DAZ.online-Serie "die Besonderen"

St. Pauli: Kiez-Apotheke brennt für Pharmazie und Fußball

Berlin - 17.05.2018, 07:00 Uhr

Die Kiez-Apotheke in St. Pauli brennt für den hießigen Fußballverein und ist aus dem Stadtviertel nicht wegzudenken. (Foto: Apotheke am Paulinenplatz)

Die Kiez-Apotheke in St. Pauli brennt für den hießigen Fußballverein und ist aus dem Stadtviertel nicht wegzudenken. (Foto: Apotheke am Paulinenplatz)


Die Hamburger Kiez-Apotheke ist „ihrem" Fußballverein St. Pauli so eng verbunden, dass Mitglieder sogar OTC-Rabatte bekommen. Nach dem Abstieg des Lokalrivalen freut sich das Apothekenteam auf Derbys mit dem HSV. Seit 60 Jahren ist die „Apotheke am Paulinenplatz“ eine feste Institution für das Stadtviertel. Auch die neue Inhaberin versorgt die Bewohner von St. Pauli mit Herz. 

Des einen Leid ist des anderen Freud`  – das Team der Apotheke am Paulinenplatz jubelte über den HSV-Abstieg in der vergangenen Woche. Denn die Hamburger Kiez-Apotheke fiebert seit Jahrzehnten eng mit dem FC St. Pauli. Mitglieder und Dauerkarten-Inhaber bekommen 11 Prozent Rabatt auf OTC-Produkte. Egbert Waluschewski, der die Apotheke bis Ende April leitete, führte ein Fußballtagebuch. Aber auch HSV-Fans werden selbstverständlich beraten, versichert die neue Inhaberin, Dr. Ramona Kottke.

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Die Besonderen

Eng mit St. Pauli verbunden

Seit 60 Jahren ist die Apotheke eine feste Institution des Hamburger Stadtviertels. „Unsere Kiez-Apotheke ist für St. Pauli die erste Anlaufstelle in Gesundheitsfragen“, schildert die Apothekerin gegenüber DAZ.online. Zwar befindet sich keine Arztpraxis in unmittelbarer Nähe, aber die Stammkundschaft löst ihre Rezepte von weiter entfernten Verordnern treu in der Apotheke am Paulinenplatz ein. Das Apothekenteam hat sich auch auf die Touristen eingestellt, die das Stadtviertel besuchen und berät wahlweise in englischer, französischer spanischer oder türkischer Sprache.

Apotheke am Paulinenplatz
Die Schadenfreude über den Saisonabschluss ist in der Anzeige der Apotheke am Paulinenplatz nicht zu übersehen.

Die weltoffene Apotheke bietet zahlreiche Dienstleistungen an und engagiert sich auch in arbeitsaufwändigeren Therapiegebieten, wie etwa die Opioidsubstitution. Aktuell beziehen etwa 40 Patienten wöchentlich ihre Methadon-Ration in der Apotheke am Paulinenplatz. Den „Riesenbatzen“ an BtM-Dokumentation nimmt die Apothekerin für den guten Zweck in Kauf. „Die Substitutionstherapie ist eine Chance für Süchtige, ein normales Leben zu führen“, betont die Apothekenleiterin.

Stützpfeiler der Gesundheitsversorgung

Die neue Inhaberin weiß die gute Situation der Apotheke zu schätzen. Vom Versandhandel fühle sie sich nicht bedroht. „Ob das Rx-Versandverbot noch kommt, steht politisch in den Sternen. Sollte es nicht kommen, habe ich keine Angst. Wichtig ist, dass wir Apotheker uns durch aktive Beratung positionieren“, erläutert Kottke. Aus ihrer Sicht sollten alle Kollegen ihre pharmazeutische Kompetenz noch mehr nutzen und nach außen tragen.

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Für Kottke ist die Apotheke vor Ort nach wie vor alternativlos. Ein Versender kümmert sich nicht um Arzneimittelinteraktionen und ist im Akutfall nicht für die Patienten da. „Nur die Standortapotheke hat die Gesamtsituation des Patienten im Blick und ist ein wichtiger Stützpfeiler der Gesundheitsversorgung. Sollte dieser wegbrechen, haben wir ein Problem“, verdeutlicht die Pharmazeutin.

Auch wenn das Apothekengebäude von außen Nostalgie ausstrahlt, laufen drinnen die Arbeitsprozesse hochmodern und überwiegend elektronisch ab. Dass den Apothekern vielfach vorgeworfen wird, sie hinken bei der Digitalisierung hinterher, kann Kottke nicht nachvollziehen. „Unsere Apotheke ist bei der Digitalisierung auf dem neusten Stand. Allerdings bevorzugen viele Ärzte immer noch den Kommunikationsweg über Fax“, erklärt die Pharmazeutin.

Apothekerberuf ist Herzensangelegenheit

Die 35-Jährige leitet die Kiez-Apotheke seit dem ersten Mai gemeinsam mit ihrem Mann Dr. Tim Kottke. Während des Studiums liebäugelte sie mit einer Tätigkeit in der Pharmaindustrie oder Forschung. Ihre Leidenschaft zur Offizin-Pharmazie habe sie nach ihrer Promotion wiederentdeckt. „Für mich ist der Apothekerberuf eine Herzensangelegenheit“, erklärt Kottke. Aber zum Apothekerberuf solle man sich ernsthaft berufen fühlen und es schade nichts, sich zuvor auf anderen Gebieten auszuprobieren.



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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