„Datenklau“-Prozess

Von Ermittlungspannen und vertraulichen Dokumenten

Berlin - 13.04.2018, 17:55 Uhr

Die 1. Strafkammer des Berliner Landgerichts muss entscheiden: Haben Thomas Bellartz und Christoph H. den Straftatbestand des Ausspähens von Daten erfüllt? (Foto: Külker)

Die 1. Strafkammer des Berliner Landgerichts muss entscheiden: Haben Thomas Bellartz und Christoph H. den Straftatbestand des Ausspähens von Daten erfüllt? (Foto: Külker)


Wie relevant waren die Mails?

Als zweiter Zeuge war ein BMG-Beamter geladen, der zu der Zeit, da die Ermittlungen geführt wurden, in der Rechtsabteilung tätig war. Die Ermittler hätten damals Prüfanträge an ihn herangetragen. So sollte er Mails von Ministeriumsmitarbeitern daraufhin überprüfen, ob sie einen für die Öffentlichkeit bedeutsamen Inhalt haben. 30 relevante E-Mails habe er ausgemacht. Unter anderem solche, bei denen es um die Berechnung des Festzuschlags für Apotheken ging, also eine Änderung in der Arzneimittelpreisverordnung. In einem anderen Fall ging es um ein Mahnschreiben und eine Stellungnahme der EU-Kommission im Zusammenhang mit einem Vertragsverletzungsverfahren. Diese sollte der Zeuge mit Berichten auf Apotheke Adhoc vergleichen. Es sei auffällig gewesen, dass sehr wortnah zu diesen vertraulichen Dokumenten berichtet worden sei. Der Zeuge räumte allerdings auch ein, dass diese Mails nicht nur im BMG zu finden waren, sondern auch an „ein paar Leute“ aus dem Bundeswirtschaftsministerium und die Kommission gegangen waren.

Sodann ging es um zwei Papiere, die im Herbst 2012 bei Bellartz sichergestellt worden waren. Zum einen handelte es sich um ein Schreiben des BMG an das Bundesjustizministerium aus dem Juni 2009, in dem es um einen Zuständigkeitsstreit ging, zum anderen um die Bewertung des BMG eines Papiers des Verbands forschender Pharma-Unternehmen (vfa). Der Zeuge zeigte sich überzeugt, dass diese Papiere „sicher interessante Hinweise für Außenstehende“ enthielten – also auch für die Presse. Der Vorsitzende Richter zitierte eine frühere Aussage des Zeugen: „Das ist bares Geld wert – das gibt keine Pressestelle weiter“. Der BMG-Beamte bestätigte auch heute, dass es sich um interne Erwägungen seines Hauses im frühesten Stadium gehandelt habe, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt waren. Offen blieb bei der Befragung allerdings, ob die Schreiben auch journalistisch verwertet wurden. Anwalt Wegner gab zu bedenken, welchen Wert die Schreiben im Herbst 2012 gehabt haben mochten, als sie bei Bellartz gefunden wurden.

Der Prozess wird am 24. April mit weiteren Zeugenvernehmungen fortgesetzt.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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