Neurodermitis und Juckreiz

Nicht kratzen – so kann es gelingen

Stuttgart - 28.04.2018, 09:00 Uhr

Das juckt! Wie können Eltern ihre Kinder vom Kratzen abhalten? (Foto: Gina Sanders / Stock.adobe.com)

Das juckt! Wie können Eltern ihre Kinder vom Kratzen abhalten? (Foto: Gina Sanders / Stock.adobe.com)


Viele Neurodermitis-Betroffene genießen wohl gerade die Sonne, sie tut ihnen gut. Im Winter trocknet die Haut oft zusätzlich aus. Andererseits kann die aktuelle Pollensaison auch zu einem Neurodermitisschub beitragen. Ebenso können sich Hitze und Schweiß negativ auswirken. Gerade bei Kindern will man nicht so schnell die Cortisoncreme zücken. Da ist es gut ein paar Anti-Kratz-Tipps zu kennen, die langfristig Abhilfe schaffen.

Wenn es juckt, dann tut Kratzen einfach gut. Gerade deshalb, ist es Kindern oft schwer beizubringen, das Kratzen sein zu lassen. Ein schwedisches Forscherteam hat in einer kleinen randomisierten Studie Kinder zwischen fünf und 13 Jahren untersucht. Darüber berichtete der Allergieinformationsdienst des Helmholtz-Zentrums in München. Insgesamt 39 Kinder wurden in zwei Gruppen eingeteilt: In der Kontrollgruppe erhielten die Eltern nur die Anweisung, das Kind 30 Minuten am Tag intensiv zu beobachten. Betroffene Hautstellen wurden mit einer Mometasonfuroat-Creme behandelt. In der Interventionsgruppe mussten die Eltern zusätzlich zur Cortisoncreme alternative Verhaltensweisen mit dem Kind einüben. 

Statt Kratzen

  • 30 Sekunden lang die Fäuste ballen
  • anschließend juckende Stelle leicht kneifen
  • zusätzlich Fingernagel hineinpressen 

Die alternativ eingeübten Verhaltensweisen (siehe Kasten) schädigen die Haut nicht. Die Kinder machen aber die Erfahrung, dass der Juckreiz nachlässt. Eltern sollen das Kratzen nicht verbieten, sondern die Kinder loben, wenn sie die Alternativmethoden anwenden. Dieses sogenannte Habit-Reversal-Training (HRT) soll bei Erwachsenen in mehreren Studien den Hautzustand verbessert haben. Anhand der kleinen Studie konnte nun auch für Kinder gezeigt werden, dass die Kombination aus HRT und Glucocorticoid-Behandlung besser funktioniert, als eine Cortison-Creme allein. 

Langzeiteffekt spricht für Anti-Kratz-Schulung

Vor Beginn der Behandlung hatten alle Kinder eine mittelschwere bis schwere Neurodermitis (SCORAD-Werte von 39,7 und 37,7; Scoring Atopic Dermatitis). Nach drei Wochen verbesserte sich der Hautzustand in der Interventionsgruppe um durchschnittlich 31,9 Punkte. Die Kinder hatten also nur noch eine leichte Neurodermitis. In der Kontrollgruppe sank der Wert nur um 23,9 Punkte und lag somit bei 13,8. 

„Objektive“ Haut-Scores 

Nach deutscher Neurodermitis-Leitlinie zählen zu den validierten Haut-Scores, die empfohlen werden:

  • der SCORAD (Scoring Atopic Dermatitis Index), in dem die Intensität der Hautveränderungen sowie deren flächenhaftes Ausmaß, daneben aber auch subjektive Parameter (Schlaflosigkeit und Juckreiz) einbezogen werden; die maximale Punktzahl (maximal schwer ausgeprägte Neurodermitis) für den SCORAD beträgt 103 
  • der EASI (Eczema Area and Severity Index): Die maximale Punktzahl für den EASI beträgt 72 

Nach acht Wochen waren in der Interventionsgruppe die SCORAD-Werte immer noch um 31,7 Punkte niedriger als zu Beginn. In der Kontrollgruppe lag die Differenz nur noch bei 19,7 Punkten statt bei 23,9.



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Aktualisierte europäische Leitlinie empfiehlt Biologika und JAK-Inhibitoren

Was gibt es Neues bei atopischer Dermatitis?

Warum viele Neurodermitis-Patienten Glucocorticoide meiden

Wer hat Angst vor Cortison?

Neue Strategien und Entwicklungen zur Prävention und Therapie der Neurodermitis

Proaktiv, mikrobiotisch, antientzündlich

Basistherapie bei Neurodermitis

Stabile Schutzschicht

Neue Wirkstoffe gegen atopische Dermatitis im Markt und in der Pipeline

Blick in die Zukunft

Neurodermitische Kinderhaut braucht konsequente Pflege

Gegen Rötung, Schuppen und Juckreiz

Längere Dosisintervalle durch Eingriff in den OX40-Signalweg möglich

Neues Target bei atopischer Dermatitis

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.