Engpass bei Alpha-Methyldopa

Hypertonie in der Schwangerschaft: Standardmittel fehlt 

Stuttgart - 16.05.2018, 12:15 Uhr

Das Mittel der Wahl bei Bluthochdruck in der Schwangerschaft, Alpha-Methyldopa, war in letzer Zeit in den Apotheken Mangelware. (Foto: didesign / stock.adobe.com)

Das Mittel der Wahl bei Bluthochdruck in der Schwangerschaft, Alpha-Methyldopa, war in letzer Zeit in den Apotheken Mangelware. (Foto: didesign / stock.adobe.com)


Alpha-Methyldopa ist das Mittel der Wahl bei Hypertonie in der Schwangerschaft. Leider war in letzter Zeit keines der im Markt befindlichen Präparate, deren Anzahl ohnehin überschaubar ist, verfügbar. Woran das liegt? DAZ.online hat bei den Herstellern nachgefragt – und zumindest von einem gibt es gute Nachrichten.

Hochdruckerkrankungen in der Schwangerschaft sind gar nicht mal so selten. Sie treten laut Leitlinie bei 6 bis 8 Prozent aller Schwangerschaften auf. Sie sind für 20 bis 25 Prozent der perinatalen Todesfälle verantwortlich und stehen in Europa an erster oder zweiter Stelle der mütterlichen Todesursachen. Dabei ist die Präeklampsie von besonderer Bedeutung – 10 bis 15 Prozent aller mütterlichen Todesfälle stehen damit im Zusammenhang. Wird bei einer Schwangeren, die zuvor normalen Blutdruck hatte, nach der 20. Woche ein Wert von 140/90 mmHg oder mehr gemessen, spricht man von einer Gestationshypertonie. In 46 Prozent der Fälle entwickelt sich hieraus eine Präeklampsie. Wird der Bluthochdruck schon vorher festgestellt, wird er als chronische Hypertonie klassifiziert.

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Das individuelle Risiko zählt

„Gelingt es mit Allgemeinmaßnahmen nicht, den Blutdruck unter 150/100 mmHg zu halten, muss eine medikamentöse antihypertensive Therapie eingeleitet oder eine vorbestehende Medikation intensiviert beziehungsweise wieder aufgenommen werden. Bei der Wahl des Antihypertensivums sind mögliche Auswirkungen auf die fetale Entwicklung zu berücksichtigen.“ So steht es in der sich derzeit in Überarbeitung befindlichen Leitlinie „Hypertensive Schwangerschaftserkrankungen: Diagnostik und Therapie“. Auch Frauen mit Kinderwunsch und chronischer Hypertonie sollten mit Arzneimitteln behandelt werden, die in der Schwangerschaft geeignet sind. ACE-Hemmer und Sartane kommen zum Beispiel unter anderem nicht in Frage.

Überschaubare Auswahl

Mittel der 1. Wahl für eine Behandlung und als einziger Wirkstoff ohne Einschränkung geeignet ist Alpha-Methyldopa. So sehen es auch die Experten von Embyrotox: „Alpha-Methyldopa ist Mittel der 1. Wahl zur Behandlung der chronischen Hypertonie in der Schwangerschaft.“ Nur leider war Alpha-Methyldopa in letzter Zeit nicht lieferbar. Das Angebot bei diesem Wirkstoff ist ohnehin überschaubar. Nur drei Hersteller haben ihn im Sortiment: Da ist Teofarma mit Presinol®, das in drei Stärken zu haben ist – 125, 250 und 500 mg – sowie Stada/Aliud mit Methlydopa® Stada und Chelapharm mit Dopegyt® – jeweils in der Stärke 250.

Wann gibt es wieder Alpha-Methyldopa?

Stada bestätigt den Engpass. Die Schwierigkeiten bei der Lieferbarkeit von Methyldopa resultierten aus Lieferschwierigkeiten des Wirkstoffherstellers, heißt es. Das Unternehmen geht davon aus, dass das Produkt ab circa Mitte Juni 2018 wieder lieferbar sein wird. Und der Lieferengpass bei Stada blieb anscheinend nicht ohne Folgen. So erklärt Chelapharm auf Nachfrage: „Es stimmt. Seit etwa 3 Wochen sind nun leider auch wir lieferunfähig. Hintergrund ist die Lieferunfähigkeit der deutschen Mitbewerber wie Stada oder Aliud seit Anfang des Jahres. Darauf waren / wurden wir leider nicht vorbereitet. Der Lohnhersteller benötigt mindestens ein halbes Jahr Vorlaufzeit für die Produktion, so dass am regulären Fertigstellungstermin (KW 27) leider nicht mehr viel zu machen war. Voraussichtlich werden wir also ab KW 28 wieder ausliefern können.“ 

Gute Nachrichten gibt es allerdings von Teofarma Presinol®. Die Stärken 125 und 250 mg liefere man bereits wieder an den Großhandel aus, heißt es seitens der Firma. Mit der Stärke 500 mg sei Ende Mai zu rechnen.

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Was sind die Alternativen?

Mögliche Alternativen, und in der Leitlinie als „eingeschränkt geeignet“ klassifiziert, sind Nifedipin retard oder kardioselektive Betablocker. Als Wirkstoff der Wahl gilt hier Metoprolol. Ein erhöhtes Risiko fetaler Wachstumseinschränkungen ist allerdings zu beachten – das gilt für Betablocker allgemein.

Alle anderen Standardantihypertonika, wie Diuretika, Sartane und ACE-Hemmer, sind nicht geeignet.  



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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1 Kommentar

Ende Juli und es gibt sie immer noch nicht

von grml am 28.07.2018 um 23:26 Uhr

War heute in der Apotheke und es ist nicht nur STADA sondern auch die beiden Ersatzmedikamente nicht mehr verfügbar. Laut Apothekerin ist es auch nicht absehbar, wann die Firmen wieder liefern.

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