DAZ.online-Miniserie Berühmte Apotheker (3)

Theodor Fontane und Co. – Apotheker in Kunst und Kultur

Berlin - 14.04.2018, 09:00 Uhr

Wer hätt's gedacht? Theodor Fontane war Schriftsteller, Journalist, Theaterkritiker - und Apotheker! (Foto: Imago)

Wer hätt's gedacht? Theodor Fontane war Schriftsteller, Journalist, Theaterkritiker - und Apotheker! (Foto: Imago)


Apotheker können begabte Poeten, Komponisten oder Schauspieler sein. Warum auch nicht? Fontane, Spitzweg, Bechstein, Ibsen – ihr Einfluss auf Kunst und Kultur war und ist groß. Ihre Lebensgeschichten verzaubern und verblüffen: Teil 3 einer Entdeckungsreise durch die Welt „berühmter Apotheker“.

Hoch auf dem gelben Wagen“, dieses beliebte Volkslied kennt wahrscheinlich jeder. Walter Scheel sang sich damit als Bundespräsident in die Herzen der Deutschen. Doch wer kennt den Komponisten? Und weiß zudem, dass er ein Berliner Apotheker war? Heinz Höhne (1892-1968) komponierte 1922 die bekannte Melodie während seines Pharmaziestudiums an der Berliner Universität. Höhne entstammte einem musikalischen Elternhaus. Dieser Einfluss war sein Leben lang spürbar. Neben seinen Tätigkeiten als Apotheker komponierte er Lieder und Chöre, außerdem auch Streichquartette und Orchesterwerke. Die Lebensgeschichte und das Werk Höhnes sind eher unbekannt – sein Lied aber nicht. Musik, Literatur und Schauspiel als Leidenschaften – die Apotheke zum Broterwerb – so (oder so ähnlich) lebten viele künstlerisch begabte Apotheker ihr Leben.

Theodor Fontane – Apotheker, Schriftsteller, Journalist, Theaterkritiker

Heinrich Theodor Fontane (1819-1898) konnte seine beruflichen Wurzeln nicht verleugnen. In „Effie Briest“ würdigte er den Apothekerberuf durch die literarische Figur des Apothekers Alonzo Gieshübler. Schon sein Vater, Louis Henri Fontane, war Apotheker. Louis Henri Fontane und seine Frau waren Nachfahren französischer Hugenotten, die im 17. Jahrhundert nach Preußen geflohen waren. Heinrich Theodor Fontane – getauft auf den Namen Henri Théodore Fontane – verbrachte seine Kindheit in Neuruppin. Mit 14 Jahren zog er für drei Jahre zu seinem Onkel nach Berlin. In dieser Zeit besuchte er die Klödensche Gewerbeschule.

Statue von Theodor Fontane (Foto: Imago)

Ab 1836 ließ sich Fontane in Berlin-Spandau in der Apotheke „Zum weißen Schwan“ zum Apothekergesellen ausbilden. Die Ausbildung dauerte vier Jahre. Schon in dieser Zeit schrieb er erste Aufsätze und Gedichte. Damals war es zudem üblich, dass in Apotheken die neuesten Zeitschriften und Bücher auslagen. Auf diese Weise kam Fontane in Kontakt mit den liberalen Schriften Karl Gutzkows, der wie andere Dichter der litarischen Bewegung „Junges Deutschland“ auf gesellschaftliche und politische Missstände aufmerksam machen wollte. Dieser Einfluss ist im späteren Werk Fontanes, das zum politischen Realismus gezählt wird, erkennbar.

Fontane – erfolgreiche Karriere abseits der Apotheke

Nach mehreren Jahren auf Gesellenwanderschaft und Arbeit in verschiedenen Apotheken wird Fontane 1847die Approbation als „Apotheker erster Klasse“ ausgestellt. Im Anschluss arbeitet er als Apotheker in Berlin. In all den Jahren hat Fontane nie aufgehört zu schreiben. Seine ersten öffentlichen Publikationen – und somit der Beginn seiner Karriere als Schriftsteller – fanden direkt im Anschluss an die Beendigung seiner Lehrzeit statt. Zwei Jahre nach Erhalt der Approbation entschied Fontane, sich von nun an ganz der Schriftstellerei zu widmen. Seine Apothekerlaufbahn war beendet.

In den nächsten Jahren arbeitete Fontane als freier Schriftsteller, Journalist und Theaterkritiker. Er lebte in Berlin und London. Auch schrieb er zeitweise von Kopenhagen und Paris aus. Seine größten schriftstellerischen Erfolge feierte Fontane erst in späteren Jahren. Mit "Vor dem Sturm" (1878), "Irrungen, Wirrungen" (1888), "Effi Briest" (1895) und "Der Stechlin" (1899)  - um nur einige zu nennen – erlangte Fontane Weltruhm. Als genauer Beobachter zeichnete er in seinen Werken ein Bild seiner Zeit. Am 20. September 1898 starb Theodor Fontane in Berlin.

Carl Spitzweg – vom Apotheker zum „armen Poeten“

Ein armer Poet war Franz Carl Spitzweg (1808-1885) nie. Sein Interesse galt vielmehr der Malerei und „Der arme Poet“ war sein berühmtestes Werk. Er wurde als zweiter Sohn eines Münchner Kaufmanns geboren. Es soll der Wunsch des Vaters gewesen sein, dass sich Spitzweg zunächst für eine pharmazeutische Laufbahn entschied. Nach Abschluss seiner Lehrzeit zum Apothekergesellen, studierte er ab 1829 Pharmazie an der Universität München. 1832 schloss er das Studium mit Auszeichnung ab. Da Spitzweg durch seine familiären Verhältnisse finanziell gut gestellt war, brach er 1833 seine Apothekerlaufbahn ab und wandte sich ganz der Malerei zu, mit der er schon in jungen Jahren begonnen hatte.

Von nun an bewegte sich Spitzweg in Münchner Künstlerkreisen und zählte viele bekannte Maler zu seinen Freunden. Seine künstlerische Laufbahn war rein autodidaktisch. Eine Ausbildung an der renommierten Münchner Akademie lehnte er ab. Bereits 1839 schuf Spitzweg sein heutzutage bekanntestes Werk: „Der arme Poet“. Der Erfolg ließ jedoch auf sich warten. Vielmehr wurde das Bild zunächst von Kritikern geschmäht, da die dargestellten ärmlichen Verhältnisse des „armen Poeten“ so gar nicht zu den tatsächlichen Lebensbedingungen des Malers passten. Während der 1830er und 1840er Jahre verdiente Spitzweg zudem sein Geld als Dichter und Illustrator für verschiedene humoristische Blätter. Das Werk Spitzwegs zeigt seine Vorliebe für Sonderlinge und Gelehrte. Er war Chronist und Satiriker in einer Person. Seine in den Darstellungen vorgebrachte Kritik war immer mit Humor gepaart.

Henrik Ibsen – Apotheker, Literat und Dramaturg

Für Henrik Ibsen (1828-1906) stellte seine Tätigkeit als Apotheker nicht mehr und nicht weniger als der reine „Broterwerb“ dar. Seine Leidenschaft galt der Literatur und dem Theater. Geboren in Skien (Norwegen) wuchs Ibsen in einer vornehmen norwegischen Familie auf. Der Bankrott und die darauffolgende gesellschaftlich Ächtung des Vaters war ein schwerwiegender Einschnitt im Leben des gerade erst achtjährigen Ibsen. Er soll in der Folge depressiv gewesen sein. Ferner soll Ibsen in jener Zeit durch ein als introvertiert beschriebenes Verhalten aufgefallen sein. 

Henrik Ibsen (Foto: dpa)

Mit 16 Jahren begann er eine Ausbildung zum Apothekergesellen. Ab 1850 studierte er zusätzlich Medizin. Das Studium schloss er jedoch nie ab. In dieser Zeit bekam Ibsen Kontakt zur Arbeiterbewegung. Doch in erster Linie fühlte er sich bereits damals der Literatur verpflichtet. 1850 schrieb Ibsen sein erstes Theaterstück, das historische Revolutionsdrama „Catilina". Ein Jahr später wurde er Dramaturg am Nationaltheater in Bergen. Danach arbeitete er als künstlerischer Leiter am Norske Teatret in Kristiana. Ibsen lebte von 1864 bis 1891 in Deutschland und Italien. In dieser Zeit entstanden seine bedeutendsten Werke. Ibsens Stücke enthalten sowohl Züge des Naturalismus als auch Gesellschaftskritik gegen eine bürgerliche Doppelmoral.

Ludwig Bechstein – und sein berühmtes Märchenbuch

Dem Apotheker Ludwig Bechstein (1801-1860) verdanken wir die Überlieferung vieler bekannter Sagen und Märchen. Aufgrund der schwierigen Familienverhältnisse, in die Bechstein geboren wurde, war sein späterer beruflicher Werdegang nicht selbstverständlich in jener Zeit. Er kam 1801 als der uneheliche Sohn der Johanna Karolina Dorothea Bechstein in Weimar zur Welt. Mit neun Jahren wurde Bechstein von einem Onkel aufgenommen. Bis dahin beschrieb er seine Kindheit als „schlimmen Traum“. Sein Onkel jedoch ermöglichte Bechstein den Besuch des Gynasiums in Meiningen und die Ausbildung in einer Apotheke in Arnstadt. Als Apothekergeselle arbeitete er in verschiedenen Apotheken. Doch zufrieden war er mit diesem Beruf nie so recht. Ein Stipendium ermöglichte ihn, in Leipzig und München Philosophie, Geschichte und Literatur zu studieren.

Von nun an arbeitet Bechstein als  Bibliothekar, Archivar und Schriftsteller. 1840 bekam er den Titel „Hofrat“ verliehen. Bechsteins Werk, zu dem die bekannten Märchenbücher „Deutsches Märchenbuch“ und „Neues deutsches Märchenbuch“ gehören, sollte patriotisch und lehrreich sein. Es sollte zudem ein Beitrag zur nationalen Einheit Deutschlands geleistet werden. Bechsteins Sagenbuch und seine Lyrik sind heutzutage weniger bekannt. In Erinnerung blieben vor allem seine Märchensammlungen.

Erich Ponto – Apotheker, Theaterintendant, Schauspieler

Wer kennt nicht Erich Ponto und seine Darstellung des kauzigen Chemielehrers Krey („Schnauz“) in dem Film „Die Feuerzangenbohle“? Wer aber weiß, dass Erich Ponto zunächst Pharmazie studiert hatte, bevor er sich ganz dem Theater und dem Film widmete? Erich Johannes Bruno Ponto (1884-1957) kam als jüngstes von vier Kindern eines Lübecker Manufakturwaren-Kaufmanns zur Welt. Er verbrachte seine Kindheit zunächst in Lübeck und später in Hamburg. Ponto ging in Hamburg-Altona zur Schule und studierte anschließend Pharmazie. Nach Erhalt des „Provisor-Examens“ im Jahre 1905 arbeitete er in der Hirschapotheke in Beuel. Doch nach zwei Jahren als Apotheker, beschloss Ponto, sich ganz der Schauspielerei zu widmen. Diese war schon immer seine Leidenschaft. 

DAZ.online-Miniserie „Berühmte Apotheker“ (1)

Porzellan und Co. – Apotheker als Tüftler und Erfinder

DAZ.online-MiniSerie „Berühmte Apotheker“ (2)

Morphin und Co. – Apotheker als Forscher und Industrielle

DAZ.online-Miniserie Berühmte Apotheker (3)

Theodor Fontane und Co. – Apotheker in Kunst und Kultur

Ab 1908 nahm Ponto in München Schauspielunterricht bei den Schauspielern Hans Lackner und Alois Wohlmuth. Im gleichen Jahr trat er sein erstes Engagement beim Stadttheater in Passau an. Es folgten Stationen in Reichenberg (Nordböhmen), Düsseldorf und Dresden. Im Dresdner Staatstheater wirkte er zudem bis 1947 als Theaterintendant. Ponto war erfolgreich auf der Bühne und im Film. Mit seiner markanten Stimme und sprachlichen Prägnanz gelang ihm als Filmschauspieler der große Durchbruch. In Erinnerung blieb Ponto vor allem mit seiner Rolle des „Schnauz“. Sein Vortrag über „die alkoholische Gärung“ hat Generationen zum Lachen gebracht – und schrieb ganz nebenbei Filmgeschichte.   



Inken Rutz, Apothekerin, Autorin DAZ.online
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