Polen digitalisiert seinen Gesundheitssektor 

Kick-off für E-Rezepte und E-Patienten-Konto

Remagen - 14.05.2018, 16:50 Uhr

(Foto:Adam / stock.adobe.com)

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Polen hat die Möglichkeiten für Effizienzsteigerungen, etwa durch die Einführung von E-Rezepten und elektronischen Patientenkonten in der Gesundheitsversorgung erkannt. Nun geht es an die Umsetzung. Die Telemedizin ist dort bereits Realität, wenn auch bislang nur im privaten Sektor. 

Polen bewegt sich Schritt für Schritt hin zur Digitalisierung seiner Gesundheitsversorgung. Dies ist in einem aktuellen Markteinblick der Wirtschaftsförderungsgesellschaft der Bundesrepublik Germany Trade & Invest (GTAI) nachzulesen. Obwohl bis dato nur im privaten Sektor praktiziert, erfreue sich die Telemedizin dort wachsender Beliebtheit, heißt es darin. Nach einer Studie der Consulting-Firma PricewaterhouseCoopers (PwC) soll sich die Zahl der in Polen durchgeführten Telekonsultationen im Jahr 2015 gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppelt haben. Für die vergangenen Jahre würden jährlichen Zuwächse von rund 20 Prozent verzeichnet, teilt GTAI unter Berufung auf die polnische Tageszeitung Rzeczpospolita mit. Fast 60 Prozent der Patienten in zentral-und osteuropäischen Ländern inklusive Polen bekundeten, die Telemedizin nutzen zu wollen. Nur jeder zehnte lehne sie kategorisch ab. 

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Bislang soll sich der Nationale Gesundheitsfonds (Narodowy Fundusz Zdrowia, NFZ) aber noch dagegen sperren, Initiativen zur Einführung der Telemedizin finanziell zu unterstützen, schreibt GTAI weiter. Ein Programm, das hier Abhilfe schaffen könnte, ist POZ Plus (Podstawowa Opieka Zdrowotna/Medizinische Grundversorgung), ein von der EU kofinanziertes Pilotprojekt, das 300.000 Patienten abdecken soll. Es wird von der Europäischen Union mit 73 Mio. Polnischen Zloty (rund 17 Millionen Euro) bezuschusst. Im Haushalt des NFZ sind weitere 43 Millionen Zloty (ca. 10 Millionen Euro) dafür reserviert. 

Das Projekt soll die Effizienz der Versorgung steigern. Hierzu sollen unter anderem Patienten mit elf chronischen Krankheiten schneller an Fachärzte überwiesen und der Gesundheitszustand der Einwohner generell schneller erfasst werden, auch durch die Telemedizin. Die ersten Teilnahmeverträge mit den angepeilten 45 bis 50 POZ-Stellen will der NFZ im Juni 2018 unterzeichnen.

E-Rezepte und E-Patienten-Konto

Als weiteren Vorstoß zur Digitalisierung der Gesundheitsversorgung neben POZ Plus führt GTAI ein Programm zur Einführung elektronischer Rezepte an. Nach dem Start einer Testphase in den Städten Siedlce und Skierniewice im April 2018 sollen sich in den kommenden Monaten weitere Patienten von Ambulanzen dem Pilotprojekt anschließen können. Die Einführung des E-Rezepts steht in Zusammenhang mit der Schaffung des Internet-basierten Patienten-Kontos (Internetowe Konto Pacjenta; IKP). 

Ein Gesetzentwurf dazu wurde den betroffenen Kreisen im März 2018 zur Stellungnahme vorgelegt. Ab Anfang 2020 soll das Konto für jeden Bürger Polens zur Verfügung stehen. Bis dahin läuft ein eingeschränktes Pilotprojekt. Langfristig soll das IKP den Patienten online einen Überblick über ihre medizinischen Behandlungen, ausgestellte Rezepte sowie über Überweisungen an Fachärzte und Krankenhäuser liefern. 

Außerdem sollen sie über das IKP auf elektronischem Wege Erklärungen abgeben können, wie zum Beispiel das Einverständnis für eine Behandlung zusagen oder eine Vollmacht einrichten können, mit der andere Personen Informationen über seinen Gesundheitszustand einholen können.  

Online-Portal vermittelt den passenden Arzt

Weiterhin schildert der GTAI-Bericht, wie polnische Patienten bei privaten Anbietern schon heute schnell und virtuell medizinische Unterstützung bekommen können. Als Beispiel dafür wird das Portal Wirtualna Polska mit der Gesundheitsplattform „abcZdrowie.pl“ genannt. 

Dort erhalten Patienten nicht nur ärztliche Online-Beratungen und allgemeine Gesundheitsinformationen. Sie können auch Arzttermine buchen, wofür mehrere Tausend Ärzte zur Verfügung stehen, Tendenz steigend. Für jede über das Portal vermittelte Visite zahlen die Ärzte dem Portal eine Provision.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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