Großbritannien

Wie gehen Apothekenketten mit Honorarkürzungen um?

Berlin - 28.05.2018, 13:00 Uhr

Wie gehen die großen Apothekenketten in Großbritannien mit den milliardenschweren Kürzungen beim Apothekenhonorar um? DAZ.online hat bei drei der vier größten Kettenkonzerne nachgefragt. (Foto: Imago)

Wie gehen die großen Apothekenketten in Großbritannien mit den milliardenschweren Kürzungen beim Apothekenhonorar um? DAZ.online hat bei drei der vier größten Kettenkonzerne nachgefragt. (Foto: Imago)


Boots: mehr Dienstleistungen, Phoenix: Kostenabsenkung

Die meisten Apotheken in Großbritannien besitzt mit knapp 2400 Standorten Walgreens Boots Alliance. Im Gegensatz zu McKesson hat es im WBA-Konzern wohl keine Schließungen im Königreich gegeben – jedenfalls nicht solche, die ausschließlich mit den Honorarkürzungen begründet wurden. Auf die Frage, wie der Konzern auch finanziell auf die Regierungsbeschlüsse reagiert hat, antwortete eine Sprecherin recht vage: „Wir waren sehr enttäuscht über das Ausmaß der Kürzungen in England. Wir haben immer sichergestellt, dass der Abgabeprozess so effizient wie möglich verläuft und das auch mit Technologien unterstützt. Wir haben uns auch darauf konzentriert, unser Arbeitnehmer-Modell weiterzuentwickeln, indem wir die Fähigkeiten als Gesundheitsberater stärkten und in PTA investierten, um die Apotheker zu unterstützen.“

In der Tat hat der Konzern im Personalbereich viel umgestellt: 2016 kündigte Boots an, mehr als 300 Stellen im Managementbereich streichen zu wollen, insbesondere Filialmanager-Stellen wurden seitdem gestrichen. Ebenfalls 2016 erklärte das Unternehmen, mehr als 7500 Mitarbeiter klinisch und pharmazeutisch so zu schulen, dass sie mehr Beratungsleistungen anbieten können. Dazu passend teilte die Konzernsprecherin nun auch mit, dass man es begrüße, dass in der Politik darüber gesprochen werde, das Vergütungssystem immer weiter in Richtung Beratungsleistungen zu verschieben. Dass Boots die in Großbritannien abrechenbaren Pauschalen für (Chroniker-)Beratungen gerne abrechnet, ist bekannt. Der Konzern stand des Öfteren in der Kritik, die Einzelpauschalen zu häufig beim NHS abzurechnen und die Leistungen teils auch unnötig angeboten und durchgeführt zu haben.

Zu etwaigen Verlusten des Unternehmens durch die Kürzungen und auch zu eventuell noch geplanten Stellenstreichungen oder Apothekenschließungen wollte die Konzernsprecherin allerdings nichts Konkretes sagen.

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Phoenix: Kleine Apotheken sind stärker betroffen

Die Apothekenkette Rowlands des Mannheimer Pharmahändlers Phoenix ist mit etwa 520 Apotheken der viertgrößte Anbieter im Vereinigten Königreich. Auf die Fragen von DAZ.online zu den Auswirkungen im Konzern wies ein Sprecher darauf hin, dass aus seiner Sicht kleinere Ketten und Unabhängige viel stärker betroffen seien von den Einschnitten: „Die staatliche Finanzierung von kommunalen Apotheken in England stellt Apotheker und insbesondere kleinere, unabhängige Apotheken vor große finanzielle Herausforderungen.“

Was etwaige Schließungen und Verkäufe betrifft, erklärte der Phoenix-Sprecher: „Rowlands Pharmacy hat auf die Kürzungen im staatlichen Gesundheitswesen NHS mit einer Absenkung der Kosten, der Erschließung neuer Umsatzquellen und mancherorts mit der Zusammenlegung von Apotheken reagiert. Dies betraf rund zehn Apotheken in Gebieten, die von mindestens zwei Rowlands Apotheken bedient werden. Neben anderen Initiativen wurde die Effizienz auch durch IT-gestützte Lösungen gesteigert, wie dem neuen ‚Hub- & Spoke-Rezeptservice‘ für Patienten. Beim ‚Hub- & Spoke-Rezeptservice‘ werden die Rezepte mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln statt individuell in jeder einzelnen Apotheke in zentralen Regional-Hubs vorbereitet und in Tüten an die lokalen Apotheken weiter verteilt. Dort können die Patienten ihre Bestellungen dann abholen.“

Der Sprecher wies auch darauf hin, dass es im vergangenen Jahr viele Beitritte zur konzerneigenen Kooperation Numark gegeben habe, nämlich rund 400 (insgesamt gibt es etwa 3600 Numark-Apotheken). „Wir führen dies darauf zurück, dass Numark den unabhängigen Apotheken die Unterstützung und Beratung bieten kann, die sie angesichts knapper staatlicher Förderung für den effizienten Betrieb ihres Geschäfts benötigen.“ Was die (finanziellen) Auswirkungen auf die Beschäftigten betrifft, erklärte der Unternehmenssprecher: „Die Zahl der PHOENIX UK Mitarbeiter betrug zum Geschäftsjahresende rund 6000. Es gab keine Lohn- und Gehaltskürzungen.“ Zu den Auswirkungen auf das Konzerngeschäft wollte sich Phoenix nicht äußern.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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