TV-Reportage im Mittagsmagazin

Schmidt beschwert sich bei der ARD über DocMorris-Werbung

Berlin - 02.05.2018, 07:00 Uhr

Kein Verständnis hat ABDA-Präsident Friedemann Schmidt für die Beiträge des ARD-Mittagsmagazins zum Apothekenmarkt. (Foto: Imago)

Kein Verständnis hat ABDA-Präsident Friedemann Schmidt für die Beiträge des ARD-Mittagsmagazins zum Apothekenmarkt. (Foto: Imago)


Das ARD-Mittagsmagazin muss sich derzeit Kritik von vielen Apothekern gefallen lassen. Grund für die Aufregung sind zwei Beiträge der ARD-Sendung über den Arzneimittel-Versandhandel, die fehlerhaft und meinungsbeladen sind. Auf Facebook diskutieren inzwischen mehrere Pharmazeuten mit DocMorris über die Beiträge. Nun ist auch ABDA-Präsident Friedemann Schmidt angesprungen und hat der ARD einen Brief geschrieben.

Die vergangenen beiden Wochen waren aus politischer Sicht nicht einfach für die Apotheker. Erstmals gab es Stimmen aus dem Bundesgesundheitsministerium zum Rx-Versandverbot, die mehr zweifelnd als überzeugt klangen. Dann war da noch der CDU-Arzneimittelexperte Michael Hennrich, der nach anderthalb Jahren vom Rx-Versandverbot Abstand nahm. Und dazu kamen noch zwei Beiträge des ARD-Mittagsmagazins über den Arzneimittel-Versandhandel: Ein Erklär-Video zu den steigenden Gesundheitsausgaben, der Apothekenzahl und dem Versandhandel sowie eine Mini-Reportage über eine DocMorris-Kundin.

In dem Erklär-Video stellt die ARD-Redaktion beispielsweise grob irreführend die Apothekenzahl dar. Der Zuschauer bekommt den Eindruck, dass Deutschland überversorgt ist. Europaweit hätten nur Frankreich und Spanien mehr Apotheken, heißt es. Und: Es gebe hierzulande 24 Apotheken pro 100.000 Einwohner – doppelt so viele wie in den Niederlanden und drei Mal so viel wie in Dänemark. Dass Deutschland mit dieser Apothekendichte im Europa-Vergleich im unteren Mittelfeld liegt, bleib völlig unerwähnt. Nach einigen weiteren Ungereimtheiten beschäftigt sich die ARD-Sendung mit den steigenden Gesundheits- und Arzneimittelausgaben, dem Rx-Versand, seinem Marktanteil und Rx-Boni. Das Nachrichtenmagazin schließt sein Erklär-Video mit der wenig ausgewogenen Aussage: „Wenn alle Online-Apotheken Rabatte anbieten dürften, könnte das gesamte deutsche Gesundheitssystem profitieren.“

Redaktion: Warum dürfen nicht alle Apotheken Boni geben?

Und auch die Mini-Reportage ist nicht viel ausgewogener. Hier heißt es schon in der redaktionellen Einleitung: „Online einkaufen spart Geld und Zeit, gerade auf dem Land, wo die Wege weit sind. Deshalb bestellen viele auch ihre Medikamente im Internet.“ Im Fokus steht eine Kundin, die eigenen Angaben zufolge bei DocMorris bestellt. An mehreren Stellen sind Logos des EU-Versenders und die Internetseite zu sehen. Auch in diesem Beitrag erklärt die Moderatorin, dass die Patienten die Verlierer seien, wenn nicht alle Apotheken Rx-Boni anbieten dürften. Außerdem wird die DocMorris-Kundin in ihrem Auto auf dem Weg zur nächstgelegenen Apotheke gefilmt. Ihr sei der Weg einfach zu weit, erklärt sie.

Seit Tagen steht die ARD-Redaktion unter Beschuss wegen der Beiträge. Auf der Internetseite der Sendung ist von „tendenziösem Erziehungs-TV“ oder „Schleichwerbung mit Gebührengeldern“ die Rede. Noch heftiger fällt die Kritik an dem öffentlich-rechtlichen Sender auf Facebook aus. Auch hier fragen sich die Kommentatoren unter anderem, ob „der Beitrag von DocMorris gesponsert“ sei. Schließlich seien es die Apotheken, die hierzulande Arbeitsplätze sichern und Steuern zahlen. Mit Bezug auf den Vorwurf, dass der Beitrag von DocMorris bezahlt sein könnte, erklärt die Redaktion verteidigend: „Nein war er nicht. Unsere Protagonistin bestellt dort einfach gerne. Ihre Fragen sind total wichtig. Über Arbeitsplätze z.B. denken wir wahrscheinlich oft erst im zweiten Schritt nach. Die Prioritäten sind oft erstmal: Wege und Preis.“

Schmidt: Beitrag hat Befremden ausgelöst

Schließlich sprechen einzelne Apotheker Einladungen für die ARD-Redakteure aus, damit diese sich vor Ort ein Bild über die Leistungen der Pharmazeuten machen. An dieser Stelle mischt sich auch DocMorris in die Diskussion ein. „Selbstverständlich laden wir Sie auch jederzeit nach Heerlen zur Apotheke DocMorris ein. Auch hier können Sie sich ein umfassendes Bild über Arbeitsplätze, Arzneimitteltherapiesicherheit, Rezeptur und pharmazeutische Beratung sowie die Digitalisierung in der Apotheke machen“, heißt es in dem Post des EU-Versenders.

Am Freitag hat dann auch die ABDA auf die Diskussion reagiert. ABDA-Präsident Friedemann Schmidt hat der ARD-Redaktion einen Brief geschickt. In dem Schreiben, das DAZ.online vorliegt, erklärt er, dass die Berichterstattung in der Apothekerschaft „Befremden ausgelöst“ habe, da im Hinblick auf eine ausgewogene Berichterstattung wichtige Fakten unerwähnt geblieben seien. Schmidt stört sich zum Beispiel an der Darstellung des Marktanteils von Versandapotheken: „Es wird auf den kleinen Markanteil der Versandapotheken von ca. 1 Prozent bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln verwiesen. Unerwähnt dabei bleibt, dass der Marktanteil ausländischer Anbieter rasant wächst, seit die Preisbindung für sie nicht mehr gilt.“

Schmidt: Gesundheitswesen profitiert nicht von Rx-Boni

Außerdem beschwert sich Schmidt über die Aussage der ARD-Redaktion, dass das gesamte Gesundheitswesen profitieren könnte, wenn alle Apotheker Rx-Boni gewähren dürften. Der ABDA-Präsident dazu: „Das ist nicht zutreffend. Boni beeinflussen die Ausgaben für die gesetzliche Krankenversicherung nicht. Sie gehen an den einzelnen Patienten, auch dann, wenn dieser, beispielsweise als chronisch Kranker, ohnehin von Zuzahlungen befreit ist und von der Versichertengemeinschaft kostenfrei gestellt wird.“

Der ABDA-Präsident weist in dem Schreiben auch darauf hin, dass „die beiden größten Anbieter nach eigenem Bekunden einen Marktanteil von bis zu 25 Prozent in den nächsten Jahren anvisieren würden“. Auf welche Aussage sich die ABDA und Schmidt hier beziehen, wird allerdings nicht weiter erklärt. In jedem Fall stört sich Schmidt auch an der recht einseitigen Darstellung der beiden Beiträge: „Diskutabel ist aus unserer Sicht darüber hinaus, dass in dem Beitrag auf die positive, beinahe werbliche Darstellung eines bestimmten Unternehmens rekurriert wird, anstatt generisch und neutral über die Versandhandelsbranche als Ganzes zu berichten“, so Schmidt.

ABDA: Kein Convenience-Faktor im Versandhandel

Aus Sicht der ABDA wird der Versandhandel in dem Beitrag außerdem zu empathisch dargestellt. Schmidt schreibt: „Der Fernsehbeitrag stellt auf einen besonderen Convenience-Faktor im Versandhandel ab. Dabei wird nicht erwähnt, dass der Kunde bei verordnungspflichtigen Arzneimitteln das Rezept per Post einschicken und mehrere Tage auf den Erhalt der Arzneimittel warten muss, während die Apotheken vor Ort Medikamente in der Regel unmittelbar abgeben können.“

Aber auch über die faktisch unsauberen Darstellungen beschwert sich die ABDA: Denn die oben beschriebene Darstellung der Apothekendichte ist auch aus Sicht der ABDA nicht ganz sauber. Dies sei nicht zutreffend, schreibt Schmidt. Die Apothekendichte in Deutschland liege mit 24 Apotheken pro 100.000 Einwohnern deutlich unter dem europäischen Durchschnitt von 31.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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3 Kommentare

Mittagsmagazin auch schon "gepimpt"?

von Heiko Barz am 02.05.2018 um 16:47 Uhr

"Lügenpresse" mit gefährlichen, da überaus verantwortungslos recherchierten Fakten. Aber diese Art des "neuen" Journalismus ist uns berufsbedingten Analysen-Junkies keineswegs fremd.
"Hart aber Fair" wäre mal ein Weg, nur wir Apotheker sind bundesweit politisch zu unwichtig.
Wir machen unsere Arbeit, die von allen Seiten als soziale Komponente als selbstverständlich angesehen wird. Keiner, auch die" Mediaten" selber, können sich eine apothekenlose Zukunft auch in Abstraktion nicht vorstellen.
Wie aber funktioniert solch ein Journalistenhirn?
Es müssen Schlagzeilen her und nichts wäre schöner für die Presse als eine Aussage wie: ....Endlich, die Apothekerlobby ist eingebrochen....und dann freut man sich, die vielen Ju Hu rufenden Facebook-Kommentare zu lesen, meist geschrieben von vollkommen desinformierten Nerds, denen beim Begriff Apotheke nur noch das in den Medien breitgetretene Wort DocMorris einfällt. Leider, und das ist der medialen Kunst dieser Holland-Piraten zu verdanken, wird bei jeder öffentlichen Diskussionen um Arzneimittel mehr über diese "Firma" debattiert als über die tatsächliche und wohnortnahe Apotheke vor Ort.
"Wohnortnahe Arzneimittelversorgung" ist der Begriff, der den Hölländern (?) wie ein Balken im Auge steht. Wenn es denen und den KKassen gelingt, gegen das Wohl ihrer Beitragszahler dieses Alleinstellungsmerkmal der Deutschen Apotheke zu beseitigen, dann könnten wir uns abmelden.

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ARD-Mittagsmagazin

von Wolfgang Steffan am 02.05.2018 um 8:56 Uhr

Nun, wen wundert´s ? DocMorris verfügt halt über PR-Profis
und "unsere" ABDA über PR-Stümper. In Berlin steckt man
unsere Beitrags-Millionen lieber in teuere Paläste anstatt in
die Öffentlichkeitsarbeit !

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gezielte Aktion

von Dr Schweikert-Wehner am 02.05.2018 um 8:51 Uhr

eigentlich hat ja nur der Regierungssender dass offizielle Aus für das RX-Versandverbot verkündet.

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