ABDA-Chef im „Datenklau“-Prozess

„Das mit El Pato würden wir heute nicht mehr so machen“

Berlin - 10.04.2018, 15:55 Uhr

ABDA-Hauptgeschäftsführer Sebastian Schmitz gab dem Gericht Einblicke in die ABDA und ihre Zusammenarbeit mit der PR-Agentur El Pato. (Foto: ABDA)

ABDA-Hauptgeschäftsführer Sebastian Schmitz gab dem Gericht Einblicke in die ABDA und ihre Zusammenarbeit mit der PR-Agentur El Pato. (Foto: ABDA)


Die Staatsanwaltschaft ist nicht bereit, das Strafverfahren gegen Apotheke Adhoc-Herausgeber Thomas Bellartz und den Systemadministrator Christoph H. gegen Auflagen einzustellen. Und so ging es am heutigen Dienstag mit der Zeugenvernehmung von ABDA-Hauptgeschäftsführer Dr. Sebastian Schmitz weiter. Der ABDA-Chef erläuterte, wie die Geschäftsbeziehungen zwischen Bellartz' PR-Agentur El Pato und der ABDA aussahen und wurde über seine Meinung zu Apotheke Adhoc befragt.

Der frühere ABDA-Pressesprecher und heutige Apotheke Adhoc-Herausgeber Thomas Bellartz und der Systemadministrator Christoph H. müssen sich seit Anfang des Jahres vor dem Berliner Landgericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen gemeinschaftliches Ausspähen von Daten vor: H. soll mehrfach vertrauliche E-Mails aus dem Bundesgesundheitsministerium an Bellartz verkauft haben.

Zum Start der heutigen Sitzung stellte Staatsanwalt Roland Hennicke zunächst klar, dass seine Behörde einer Einstellung des Verfahrens gegen Auflagen nicht zustimmt. Entsprechende Anträge hatten die Verteidiger der Angeklagten am vorangegangenen Verhandlungstag gestellt. Voraussetzung für eine solche Einstellung ist allerdings, dass alle Prozessbeteiligten – also auch die Staatsanwaltschaft – ihr zustimmen. Dagegen beantragte Hennicke eine Einstellung einer Reihe angeklagter Einzeltaten, wie sie der Vorsitzende Richter zuvor in einem Rechtsgespräch ins Spiel gebracht hatte. Dies ist möglich, wenn schon wegen anderer angeklagter Taten eine rechtskräftige Verurteilung zu erwarten ist. Eine Entscheidung zu diesem Antrag traf das Gericht heute aber noch nicht.

Die Beziehung der ABDA zu El Pato

Als Zeuge war sodann ABDA-Hauptgeschäftsführer Dr. Sebastian Schmitz geladen. Er schilderte dem Gericht zunächst Struktur und Aufgaben der ABDA und gab Auskunft über den Etat der Bundesvereinigung. Dann wollte der Vorsitzende Richter Genaueres über die Geschäftsbeziehung zu El Pato wissen, das Unternehmen, das Bellartz 2005 als Kommunikationsagentur mitgegründet hat. Anfang März hatte bereits Ex-ABDA-Präsident Heinz-Günther Wolf als Zeuge erklärt, dass er nichts über diese Aufträge wisse, weil dies „keine Sache des Präsidenten“ sei.

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Schmitz wusste etwas mehr: Die Geschäftsbeziehung sei entstanden, nachdem Bellartz 2007 als Pressesprecher bei der ABDA eingestiegen sei. Die Agentur von Bellartz habe die ABDA-Öffentlichkeitsarbeit, für die Bellartz ebenfalls verantwortlich war, unterstützt. Dafür habe El Pato zwischen 2007 und 2011 – bis Bellartz als Sprecher ausschied – insgesamt 2,5 Millionen Euro erhalten. Schmitz wies allerdings darauf hin, dass dahinter auch „durchlaufende Posten“ gesteckt hätten. Etwa weil die Agentur von dem Geld Filmprojekte oder Anzeigenschaltungen in Medien finanziert habe. Schmitz erklärte zudem, dass sich Bellartz in seiner Position als Stabstellenleiter Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit der ABDA nicht jeden Einzelposten genehmigen lassen musste. 

Schmitz: Kein Interessenkonflikt mit Auswirkung

Der Vorsitzende wollte auch wissen, ob Bellartz es zur Bedingung für seine Einstellung als ABDA-Sprecher gemacht habe, dass El Pato Aufträge von der ABDA bekommt. „Davon hab ich keine konkrete Kenntnis“, erklärte Schmitz. Er bestätigte hingegen, dass Bellartz in seiner Zeit bei der ABDA die Nebentätigkeit bei El Pato genehmigt war. In welchem Umfang, wusste Schmitz nicht. Er räumte auch ein, dass man bei der ABDA eine solche Vereinbarung heute wohl nicht mehr treffen würde – „üblich“ sei es jedenfalls nicht. Aus Schmitz‘ Sicht gibt es aber „keinen Anhaltspunkt, dass es Interessenkonflikte gab, die sich ausgewirkt hätten“.

Auch die El Pato-Sonderuntersuchung, die die ABDA Anfang 2013 bei einem Wirtschaftsprüfungsunternehmen in Auftrag gegeben hatte, sprach der Vorsitzende an: Was war der Zweck? „Wir wollten sicherstellen, dass es keine Unregelmäßigkeiten beim Zahlungsfluss zwischen der ABDA und El Pato gab“, erklärte Schmitz. Das habe das Gutachten auch bestätigt. Allerdings sei auch festgestellt worden, dass das Vier-Augen-Prinzip bei der Rechnungsprüfung nicht optimal lief. „Das würden wir heute auch nicht mehr so machen“, sagte Schmitz.

Wie liefen die Auszahlungen an El Pato?

Der Hauptsgeschäftsführer legte nochmals dar, wie es mit den Auszahlungen lief: Bevor eine Zahlung angewiesen wurde, wurde die Rechnung geprüft. Auch er selbst habe sicherlich Zahlungen für El Pato angewiesen. „Wenn die Belege plausibel sind, unterschreibe ich“, so Schmitz. Und er ist sicher: „Es sind keine Zahlungen ins Blaue von mir angewiesen worden“. Auch ein „Spesenkonto“, von dem etwa Geld für Informationen abgerufen werden konnten, habe es bei der ABDA nicht gegeben. Zuvor hatte die Hauptbelastungszeugin in dem Prozess ausgesagt, dass Bellartz bei den mutmaßlichen Bargeldzahlungen an den IT-Experten H. stets in Vorleistung gegangen sei. Die Beträge habe er sich dann vom Apothekenverband, der eine Art Spesenkonto dafür gehabt haben sollte, wieder geholt.

Der Richter interessierte sich zudem dafür, ob auch beleglose Zahlungen an El Pato erfolgten. Dazu wusste Schmitz jedoch nichts. Die Verfasser des Sonderberichts seien auch gar nicht beauftragt gewesen, das herauszufinden. Sie sollten lediglich vorgelegte Rechnungen überprüfen.

Schmitz: Apotheke Adhoc ist nicht auffällig

Als der Richter dann zu den konkreten Tatvorwürfen kam, fielen Schmitz‘ Antworten einsilbig aus: Ob er vor der öffentlichen Berichterstattung etwas von diesen Vorwürfen gewusst habe? Nein. Ob Bellartz seines Erachtens besonders gut aus dem BMG informiert war? Nein. Ob er besondere Kontakte ins Ministerium gepflegt habe? Nein. Ob Apotheke Adhoc besser informiert gewesen sei als andere Medien? Nein. Zwar sei Apotheke Adhoc immer gut informiert, aktiv und schnell gewesen, sonst aber nicht auffällig. Ob er etwas von einer Synopse zu einem Änderungsentwurf zur Apothekenbetriebsordnung gewusst habe? Nein, davon habe er erst später aus der Presse erfahren.

Verteidiger auf Konfrontationskurs zum Staatsanwalt

Bellartz‘ Anwalt überreichte Gericht und Staatsanwaltschaft zum Sitzungsende noch Schriftsätze mit Anträgen, die er beim nächsten Verhandlungstermin am kommenden Freitag verlesen will. Klar ist: Dem Verteidiger passt so einiges in dem Verfahren nicht. Schon zu Beginn des Prozesses hatte er den Staatsanwalt für seine ersten Äußerungen zu dem Verfahren gegenüber der Presse kritisiert. Vor Verlesung der Anklageschrift habe er gegenüber dem rbb schon weite Teile daraus zitiert und sich von den Journalisten Worte wie „Lobbyist" in den Mund legen lassen. Der Anwalt hatte beantragt, Filmmaterial des rbb in die Hauptverhandlung einzubringen, um die Worte des Staatsanwalts noch einmal genau nachzuvollziehen. Diesen Antrag lehnte das Gericht heute allerdings ab. Zwar hatte der Vorsitzende schon früher erklärt, dass der Auftritt des Staatsanwalts im rbb „unsensibel“ gewesen sei. Allerdings zeigte er sich auch heute überzeugt, dass es diese Aussagen für die Bewertung der Schuld und die Rechtsfolgen im vorliegenden Fall kaum von Belang sein werden. Bellartz' Anwalt zeigte keinerlei Verständnis für diese Entscheidung.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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