Magdalene Linz (Kammerpräsidentin Niedersachsen)

„Die Stationsapotheker sind ein Meilenstein für den Apothekerberuf“

Hannover - 18.04.2018, 12:30 Uhr

Niedersachsens Kammerpräsidentin Linz (hier auf dem DAT 2017 in Düsseldorf) sprach über die offene Fragen und Probleme bei der flächendeckenden Einführung von Stationsapothekern. (Foto: DAZ / Schelbert)

Niedersachsens Kammerpräsidentin Linz (hier auf dem DAT 2017 in Düsseldorf) sprach über die offene Fragen und Probleme bei der flächendeckenden Einführung von Stationsapothekern. (Foto: DAZ / Schelbert)


In Niedersachsen wird es schon bald an allen Kliniken Stationsapotheker geben, die Große Koalition arbeitet an einem entsprechenden Gesetz. Bei der Versammlung der Apothekerkammer Niedersachsen am heutigen Mittwoch erklärte Präsidentin Magdalene Linz, dass Stationsapotheker für den Berufsstand trotz vieler Befürchtungen ein großer Zugewinn sein könnten. Was das Honorar-Gutachten betrifft, schickte Linz einen kleinen Seitenhieb in Richtung ABDA.

Dass es in Niedersachsens Kliniken bald Stationsapotheker geben soll, steht so gut wie fest. Die ehemalige rot-grüne Landesregierung hatte das Projekt gestartet, aber vor den Neuwahlen nicht mehr abschließen können. Obwohl es nicht im Koalitionsvertrag der neuen Landesregierung aus SPD und CDU steht, will auch die Große Koalition das Projekt weiter verfolgen. Die Vorteile vom Einsatz von Apothekern auf Krankenhausstationen liegen auf der Hand: Die Apothekerkammer Niedersachsen hatte dazu auf die Ergebnisse einer Krankenhausstudie des Instituts für Patientensicherheit der Universität Bonn verwiesen. Die Untersuchung belegt, dass es im Krankenhaus sogenannte Risikoschwerpunkte gibt, die die Patientensicherheit gefährden. Seit Jahren führen Schnittstellen und die Arzneimitteltherapiesicherheit die Liste dieser Risikoschwerpunkte an. Aus politischer Sicht ist die Maßnahme aber auch eine Reaktion auf die sogenannten Pflegemorde, bei denen ein Pfleger mehr als 100 Patienten mit Arzneimitteln getötet haben soll.

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Bei der heutigen Versammlung der Apothekerkammer Niedersachsen erklärte Präsidentin Magdalene Linz, wie der aktuelle Sachstand bei diesem Projekt ist. In einem persönlichen Gespräch mit der neuen Gesundheitsministerin Niedersachsens, Carola Reimann (SPD), wurde den Apothekern zugesichert, dass die Maßnahme noch in diesem Jahr umgesetzt werden soll. Reimann habe signalisiert, dass sie zum Beginn des Prozesses in Sachen „Pflegemorde“ handfeste Maßnahmen präsentieren wolle, zu denen auch die Stationsapotheker gehören.

Mehr und neue Aufgaben für Apotheker

Linz sprach aber auch über die offenen Fragen und Probleme, die noch mit dem Projekt verbunden sind. „Ich kann es nachvollziehen, dass die Kollegen dann noch mehr Angst davor haben, keine Fachkräfte mehr zu finden, weil alle guten Leute abwandern.“ Aus „berufspolitischer Sicht“ seien die Stationsapotheker aber zu wichtig. Und weiter: „Es ist ein Meilenstein für unseren Berufsstand, dass diese neuen Aufgaben für Apotheker gesetzlich verankert werden.“ Am vorliegenden Gesetzentwurf kritisierte sie, dass bislang nur Apotheker mit der Weiterbildung in Klinischer Pharmazie berücksichtigt werden. Linz forderte, dass auch andere Weiterbildungen akzeptiert werden. In jedem Fall kündigte sie an, dass die Kammer Niedersachsen eine neue Weiterbildung nur für Stationsapotheker etabliert. Seit Monaten protestieren außerdem die Krankenhäuser gegen die Einführung der Stationsapotheker. Linz sagte dazu, dass sie den Kliniken empfehle, Druck auf die Kassen auszuüben. Denn: „Qualität muss auch mal was kosten.“

Was die Zusammenarbeit mit dem neuen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) betrifft, erklärte Linz, dass sie Spahn für einen „sehr erfahrenen Gesundheitspolitiker halte, der immer für eine Überraschung gut ist“. Ihrer Einschätzung zufolge ist sich Spahn über die Bedeutung der Apotheker im Gesundheitswesen bewusst, „aber er hat uns mehrfach deutlich gemacht, dass er auch von uns selbst Vorschläge einfordert“.

Große Hoffnungen verbindet die niedersächsische Kammer mit der neuen Ministerin Reimann. Die SPD-Politikerin war erst im Herbst 2017 erneut in den Bundestag gewählt worden, nach der Bildung der Großen Koalition in Niedersachsen wurde sie jedoch als Gesundheitsministerin in ihr Heimatland abberufen. Linz sagte: „Frau Reimann will die Apotheker noch mehr in die Versorgung einbinden als Herr Spahn.“ Im persönlichen Gespräch habe sie den Kammervertretern beispielsweise gesagt, dass sie Apotheken auf dem Land auch erhalten will, wenn die Vor-Ort-Arztpraxen schließen. „Frau Reimann schwebt vor, dass die Apotheker in diesen Ortschaften dann mehr und neue Aufgaben übernehmen“, sagte Linz.

Gutachten: Linz ist verärgert über die Informationspolitik der ABDA 

Leicht verärgert sprach die Kammerpräsidentin über die Informationspolitik der ABDA bezüglich des Honorar-Gutachtens des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi). Sie habe es grundsätzlich als „richtig“ empfunden, das Gutachten nicht öffentlichkeitswirksam über die Medien anzugreifen. „Aber wir hätten eine Einschätzung und Kritik daran sehr gut auch für unsere Kolleginnen und Kollegen gebraucht, um mit ihnen darüber zu sprechen und sie auch ein Stück weit beruhigen zu können.“ Allerdings habe die ABDA erst im März dieses Jahres eine umfangreiche Einschätzung und Kritik an dem Gutachten an die Mitgliedsorganisationen geschickt. „An dieser Stelle war ich unzufrieden mit der internen Informationspolitik der ABDA, schließlich ist sie ein Verband der Verbände – wir wären gerne früher informiert worden.“

Schon im Februar war bekanntgeworden, dass sich insbesondere einige Kammern bei der ABDA über den Umgang mit dem Gutachten beschwert hatten. So hatte Günther Hanke, Präsident der Kammer in Baden-Württemberg, einen Brief an die ABDA in dieser Sache geschrieben.

„Es geht nicht darum, unliebsame Internet-Konkurrenz loszuwerden“

Was die politische Kernforderung der Apotheker, das Rx-Versandverbot, betrifft, lobte Kammerpräsidentin Linz am heutigen Mittwoch DAV-Chef Fritz Becker. Becker hatte in den vergangenen Monaten immer wieder erklärt, dass es den Apothekern nicht darum gehe, sich von der unliebsamen Internet-Konkurrenz zu befreien. Vielmehr gehe es um die Erhaltung der Gleichpreisigkeit. Diese Kommunikationsstrategie unterstützt Linz: „Wir sind nicht die ewig gestrigen Apotheker. Wir wollen nur die Ulla-Schmidt’schen gleichlangen Spieße erhalten.“ Linz begrüßte es, dass die ABDA zwei Gutachten zur verfassungsrechtlichen und europarechtlichen Verteidigung des Verbotes erstellen lassen hat. „Denn dass das Rx-Versandverbot beklagt werden wird, ist so sicher wie das Amen in der Kirche.“



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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1 Kommentar

Frau Linz

von Heiko Barz am 18.04.2018 um 20:10 Uhr

Was, verehrte Kollegin Linz, haben die anderen EU-Staaten getan, die ihr eigenes Gesundheitssystem selbstbestimmt eingerichtet haben?
Das bei uns so unglaublich zerstrittene Versandhandelsverbot ist in anderen EU-Staaten einfach Fakt. Seit Frau Fischer und dito Schmidt wird
unser hochwertiges und weltweit anerkanntes Apothekensystem systematisch durch ausländische Kapitalanmaßung an die Wand gekarrt.
Auch für unseren neuen Gesundheitsminister ist der Begriff : Digitalisierung das "Allwichtige". Wenn ich zurückdenke,habe ich in meiner Apotheke schon digital gearbeitet, da lag dieser Minister noch in den Windeln.

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