Konzentration im Onlinegeschäft

DocMorris schluckt Apo-Rot-Versandgeschäft – Stellenabbau vorprogrammiert

München - 24.05.2018, 12:45 Uhr

Der EU-Versender DocMorris übernimmt das Versandgeschäft der deutschen Versandapotheke Apo-Rot. Stellenstreichungen in Hamburg stehen an. (Foto: dpa)

Der EU-Versender DocMorris übernimmt das Versandgeschäft der deutschen Versandapotheke Apo-Rot. Stellenstreichungen in Hamburg stehen an. (Foto: dpa)


Der EU-Versender DocMorris und die Hamburger „Apotheke am Rothenbaum“ (Apo-Rot) kooperieren künftig im Versandhandelsgeschäft. Demnach wird DocMorris ab Ende 2018 den Onlineversand von Apo-Rot von Heerlen aus betreiben. Die vier stationären Apotheken von Apo-Rot in Hamburg sowie 18 Partnerschaften mit weiteren Apotheken sollen erhalten bleiben. Da das Versandzentrum von Apo-Rot geschlossen wird, werden zahlreiche Beschäftigte ihren Arbeitsplatz verlieren.

Es ist eine Vereinbarung mit Signalwirkung: Die ohnehin dominante Onlineapotheke DocMorris baut durch die Übernahme des Versandgeschäftes von Aporot ihre Marktstellung in Deutschland weiter aus. Die Inhaberin von Apo-Rot, Birgit Dumke, gibt mit der Vereinbarung das Versandgeschäft, das 2017 mit 780.000 Kunden einen Umsatz von rund 100 Millionen Euro erzielte, in die Hände eines mächtigen Marktteilnehmers, während sie gleichzeitig ihr stationäres Geschäft erhalten will.

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Wie die zur Schweizer Zur-Rose-Gruppe gehörende DocMorris und Apo-Rot gemeinsam in Presseerklärungen mitteilten, wird DocMorris ab Ende 2018 den Online-Versand von Apo-Rot vom niederländischen Heerlen aus betreiben, „ihn weiter ausbauen und mit der Hamburger Apotheke gemeinsame Strategien entwickeln.“ Geplant sei beispielsweise die Entwicklung eines elektronischen Medikationsplans. Die vier stationären Apotheken von Apo-Rot in Hamburg von Dumke sollen weitergeführt werden. Gleiches gelte für die Partnerschaft mit 18 Apotheken in ganz Deutschland. Außerdem soll das von Dumke entwickelte „Click&Collect“-Modell in den eigenen Filialen und den Partner-Apotheken fortgeführt werden. Dabei bestellen Kunden im Netz ihren Waren und holen diese anschließend in einer Apo-Rot-Apotheke ab. Dieses Modell soll laut Zur Rose in einer späteren Phase auch auf „den gesamten Kundenstamm von DocMorris“ ausgedehnt werden.

Die Transaktion von Apo-Rot und DocMorris steht den Mitteilungen nach unter dem Vorbehalt der zuständigen Wettbewerbsbehörden. Über die finanziellen Aspekte der Vereinbarung sei Stillschweigen vereinbart worden.

Zahlreiche Stellenstreichungen

Mit dem Inkrafttreten des Vertrages gegen Ende des Jahres – der exakte Tag des „Closing“ ist noch nicht definiert – darf Dumke nach Angaben eines Sprechers kein Versandgeschäft mehr betreiben. Während DocMorris die Logistik von Apo-Rot mit eigenen Ressourcen an der niederländisch-deutschen Grenze bündeln wird, werde das Logistikzentrum von Apo-Rot in Hamburg-Bahrenfeld mit seinen etwa 370 Mitarbeitern geschlossen.

Laut Apo-Rot hat die Hälfte der Beschäftigten unbefristete Verträge. Sie sollen die Möglichkeit erhalten, unter das Dach der Zur Rose-Gruppe in die Logistikzentren in Heerlen oder Bremen zu wechseln. Wie viele Mitarbeiter davon Gebrauch machen werden, sei aktuell noch nicht abzuschätzen: „Die Beschäftigten wurden am heutigen Donnerstag informiert“, so der Unternehmenssprecher gegenüber DAZ online. Die Nachricht sei für sie also noch „sehr frisch“. Ziel sei es aber, einen fairen Sozialplan und Abfindungsregelungen zu vereinbaren. Dazu würden in den kommenden Monaten Gespräche mit dem Betriebsrat, der Gewerkschaft Verdi und der Agentur für Arbeit geführt.  

Die Verträge der auf neun Monate befristet angestellten Mitarbeiter des Versandzentrums werden nach Informationen des Sprechers nicht verlängert. Sie würden auch nicht unter die Regelungen des Sozialplans fallen. Für die knapp 90 Mitarbeiter der stationären Apotheken soll sich den Angaben zufolge hingegen nichts ändern.

Zur Vereinbarung mit DocMorris gehöre auch die Überführung von mehr als 80 Mitarbeitern der Marketing- und Service-Teams sowie der allgemeinen Verwaltung in eine neue Gesellschaft mit Sitz in Hamburg. Von dort aus werde unter dem künftigen Dach weiterhin der Webshop von Apo-Rot vermarktet.

Apo-Rot: Erheblicher Wettbewerbsdruck

Als Beweggrund für diesen Schritt verweist Dumke in der Pressemitteilung darauf, dass „der erhebliche Wettbewerbsdruck und eine Gesetzeslage, die deutsche Apotheker für ihren Betrieb persönlich und alleinig haftbar macht und damit im europäischen Wettbewerb benachteiligt, mich zu diesem Schritt veranlasst“ haben. So erforderlich eine freie Wahl der Rechtsform für eine faire Chance im angespannten Markt der Versandapotheken wäre, so unzulässig sei sie hierzulande, so Dumke weiter. Dazu komme die in den europäischen Ländern unterschiedliche Rechtsprechung für die Preisgestaltung verschreibungspflichtiger Medikamente. Während niederländische Versandapotheken Kunden aus Deutschland Preisvorteile auf die Abgabe rezeptpflichtiger Arzneimittel gewähren dürften, seien den deutschen Anbietern in diesem Segment die Hände gebunden. 

Nach Angaben des Unternehmenssprechers soll mit dieser Vereinbarung keine vollständige Übernahme von Aporot durch DocMorris vorbereitet werden: „Das ist nicht der erste von zwei Schritten.“

Apo-Rot wurde 2002 gegründet

Gemeinsam mit ihrem Ex-Mann hatte Dumke laut der Mitteilung Apo-Rot 2002 mit der Strategie einer Verbindung von stationärer und digitaler Apotheke gegründet und zu einer der nach eigenen Angaben „fünf erfolgreichsten deutschen Online-Apotheken“ entwickelt. Als erste Apotheke am Markt habe Apo-Rot am HV-Tisch die gleichen Preise wie im Web-Shop angeboten. An dieser Preispolitik solle sich künftig „möglichst nichts ändern“. 

Die Schweizer Zur Rose-Gruppe bezeichnet sich mit ihren Marken Zur Rose und DocMorris als Europas größte Versandapotheke. Die Kunden in Deutschland und Österreich werden hauptsächlich von Heerlen aus beliefert. Die Zur Rose-Gruppe beschäftigt an den verschiedenen Standorten mehr als 1000 Mitarbeiter und erwirtschaftete im Geschäftsjahr 2017 einen Umsatz von 983 Millionen Schweizer Franken.

Zur Rose baut Marktstellung aus

Der Arzneimittel-Versandhandel und das Onlinegeschäft befinden sich seit Längerem im Umbruch. Da Größe und Skaleneffekte in dem Geschäft entscheidend für die Reichweite und den wirtschaftlichen Erfolg sind, liefern sich insbesondere die beiden Branchengrößen DocMorris und Shop Apotheke Europe seit geraumer Zeit ein Kopf-an-Kopf-Rennen bei Übernahmen und Kooperationen. So teilte Zur Rose mit, dass die Gruppe durch die Übernahme des Apo-Rot-Versandgeschäftes den nächsten strategischen Schritt mache, die Konsolidierung im größten europäischen Versandmarkt Deutschland weiter vorantreibe und ihre führende Marktposition in Europa ausbaue.



Thorsten Schüller, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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3 Kommentare

Mal dumm stellen ?

von gabriela aures am 24.05.2018 um 14:39 Uhr

"Nach Angaben des Unternehmenssprechers soll mit dieser Vereinbarung keine vollständige Übernahme von Aporot durch DocMorris vorbereitet werden: „Das ist nicht der erste von zwei Schritten".

1. sieht DocMo das auch so ?
2. was schert DocMo die Meinung der Verkäuferin, die nichts mehr zu sagen hat ?
3. wenn der Preis stimmt.....

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?

von Christiane Patzelt am 24.05.2018 um 13:07 Uhr

Und das ist rechtlich alles ganz sauber, dass jetzt ein ausländischer Versender in D einsteigt? Gelten hier keine Regeln mehr, nur weil Versandapotheken aus dem Ausland auf jeder verfluchten Sponsorentafel der deutschen Parteien stehen? So kauft man sich Gesundheitsversorgung ein? Und wir vor-Ortler ziehen alle ein langes Gesicht? Wo ist hier die behördliche Aufsicht, wo bleibt euer Aufschrei Kollegen?

Ab an die Rechner, per email/Brief n Termin mit Herrn Spahn gemacht, hier geschieht gerade ein Paradigmenwechsel!!! Der Konkurrent liegt jetzt mit uns im Bett, das Messer in der Tasche!

poststelle@bmg.bund.de

Machen wir n Gruppentermin, ne Demo vorm BMG, wat weiß ich!! Oder ist bei euch alles im Lack und ich bin nur hysterisch?
Leute....

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Paradigmenwechsel ?

von gabriela aures am 24.05.2018 um 14:47 Uhr

Den kann die Politik beim besten Willen nicht erkennen.
Vielmehr wird doch nachhaltig die Wahlfreiheit der Patienten gesichert und die Versorgung aufrechterhalten.
Alles andere wäre eine völlig unerwartete Entwicklung, welche die heute Verantwortlichen auf ihren dann einträglichen, neuen Posten erfreut ,ähh... nein, natürlich erstaunt , zur Kenntnis nehmen werden.

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