Freigabe

Medizinal-Cannabis bald auch in Luxemburg?

Remagen - 12.04.2018, 09:15 Uhr

Cannabis zu medizinischen Zwecken: Deutschland als Vorbild für andere Länder? (Foto: Adam / stock.adobe.com)

Cannabis zu medizinischen Zwecken: Deutschland als Vorbild für andere Länder? (Foto: Adam / stock.adobe.com)


In Luxemburg gilt Cannabis bislang gemeinhin lediglich als Rauschmittel. Nun will die Regierung den Umgang lockern und es für medizinische Zwecke zunächst in begrenztem Umfang freigeben. Damit würde das Land seinen Nachbarn Deutschland und Niederlande folgen, wenn auch bis dato „halbherzig“.

In Luxemburg wurde Cannabis bislang vor allem als Rauschmittel betrachtet. Derzeit sind dort nur wenige Medikamente wie „Sativex", das besonders Anfälle von Multiple-Sklerose-Patienten reduzieren kann, zugelassen. Seit 2012 gibt es dafür eine Rechtsbasis und seit 2015 ist Sativex auf Rezept erhältlich. Anders verhält es sich mit getrockneten Cannabisblüten, die einen bestimmten Prozentsatz an Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD) beinhalten.

Medizinalhanf

Cannabis auf Rezept

Ende Oktober 2017 wurde dann bekannt, dass der Ministerrat prinzipiell eingewilligt habe, Cannabis für medizinische Zwecke zuzulassen. Das bedeute aber nicht, dass Cannabisprodukte überall zugänglich sein werden, stellte Xavier Bettel Premierminister bereits beim Pressebriefing klar. Gesundheitsministerin Lydia Mutsch solle einen entsprechenden Plan dazu ausstellen.  

Erst mal in begrenztem Rahmen testen

Die Ministerin will das Vorhaben lieber etwas vorsichtiger angehen und stellt sich hierfür zunächst eine zweijährige Pilotphase vor.  In dieser Zeit sollen in einem eng gesteckten Rahmen Erfahrungswerte über den kontrollierten Einsatz von Medizinal-Cannabis gesammelt werden. So sollten lediglich Fachärzte die Blüten oder Extrakte der Hanfpflanze verschreiben können, und die Ausgabe soll ausschließlich über Krankenhausapotheken erfolgen. „Es ist kein Allheilmittel, sondern eine ergänzende Option in einem genau definierten Behandlungsablauf und das für eine begrenzende Anzahl an Patienten mit besonderen Krankheitsbildern“, betonte Mutsch bei der Präsentation Anfang November 2017.

Pilotphase überflüssig?

Der Vereinigung „Cannamedica“, die sich für den medizinischen Einsatz von Cannabis in Luxemburg stark macht und die erst vor etwas mehr als einem Jahr gegründet wurde, geht diese Initiative nicht weit genug.

Es gebe mittlerweile genug medizinische und wissenschaftliche Studien sowie Patientenberichte, die die positive Wirkung auf die Gesundheit belegen, glaubt Cannamedica-Präsident Serge Schneider. Eine Testphase, in der nur Neurologen, Onkologen und Internisten berechtigt seien, es zu verschreiben, hält er deshalb für überflüssig und verweist auf das Nachbarland: „In Deutschland kann jeder Mediziner Cannabis verschreiben, wenn er es für angebracht hält. Das ist der richtige Weg.“ 

Staatsrat möchte weniger Einschränkungen

Für die Legalisierung des Gebrauchs von Cannabis zu therapeutischen Zwecken muss das luxemburgische Gesetz über den Verkauf von pharmazeutischen Substanzen und zur Bekämpfung der Drogenabhängigkeit von 1973 geändert werden. Hierzu hat die Regierung im Januar eine Vorlage in die Abgeordnetenkammer eingebracht. Der Staatsrat hat zwar nach seiner Stellungnahme vom 20. März zu dem Entwurf keine grundlegenden Bedenken gegen die Lockerung, macht aber einiges an Kritik geltend. So sollte die Verschreibung nicht lediglich „spezialisierten Ärzten“ vorbehalten werden. Dies sei eine Einschränkung der freien Berufsausübung. Vielmehr sollten alle im Lande zugelassenen Ärzte unter gewissen Bedingungen die Möglichkeit haben, ihren Patienten Cannabis zu verschreiben. Auch die Bedingung, dass dies nur bei schwerwiegenden, lebensbedrohlichen Erkrankungen möglich sein soll, sieht der Rat nicht als sinnvoll an. Außerdem wird bemängelt, dass nach der aktuellen Vorlage nur vier Krankenhausapotheken des Landes befugt werden sollen, Cannabis an die Patienten auszugeben.

Gegenwind gibt es auch von der Dachorganisation der Kammern der Ärzte, Zahnärzte, Apotheker und Psychotherapeuten „Collège médical“. Diese halte die therapeutische Wirkung von Cannabis nach ihrem Gutachten eher für gering, schreibt der Staatsrat in seinem „Avis“. Für den vorgeschlagenen Einsatz bei Patienten mit chronischen Schmerzen, multipler Sklerose oder auch zur Unterdrückung der Übelkeit bei einer Chemotherapie, gebe es bereits bessere Alternativen.

Mehr als die Hälfte der Bürger will komplette Freigabe

Nach einer jüngeren Umfrage des demoskopischen Instituts TNS-Ilres sind 56 Prozent der Luxemburger für eine komplette Legalisierung von Cannabis, das heißt nicht nur für medizinische, sondern auch für Genusszwecke, während 23 Prozent eher oder strikt (18 Prozent) gegen eine solch weitereichende Liberalisierung sind. 38 Prozent befürworten eine Legalisierung, die jedoch an gewisse Regulierungsmaßnahmen gebunden sein sollte.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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