Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

15.04.2018, 08:00 Uhr

Sollten da etwa so manche eine Erkenntnis gehabt haben? (Andi Dalferth)

Sollten da etwa so manche eine Erkenntnis gehabt haben? (Andi Dalferth)


11. April 2018

Ist schon herzergreifend, wie sich Krankenkassenverbände für den Rx-Versand einsetzen. Da müssen die absonderlichsten Gründe dafür herhalten, dass es ohne Rx-Versand eigentlich nicht mehr gehe. Jüngstes Beispiel: der AOK-Bundesverband, der sich immer und immer wieder für den Rx-Versand ins Zeug wirft. In seinem gesundheitspolitischen Fachmagazin „Gesundheit und Gesellschaft“ schreibt der Politikchef des Verbandes, Kai Senf über die gesundheitspolitischen Vorhaben der Großen Koalition. Zum Apothekenmarkt meint er, es sei ein anachronistisches Vorhaben, den Versandhandel für verschreibungspflichtige Medikamente verbieten zu wollen. Es wird die Bevölkerung im ländlichen Raum bemüht, der die Möglichkeit genommen würde, ihre Arzneimittelversorgung durch Online-Apotheken sicherzustellen. Und: „Wer Online-Apotheken de facto schließen lassen will, führt alle Digitalisierungsbemühungen ad absurdum.“ Mein liebes Tagebuch, da fragt man sich doch, weiß er es nicht besser oder will er es nicht wissen. DAZ.online fragte nach – und siehe da, die Erkenntnis scheint beim AOK-Bundesverband gereift zu sein: Die Versorgung mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ist nicht das beste Beispiel für die Digitalisierung. Tja, mein liebes Tagebuch, welch ein Wunder! Aber natürlich legt der AOK-Sprecher nach mit dem Tenor: Wartet nur ab, wenn das E-Rezept kommt, dann wird’s wohl richtig digital, und nicht-verschreibungspflichtige Arzneimittel könne man schon vollkommen online bestellen. Auf Nachfrage räumt der AOK-Sprecher sogar ein, dass es eigentlich auch gar nicht so sehr um die Landbevölkerung gehe. Es gehe der Kasse im Prinzip nur darum, „dass jeder unabhängig von seinem Wohnort entscheiden kann, wie er Arzneimittel bezieht.“ Mein liebes Tagebuch, wie wäre es denn, wenn jeder unabhängig von seinem Wohnort entscheiden könnte, in welchem EU-Land er sich krankenversichert? Warum bemüht man immer noch das Versandhandel-und-Digitalisierung-gehört-zusammen-Argument, warum wird immer das schräge Lied von Landbevölkerung-braucht-Arzneiversand gesungen? Die lieben Kassen sollten doch einfach sagen, was Sache ist: Sorry, ihr deutschen Vor-Ort-Apotheker, wir wollen Verträge mit ausländischen Versendern schließen, um  richtig Knete zu sparen.


Rabattverträge sind die Einspar- und Gelddruckmaschine der Krankenkassen. Kaum ein anderes Instrument spült so sicher die Millionen in die Kassen der Kassen. Und das läuft alles so leicht und eingespielt ab: Eine kleine Ausschreibung, die Arzneihersteller geben ihre Angebote ab und gehen bis an die Schmerzgrenze des Zumut- und Machbaren. Wer den höchsten Rabatt bietet, bekommt den Zuschlag und darf dann exklusiv die nächsten zwei Jahre die Versicherten dieser Kasse versorgen. Danach geht das Spiel von vorne los. Die Apotheke muss dem Patienten dann erklären, dass er genau dieses und nicht mehr sein vorheriges Präparat bekommt. Das mag in manchen Fällen keine Rolle spielen, bei Parkinson-Patienten jedoch erfordert der Austausch der gewohnten Arzneimittel aufgrund neuer Rabattverträge mitunter eine komplette medikamentöse Neueinstellung. Die Deutsche Parkinson-Vereinigung (dPV) macht darauf aufmerksam, dass durch eine korrekte Arzneimittelgabe viele Millionen Euro eingespart werden könnten. Denn die verschiedenen Arzneimittel müssten mit viel Aufwand über Wochen aufeinander abgestimmt werden, bis die Wirkung für den jeweiligen Patienten optimiert ist. Auch wenn die Arzneimittel den gleichen Wirkstoff enthalten, kann ihre Bioverfügbarkeit unterschiedlich sein. Nicht selten müssen Patienten wegen Neueinstellungen ins Krankenhaus, was Kosten von rund 7000 Euro verursacht. Wenn nur jeder zwanzigste Patient ins Krankenhaus muss, kostet das die Beitragszahler über 150 Mio. Euro, rechnet die dPV vor. Mein liebes Tagebuch, ist das nicht ein Wahnsinn? Man fragt sich zurecht, warum Parkinson-Therapeutika nicht auf der Substitutionsausschlussliste stehen. Hallo, Herr Spahn, da gibt’s was zu tun! Nehmen Sie sich bitte mal dieses Problems an. 



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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6 Kommentare

Liebes Tagebuch......

von Heiko Barz am 16.04.2018 um 11:39 Uhr

Das E-Rezept ist faktisch ein folgenschweres Produkt der Digitalisierungswollust. Dass die KKassen dieses Produkt mit Freuden erwarten und immer wieder dessen Wichtigkeit betonen, sollte für uns entscheidend sein und nachdenklich stimmen.
Die direkte Einflußnahme der KKassen auf die Bestimmung, wer diese E-Rezepte aus der Arztpraxis zu erhalten habe, wird ja dadurch immer deutlicher, dass auf die zu kommenden und nach Meinung der KKassen unausweichlichen Selektivverträge mit parasitären Auslands- AM- Versendern immer hingewiesen wird. Diesem ständigen und unsinnigen "Bretterbohren" müßten sich doch unsere teuer und hochbezahlten Führungsriegen endlich mal mit kraftvollen Argumenten entgegenstellen.
Aber still ruht der apothekenpolitisch unsortierte Pharma-See!
Die langfristig apothekenvernichtenden Versäumnisse dieser "Führungsriege" müssen hier zum Beweis nicht detailliert aufgeführt werden.

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Spahn

von Karl Friedrich Müller am 15.04.2018 um 19:29 Uhr

Fordert Beitragssenkungen von den KK. Sie würden auf dem Geld sitzen.
Wie wäre es, mal unser Honorar zu erhöhen?
Pflege? Das ewige Thema?
Spahn ist ein Blender, leider, auf Effekthascherei aus.
Schade

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... und der Rest (jetzt ohne emojies)

von Gunnar Müller, Detmold am 15.04.2018 um 14:11 Uhr

@der Senf vom AOK-Politikchef
Und was ist eigentlich „digital“ am allzu analogen Päckchenpacken, analogen Versenden, analogen Ausliefern und analogen Zustellen von immer noch analogen Medikamenten?
Zudem noch mit einer zweidimensionalen, vorsintflutlichen „Beratung“ in Form gedruckter Infohinweise?
Ich empfehle: einfach mal nachdenken…
Oder anders ausgedrückt: Herr, lass‘ Hirn regnen…
@TeleSchwester Agnes
Vielleicht sollte auch die Ärzteschaft erst mal über die inhaltliche Ausrichtung dieses Dienstes nachdenken statt dem Aktionismus zu huldigen:
Welche Anfragen (akut/chronisch/Azerbation/neuer Befund/Rezept /Krankschreibung/Überweisung...) sollen bearbeitet werden, von welchen Patienten (z. B. Erstkontakt oder bekannter Chroniker), von wem (Agnes oder Arzt) und wie (sofort Arzt oder erst „nach Prüfung“? Prüfung wovon?) ?
@ABDA:
Ist doch alles demokratisch…
Oder doch nur ein Verein nach Gutsherren– und -damen Art? Und nicht zu vergessen: mit Maulkorbzwang…

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Alles ausser ABDA ...

von Gunnar Müller, Detmold am 15.04.2018 um 13:56 Uhr

@Dienstleistungen
Ich hätte da ja welche:
Außerordentliche Dienstleistungen im Rahmen der Versorgung der Patienten Z. B.
Nachfragen bei Ärzten, 2 Euro je 5 Minuten
Einholung von Genehmigungen bei Krankenkassen, 10 Euro je Antrag
Aber verschone mich die ABDA mit ihren Impfungen! Wozu bin ich eigentlich Apotheker geworden - und nicht Arzt…
@Schmitz/Bellartz
Schon erstaunlich, dass der HGF seinem ehemaligen Kommunikationschef bescheinigt, keine Kontakte zum BMG gehabt zu haben ...

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"Zuständigkeiten"

von Dr.Diefenbach am 15.04.2018 um 13:06 Uhr

Ach so,das zur Qualität mancher Satzungen:Es war zu hören,dass ein NICHT mehr im Amt agierender ehemaliger(!!!'j Vorsitzender eines Landesverbandes wesentlich mit einer aktuellen(!!!)Sitzungsführung des Haushaltsausschusses beauftragt war.Und eine weitere ehemalige Vorsitzende da auch noch mitmischte.Jetzt hat "man"schnell die Satzung geändert.Was sind denn das für Sachen??

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El Pato

von Dr.Diefenbach am 15.04.2018 um 12:45 Uhr

Ich stelle hier mal offen die Frage ob diese salopp ausgegebenen Beträge,finanziert aus unseren Beiträgen,noch etwas mit treuhänderischem Umgang zu tun haben.Allmählich reicht diese elende closed Shop Aktivität.in unserem Stand wird offenbar alles entschuldigt,wenn irgendeiner in irgendeiner Funktion irgendwas macht.Und sei es noch so kritisch zu hinterfragen Mein Eindruck ist mehr denn je,dass die Hauptamtlichkeit in Berlin sehr"souverän"vor sich hin agiert,man ist ja vertraglich abgesichert. Und wenn ich vorab zur Kenntnis nehme,dass auch der nächste ABDA Haushalt wieder steigt,dann bin ich wütend dass wir ,ich schließe mich da nicht aus,uns jedes Jahr aufs Neue mit wolkenartigen Vorstellungen einseifen lassen.Wann wird unser Konstrukt einer Grunderneuerung unterzogen ?Die 34 er Sachlage mit den Hauptamtlichen "davor" ist nicht mehr den Anforderungen gerecht.Wir machen doch eh alles neu.2030.Wieso bleibt die Satzung eigentlich unangetastet?

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