Europäische Impfwoche

In diesen Ländern dürfen Apotheker impfen

Remagen - 24.04.2018, 10:10 Uhr

In welchen Ländern dürfen Apotheker in welchem Umfang impfen? DAZ.online-Autorin Helga Blasius zeigt einige Beispiele auf. (Foto: Imago)

In welchen Ländern dürfen Apotheker in welchem Umfang impfen? DAZ.online-Autorin Helga Blasius zeigt einige Beispiele auf. (Foto: Imago)


Anlässlich der Europäischen Impfwoche (EIW), die derzeit läuft, darf das Thema „Impfen in Apotheken“ natürlich nicht fehlen. Die deutschen Apotheker können hierzu bislang keine eigenen Erfahrungen beisteuern, weil sie selbst keine Impfungen verabreichen dürfen. In anderen Ländern hat sich dies schon längst eingebürgert, überwiegend mit sehr guten Erfahrungen.

Impfen in der Apotheke, das ist in einer Reihe von Ländern auf der ganzen Welt gang und gäbe. In einer Umfrage im Auftrag des Welt-Apothekerverbandes FIP, deren Ergebnisse 2016 in dem Bericht „An overview of current pharmacy impact on immunization” veröffentlicht wurden, gaben 13 von 45 Responderländern an, dass Apotheker bei ihnen in der Offizin impfen dürften. Hierzu gehören Australien, Dänemark, Großbritannien, Irland Kanada, Neuseeland, Portugal, Schweiz, Südafrika und die USA.

Hervorragende Anlaufstelle zur Verbesserung der Immunisierungsraten

Heute leben auf der Erde 940 Millionen Menschen in Ländern, in denen mehr als 193.000 öffentliche Apotheken theoretisch Impfungen durchführen könnten, ist in dem Bericht weiter nachzulesen. Hochgerechnet auf die Weltbevölkerung könnte damit jeder achte Erdbewohner den Service in einer Apotheke in Anspruch nehmen. „Der einfache Zugang und die Verteilung der öffentlichen Apotheken macht sie zum ersten Kontaktpunkt für die Patienten und damit zu einer hervorragenden Anlaufstelle, um etwas gegen die unzureichenden Immunisierungsraten zu tun“, sagt Helena Rosado, Wissenschaftlerin an der University College London School of Pharmacy und Co-Autorin des FIP-Berichts.

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Die Bedeutung der Apotheker für weltweite Immunisierungsmaßnahmen wurde im Übrigen bereits 2011 durch die Aufnahme der Services in die „FIP-WHO-Leitlinien zur Guten pharmazeutischen Praxis 2011“ anerkannt.

Schweiz: Genauso gut wie Ärzte

In der Schweiz wurde das Impfen in der Apotheke im Jahr 2015 vorbehaltlich bestimmter Voraussetzungen und Genehmigungen erlaubt. So müssen die Apotheker hierfür den speziellen Fähigkeitsausweis „FPH Impfen und Blutentnahme“ erwerben. Nach der letzten Änderung des Medizinalberufegesetzes soll die Befähigung fortan bereits im Pharmaziestudium vermittelt werden. Mittlerweile darf in 18 Kantonen, hauptsächlich in der West-und Ostschweiz direkt, das heißt ohne Rezept, geimpft werden. Die Impfbefugnisse sind in den Kantonen unterschiedlich ausgelegt und in der Regel beschränkt auf Impfungen gegen Grippe und Frühsommer-Meningo-Enzephalitis (Zeckenimpfung) sowie auf bestimmte Folgeimpfungen. Auf der Webseite www.impfapotheke.ch kann sich jeder einen informativen Einblick in die Apotheken-Impflandschaft in der Schweiz verschaffen. Der Mediziner Robert Steffen, der das Schulungsprogramm für die Apotheker mitentwickelt hat, ist überzeugt: „Apotheker, die diese spezielle Ausbildung absolviert haben, beherrschen das Impfen genauso gut wie Ärzte.“

UK: Ohne Apotheke vielleicht keine Impfung

In Großbritannien bekamen Apotheker im Jahr 2002 die Erlaubnis zu impfen. Heute sind Impfungen in der Offizin an der Tagesordnung. Seit 2015-2016 läuft dort der nationale Grippe-Impfdienst (Flu Vaccination Service). Bis September 2016 hatten sich rund 8.400 Vertragsapotheken (ca. 72 Prozent) zur Teilnahme an dem Service angemeldet. Nach Angaben des Pharmaceutical Services Negotiating Committee (PSNC) haben die öffentlichen Apotheker in England zwischen Anfang September 2016 und Ende März 2017 fast 820.000 Grippeimpfungen verabreicht.

In einer Umfrage bei den Geimpften gaben 98 Prozent an, dass sie mit dem Service sehr zufrieden waren. 15 Prozent meinten, sie hätten sich vielleicht nicht impfen lassen, wenn es die Möglichkeit in der Apotheke nicht gäbe.

Irland: Zum Impfen wieder in die Apotheke

In Irland, wo Grippeimpfungen in der Apotheke seit der Saison 2011/2012 möglich sind, haben sich ersten Jahr gut 9000 Personen in der Offizin dagegen impfen lassen. 2014/2015 waren es schon mehr als 50.000. Seit 2015 darf in den Offizinen auch gegen Gürtelrose und Pneumokokken geimpft werden. Auch hier kommt der Apothekenservice gut an. Auf die Frage, warum sie sich für die Impfung in der Apotheke entschieden haben, sagte im Jahr 2016 fast die Hälfte der Geimpften: „Weil es praktisch ist“. 28 Prozent meinten, weil sie dort nicht so lange warten müssen. 95 Prozent waren sehr zufrieden, und fast alle würden wieder zum Impfen in die Apotheke gehen.

USA: In 48 Staaten dürfen Apotheker gegen alles impfen

In den USA werden Apotheker schon seit mehr als zwanzig Jahren für das Impfen geschult. Im Jahr 2013 hatten rund 200.000 Pharmazeuten die Ausbildung durchlaufen. Im Jahr 2009 erlaubten 50 Bundesstaaten, dass Apotheker Impfstoffe verabreichen dürfen. Das gilt heute in 48 Staaten für alle Arten von Impfungen, teilweise mit Altersbeschränkungen.

Der US-amerikanische Apothekerverband (APhA) schätzt, dass 70 Prozent der Apotheken der Apotheken Grippeimpfungen durchführen. Die Zahl der Erwachsenen, die in öffentlichen Apotheken eine solche Impfung bekommen haben, hat von 2015 auf 2016 um rund ein Viertel zugenommen. 

Die Beispiele zeigen, dass das Impfen in der Apotheke in einigen Ländern bereits bestens etabliert ist und zu erkennbaren Verbesserungen bei der Immunisierung der Bevölkerung geführt hat. Außerdem nimmt die Akzeptanz von Impfungen offensichtlich zu, wenn sie niederschwellig verfügbar sind. Diesbezüglich sind die öffentlichen Apotheken im Vergleich mit anderen Gesundheitsdienstleistern ganz sicher konkurrenzlos.  



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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