Arzneimittelmissbrauch in den USA

Neue, erschreckende Opioid-Analysen

Remagen - 09.04.2018, 16:05 Uhr

Die Zahlen des Arzneimittelmissbrauchs in den USA sind erschreckend, Apotheken müssen immer häufiger Antidots abgeben. (Foto: Imago)

Die Zahlen des Arzneimittelmissbrauchs in den USA sind erschreckend, Apotheken müssen immer häufiger Antidots abgeben. (Foto: Imago)


Häufig gegen Rückenschmerzen

Verschreibungen von Opioiden gegen chronische Schmerzen über eine Dauer von mehr als 30 Tagen, haben in den USA seit 2006 um 55 Prozent zugenommen, und zwar von 17 auf 27 Rezepte pro 100 Amerikaner im Jahr 2016. Eine Studie aus dem Jahr 2008 hat ergeben, dass Opioide für mehr als die Hälfte der Patienten mit chronischen Schmerzen konkret gegen Rückenschmerzen (lower back pain) verschrieben worden waren

Nach den Schmerzrichtlinien der CDC werden sie dafür als Erstlinien-oder Routinemedikation jedoch keineswegs empfohlen. Die Klinische Praxisleitlinie der Amerikanischen Schmerzgesellschaft schlägt hierfür als Erstlinientherapie vielmehr Paracetamol oder NSAR zusammen mit anderen nicht-pharmakologischen Optionen vor, sofern die Rückenschmerzen auf eine Selbstbehandlung nicht ansprechen.

„Wir alle kennen jemanden“

Vor wenigen Tagen präsentierten die Centers for Disease Control and Prevention eine weitere eingehenden Analyse der US-Daten zu Überdosierungen. Hiernach breitet sich die Epidemie sowohl geographisch als über demographische Gruppen weiter aus. Einzelheiten dazu sind in der Mitteilungsreihe der CDC „Morbidity and Mortality Weekly Report“ (MMWR) nachzulesen.

„Keine Region in den Vereinigten Staaten ist von dieser Epidemie ausgenommen“, sagt die erste stellvertretende Direktorin der CDC Anne Schuchat, „wir alle kennen einen Freund, ein Familienmitglied oder jemanden, den wir lieben, der durch Opioide zugrunde gerichtet wurde.“

Die CDC-Analyse, die auf Daten von 2015 und 2016 aus 31 Bundestaaten und Washington, D.C. basiert, hat unter anderem gezeigt, dass die Todesfälle durch Überdosen synthetischer Opioide in 21 Staaten angestiegen sind, wobei die Raten sich in zehn Staaten von 2015 bis 2016 verdoppelt haben. Aus der Sicht der CDC deuten die neuen Auswertungen darauf hin, dass die jüngste Zunahme vor allem auf den steilen Anstieg bei synthetischen Opioiden, wie etwa illegal hergestelltes Fentanyl zurückzuführen ist. In acht Staaten wurden außerdem signifikante Steigerungen der Todesfälle durch verordnungsfähige Opioide verzeichnet.

Fünf-Punkte-Strategie

Die CDC setzen nun weiter auf eine enge Zusammenarbeit mit den zuständigen Stellen in den Bundesstaaten, um das US-Ministerium für Gesundheitspflege und Soziale Dienste so gut wie möglich bei seiner „fünf-Punkte-Strategie“ zur Bekämpfung der Opioid-Krise zu unterstützen. Diese beinhaltet die Verbesserung des Zugangs zu Prävention, Behandlung und Rehabilitation, einschließlich der gesamten Arzneimittel-gestützten Therapie, die gezieltere Verbreitung von Antidoten, die Stärkung der Überwachung durch eine zeitnahe Gesundheitsberichterstattung, die Unterstützung der Spitzenforschung zu Schmerz und Sucht und Förderung einer besseren Praxis bei der Schmerzbekämpfung.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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