Wirkung auf öffentliche Gesundheit

Studie: Apotheker helfen in der Gesundheitsförderung

Remagen - 24.04.2018, 14:40 Uhr

Laut einem aktuellen Review ist die positive Auswirkung der apothekerlichen Beratung auf die öffentliche Gesundheit nachgewiesen. (Foto: Imago)

Laut einem aktuellen Review ist die positive Auswirkung der apothekerlichen Beratung auf die öffentliche Gesundheit nachgewiesen. (Foto: Imago)


In vielen Ländern werben Apotheker gegenüber der Gesundheitspolitik damit, dass sie durch den niederschwelligen Zugang eine wichtige Rolle in der Versorgung spielen, dass sie die Qualität der Versorgung verbessern und außerdem Kosten sparen helfen. Das ist schwer nachzuweisen. Ein neuer Review hat die weltweite wissenschaftliche Datenlage dazu aufbereitet.

Im Pharmaceutical Journal ist ein Review erschienen, der die relevante Literatur zur Bedeutung der Offizinapotheker für die öffentliche Gesundheit bewertet. In die Erhebung eingeschlossen wurden 73 Publikationen, darunter zwei Metaanalysen, sieben Literatur-Reviews, 23 interventionelle und 41 deskriptive Studien, die seit dem Jahr 2000 in elektronischen Datenbanken veröffentlicht wurden. Im Ergebnis konnten die Autoren für einige Interventionen von Offizin-Apothekern tatsächlich Nachweise für eine Wirkung auf die öffentliche Gesundheit finden.

Raucherentwöhnung

Zwei Metaanalysen befassten sich mit der Apotheken-begleiteten Raucherentwöhnung. In einer Analyse von Studien aus 2016 mit insgesamt 1426 Rauchern konnten in der Interventionsgruppe bessere Abstinenz-Raten nachgewiesen werden als in der Gruppe mit der üblichen Versorgung.

Die andere aus dem Jahr 2014, in die mehr als 11.000 Raucher einbezogen waren, zeigte höhere Wahrscheinlichkeiten, mit dem Rauchen aufzuhören, wenn die Apotheker die Betroffenen dabei aktiv unterstützten.

Gesundheitsförderung

In einer interventionellen Studie aus Spanien zeigte sich, dass die Patienten nach der Durchführung einer Kampagne zur Gesundheitsförderung zufriedener und über das Gesundheitsthema, um das es ging, besser informiert waren. Sie hatten auch eine bessere Wahrnehmung des Apothekers und erkannten die öffentliche Apotheke als Bezugspunkt für die Lösung gesundheitlicher Probleme an.

Außerdem verweisen die Autoren auf eine Befragung von 3470 öffentlicher Apotheken in Bayern hinsichtlich etwaiger Aktionen zur präventiven Gesundheitsförderung aus dem Jahr 2010. Von den 520 antwortenden Apotheken hatten etwa 60 Prozent im Jahr davor mindestens eine präventive Gesundheitsaktion durchgeführt, und die Hälfte bot mindestens einmal pro Jahr eine Veranstaltung zur Gesundheitserziehung an. In der Untersuchung wurden danach in 50 Apotheken auch die Kunden befragt, um den Bedarf solcher Aktionen abzuschätzen. Die 1800 Responder erachteten die Apotheker für 29 von 31 präventiven Gesundheitsleistungen als bevorzugte Anlaufstelle.

Krankheits-Screenings

Mehrere Studien belegen die Wirksamkeit von Apotheken-basierten Screenings zur frühzeitigen Erkennung von Krankheiten und Identifizierung von Patienten mit einem erhöhten Risiko dafür. So identifizierte ein Schlaganfall-Screening-Programm mit 30 Apotheken und 1145 Teilnehmern in Kanada eine hohe Prävalenz von Einzelpersonen, die von Schlaganfall-Präventionstherapien profitieren könnten. Ähnliche Belege fanden die Autoren zu Diabetes-Screening-Programmen in Australien und einem kombinierten Diabetes und Bluthochdruck-Screening in Deutschland. Nach einem Pilotprojekt in den USA zu einem HIV-Schnelltest in Apotheken könnte auch dies eine nützliche Option sein.

Versorgung mit Notfallkontrazeptiva und Impfungen

Gleich drei Reviews belegen den verbesserten Zugang zu hormonalen Notfallkontrazeptiva über die Apotheken. Außerdem wird der Service von den Nutzern hoch geschätzt, und die Notfalleinrichtungen der Gesundheitsversorgung werden entlastet.

Nach einer Studie aus Kanada konnte dort eine erheblich Steigerung der Impfraten bei Kindern bis zu fünf Jahren und bei Senioren über 65 Jahren erzielt werden, nachdem den Apotheken erlaubt worden war, Grippeimpfungen zu verabreichen.

Ein Literatur-Review von 47 Studien aus den USA lässt weiterhin darauf schließen, dass die Impfraten und die Deckung der Immunisierung bei Erwachsenen mit zunehmender Zuweisung der Kompetenz an die Apotheker angehoben werden konnten.

Während in der Influenza-Saison 2014-2015 bereits bis zu ein Viertel der Grippeimpfungen in öffentlichen Apotheken verabreicht wurden, soll der Impfservice etwa für Windpocken, Tetanus, Diphtherie oder Hepatitis allerdings noch nicht in dem Ausmaß genutzt werden, wie dies möglich wäre.

Kosteneffektivität in Großbritannien belegt

Nachweise für die Kosteneffektivität von besonderen Gesundheitsleistungen der öffentlichen Apotheken kommen vor allem aus Großbritannien. Dort hatte das Pharmaceutical Services Negotiating Committee (PSNG) im Jahr 2016 zwölf Dienstleistungen der Apotheken in den Bereichen öffentliche Gesundheit (zum Beispiel Notfall-Kontrazeption), Unterstützung bei der Selbstbehandlung bei geringfügigen Beschwerden sowie pharmazeutische Betreuung inklusive der Verbesserung des Zugangs zu Medikamenten, Medikationsmanagement, Beratung über neue Medikamente usw. im Hinblick auf die Kostenwirksamkeit untersuchen lassen.

Die Experten schätzten die Höhe der Ausgabenvermeidung für den NHS und andere Einrichtungen des öffentlichen Sektors durch den Einsatz der Offizinapotheken auf rund 3 Milliarden Britische Pfund. Damit würde die Wertschöpfung allein aus den zwölf Services den gesamten Betrag der staatlichen Vergütung der Apotheken im selben Jahr in Höhe von 2,8 Milliarden Pfund mehr als aufwiegen, so das Fazit.

Allerlei Hindernisse und fehlende Wahrnehmung

Als Haupthindernisse für die Ausweitung von Dienstleistungen der öffentlichen Apotheken zur Verbesserung der öffentlichen Gesundheit werden in dem Review mannigfaltige Aspekte ermittelt, angefangen vom Zeitmangel über die unzureichende Ausbildung für spezielle Services bis hin zu den ungeeigneten räumlichen Gegebenheiten in den Apotheken. Hinzu kommen rechtliche Schranken und die fehlende Vergütung entsprechender Services. Auch würden die Kompetenzen der Apotheker bislang weder in der allgemeinen Öffentlichkeit noch von anderen Gesundheitsversorgern und der Gesundheitspolitik ausreichend wahrgenommen, stellen die Autoren fest.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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