Kampagne gegen hohe Arzneimittelpreise 

Schweizer Aktivisten fordern Zwangslizenzen für Arzneimittel

Stuttgart - 28.05.2018, 11:00 Uhr

Der Schweizer Verein Public Eye hat eine Kampagne gegen aus seiner Sicht zu hohe Arzneimittelpreise gestartet. (Screenshot: .publiceye.ch/de/)

Der Schweizer Verein Public Eye hat eine Kampagne gegen aus seiner Sicht zu hohe Arzneimittelpreise gestartet. (Screenshot: .publiceye.ch/de/)


Entwicklungskosten über zwei Milliarden Euro

Tatsächlich stellen die Ausgaben für Arzneimittel für nahezu alle Gesundheitssysteme eine große finanzielle Belastung dar. So betragen die Behandlungskosten insbesondere mit biopharmazeutischen Arzneimitteln teilweise mehrere hunderttausend Euro. 

In Deutschland regelt das seit 2011 geltende Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (Amnog) die Preisfindung. Dabei müssen die Hersteller für alle Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen Nachweise über den Zusatznutzen für die Patienten vorlegen, über den dann der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) entscheidet. Liegt ein Zusatznutzen vor, werden die Preise auf Basis der Bewertung dieses Zusatznutzens ausgehandelt. Für Arzneimittel ohne Zusatznutzen wird ein Festbetrag festgesetzt. Ist es nicht möglich zu ermitteln, ob ein Zusatznutzen vorliegt, weil es keine weiteren pharmakologisch-therapeutisch vergleichbaren Arzneimittel gibt, vereinbart der Hersteller nach Informationen des Bundesgesundheitsministeriums mit der gesetzlichen Krankenversicherung einen Erstattungsbetrag, der zu keinen höheren Kosten gegenüber der Vergleichstherapie führen darf. 

Im Gegensatz zu Pharmakritikern wie Public Eye verweisen die Pharmahersteller auf die hohen Kosten, die bei der Entwicklung neuer Arzneimittel anfallen. Diese summieren sich nicht selten auf über eine Milliarde Euro. Der US-Gesundheitsökonom Joseph DiMasi von der Tufts University hat sogar errechnet, dass Pharmaunternehmen aktuell mindestens 2,6 Milliarden Dollar beziehungsweise 2,1 Milliarden Euro aufwenden müssen, um ein neues Produkt zu entwickeln. Medicro, ein Auftragsforschungsinstitut aus der Nähe von Nürnberg, operiert mit ähnlichen Zahlen. Die Kosten der Arzneimittelentwicklung hätten sich in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt. Derzeit benötige ein Pharmaunternehmen geschätzte 2,4 Milliarden Euro, um ein einziges Medikament zuzulassen. Einer der Gründe für die hohen Kosten sei, dass nur etwa 11 Prozent aller identifizierten und potenziell wirksamen Substanzen letztendlich eine Marktzulassung erhielten. 

Darüber hinaus hat Novartis erst kürzlich Mängel bei der Bewertung von Arzneimitteln beklagt. Wie der Verband forschender Arzneimittelhersteller (vfa) mitteilte, sieht der Pharmakonzern im Streit um die Preisgestaltung von Arzneimitteln Mängel bei den Auswahlkriterien für eine Nutzenbewertung, die wiederum Basis für Preisverhandlungen zwischen Hersteller und Krankenkassen ist. 



Thorsten Schüller, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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