm mitbegründeten Unternehmen El Pato und Apotheke Adhoc zuwandte. Seit Anfang Januar müssen sich Bellartz und H. wegen der Vorwürfe vor der 1. Strafkammer am Berliner Landgericht verantworten. 

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Während in den ersten Monaten des Prozesses zahlreiche Zeugen vernommen wurden, die sich alle auf ihre Weise zu dem Tatkomplex äußerten, wurde an den drei Verhandlungstagen im Mai kein einziger Zeuge mehr befragt. Es ging vor allem um möglicherweise noch nicht in den Akten befindliche E-Mails des ermittelnden Kommissars. Dieser hatte zuletzt mehr als 1000 E-Mails nachgereicht. Die Verteidigung wollte aber überdies den PC und E-Mail-Ausdrucke des Ermittlers sicherstellen und hatte zudem eine Aussetzung des Verfahrens beantragt, um die nachgeschobenen Mails in Ruhe sichten zu können.

Am heutigen 18. Verhandlungstag verkündete der Vorsitzende Richter zunächst den Beschluss, den PC und auch die ausgedruckten E-Mails, die der Polizist bei seiner Zeugenvernehmung bei sich hatte, nicht sicherzustellen. Es sei nicht anzunehmen, dass hierdurch Neues zutage komme, so der Vorsitzende. Das Gericht teile nicht die Auffassung, dass der Ermittler E-Mails zurückhalte.

Verteidiger wirft Staatsanwalt „Desinteresse“ vor

Sodann bezog der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft Stellung zum Antrag auf Aussetzung des Verfahrens: Hierfür seien die rechtlichen Voraussetzungen nicht gegeben, sagte er. Es sei nicht davon auszugehen, dass die neuen Mails der Polizei ermittlungsrelevante Sachverhalte enthielten. Der Staatsanwalt lehnte auch den Antrag von Bellartz‘ Verteidiger Carsten Wegner ab, den Vorgesetzten des leitenden Ermittlers als Zeugen zu laden.

Wegner wollte von diesem Vorgesetzten mehr erfahren über etwaige „Durchstechereien“ der Ermittlungsbehörden an Journalisten. Beispielweise über den von ihm so bezeichneten „Parkbank-Komplex“: Der leitende Kriminaloberkommissar hatte zuvor als Zeuge ausgesagt, dass während der Ermittlungen einmal eine Journalistin angerufen habe, die sich für seinen Zwischenbericht interessierte. Sie meinte, er könne diesen doch „auf einer Parkbank liegen lassen“. Der Zeuge sagte, er habe das Gespräch daraufhin sofort abgebrochen. In die Presse gelangte dagegen offenbar tatsächlich die Information, dass bei der ersten Durchsuchung von H.'s Haus 15.000 Euro sichergestellt wurden – wie dies geschehen konnte, vermochte der Zeuge nicht zu erklären. Das Thema, wie andere Journalisten als sein Mandant mit Informationen versorgt werden, treibt den Bellartz' Verteidiger seit Prozessbeginn um, doch bislang hat es noch niemand als prozessrelevant erachtet.

Wegner reagierte unverständig auf die Ablehnung des Staatsanwalts. Offenbar wolle die Behörde erreichen, dass hier etwas im Dunkeln bliebe, mutmaßte er. Er hielt dem Sitzungsvertreter überdies vor, „völlig desinteressiert“ an dem Verfahren zu sein. Offenbar habe er – anders als die Verteidigung – kein Interesse an den Akten. Der Sitzungsvertreter hatte das Verfahren erst kurz vor Prozessbeginn übernommen und hatte am ersten Prozesstag eine nicht ganz glückliche Figur vor der Presse gemacht, was Wegner nun bei jeder sich bietenden Gelegenheit hervorhebt. Seitdem zeigt sich der Vertreter der Staatsanwaltschaft tatsächlich schweigsam im Prozess – was Wegner ihm jetzt als „Desinteresse“ vorwirft. Der Vorsitzende Richter hielt den Anwalt daraufhin an, „persönliche Schärfe“ zu vermeiden.

Wegner betonte abermals, dass es im Ermittlungsverfahren und auch im Zwischenverfahren – also nach Anklageerhebung und vor Eröffnung des Hauptverfahrens – große Versäumnisse seitens der Behörden gegeben habe. Man habe nicht nach für seinen Mandanten entlastenden Tatsachen gesucht und nun lasse sich vieles nicht mehr nachvollziehen.

Jetzt werden erneut die drei Wochen ausgenutzt, die eine Hauptverhandlung maximal unterbrochen werden darf. Am 18. Juni geht es weiter – erneut ohne Zeugen. Der Vorsitzende Richter setzte überdies weitere Verhandlungstermine bis in den September hinein fest. Zudem bot er den Verteidigern und Angeklagten für zwei bis drei weitere Sitzungen Termine bis in den Oktober an. 



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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