Investoren: Google, Microsoft, Yahoo

US-Startup liefert Arzneimittel und Blutkonserven via Drohne

Berlin - 05.04.2018, 11:20 Uhr

Arzneimittelpaket aus der Luft: Das von Google gesponserte US-Unternehmen Zipline liefert in Afrika Blutkonserven und bald auch Arzneimittel via Drohne. (Screenshot: Youtube)

Arzneimittelpaket aus der Luft: Das von Google gesponserte US-Unternehmen Zipline liefert in Afrika Blutkonserven und bald auch Arzneimittel via Drohne. (Screenshot: Youtube)


Die Regierungen der beiden afrikanischen Länder Ruanda und Tansania arbeiten seit einigen Monaten mit dem US-Startup-Unternehmen Zipline zusammen. Die Firma fliegt Blutkonserven und lebenswichtige Arzneimittel aus Versorgungszentren in schwer erreichbare und schlecht angeschlossene Gebiete. Auch in den USA will Zipline nun Fuß fassen. Hinter dem Unternehmen stecken US-amerikanische Multi-Konzerne wie Google.

Arzneimittel per Drohne – was hierzulande undenkbar ist, wird in anderen Teilen der Welt schon längst praktiziert. Insbesondere in einigen afrikanischen Ländern ist die Versorgung so ausgedünnt, dass die Regierungen inzwischen auf unkonventionelle Mittel zurückgreifen. So haben die Gesundheitsministerien in Tansania und Ruanda inzwischen eine enge Zusammenarbeit mit dem US-Unternehmen Zipline etabliert. Zipline baut selbst Drohnen, die eine große Liefertasche enthalten und somit extra für Lieferdienste geschaffen wurden.

Das erste Projekt von Zipline in Afrika startete im Oktober 2016 in Ruanda. Eigenen Angaben zufolge wurde das Unternehmen damals von der Regierung kontaktiert. Man schloss einen Vertrag über die Schaffung eines Versorgungszentrums, aus dem 15 Drohnen Tag für Tag Blut- und Plasmakonserven in abgelegene Regionen fliegen. Und so funktioniert der Service: Die Ärzte in den Kliniken auf dem Land schicken eine Kurznachricht per Handy an Zipline mit dem gewünschten Produkt. „Innerhalb von Minuten“ wird eine Tüte mit den Konserven gepackt, die Kühlung werde dabei auch in der Drohne beibehalten, heißt es auf der Internetseite von Zipline. Mit einer Geschwindigkeit von bis zu 130 km/h fliegt die Drohne dann zur Klinik und wirft die mit einem Mini-Fallschirm versehene Tüte über einem vereinbarten Ort ab. Die Klinik-Mitarbeiter erhalten eine Textnachricht, dass die Lieferung eingetroffen ist. Hier sehen Sie ein Video über den Lieferservice.

Zipline will Impfstoffe und Antibiotika ausliefern

Einer Mitteilung des Unternehmens zufolge wurden so in Ruanda schon mehr als 300.000 Kilometer in mehr als 4000 Flügen zurückgelegt. Mehr als 7000 Konserven wurden abgeworfen, ein Drittel davon sei in Notfallsituationen transportiert worden, in denen es um Leben und Tot gegangen sei. Inzwischen ist Zipline eigenen Angaben zufolge für mehr als 20 Prozent der Auslieferungen von Blutkonserven aus der Hauptstadt Kigali verantwortlich.

Nun will Zipline seinen Service auch auf Arzneimittel ausweiten. Das Unternehmen sei von der Regierung Tansanias kontaktiert worden. Derzeit plane man zusammen einen Lieferservice für „kritische und lebensrettende Medikamente“. Als Beispiele nennt Zipline die Lieferungen von Impfstoffen, HIV-Arzneimitteln, Malaria-Medikamenten, Antibiotika, Laborzubehör sowie Blutkonserven. Das Startup plant, pro Tag bis zu 2000 Lieferungen per Drohne zu tätigen und mehr als 1000 Gesundheitseinrichtungen anzufliegen.

Russische Postdrohne stürzt über Spielplatz ab

Und auch im Heimatland von Zipline scheinen Arzneimittel-Lieferungen per Drohne nicht mehr allzu weit entfernt zu sein. Die US-Flugbehörde FAA arbeitete derzeit an neuen Regulierungen für den sicheren Drohnen-Verkehr. In Zusammenarbeit mit dem Privatsektor will die Behörde den Drohnen-Flugverkehr für Belieferungen austesten, damit er irgendwann flächendeckend in die Versorgung überführt werden kann. Einige US-Staaten, wie etwa North Carolina, haben bereits Interesse bekundet und wollen sich an der Entwicklung dieses neuen Sektors beteiligen – ebenfalls, um Blutkonserven und Notfall-Medikamente schnell ausliefern zu können.

Hinter dem US-Unternehmen Zipline stecken übrigens alte Bekannte: Die Firma stammt aus dem Silicon Valley im US-Bundesstaat Kalifornien. Zu den Geldgebern gehören einige Kapital-Investoren, aber auch der Internet-Gigant Google sowie Yahoo-Gründer Jerry Yang und Microsoft-Mitgründer Paul Allen.

Es bleibt nur zu hoffen, dass den Zipline-Drohnen nicht das widerfährt, was jüngst einer russischen Drohne passiert ist. Die russische Post hatte jahrelang an einer ersten Post-Drohne gearbeitet. Die Drohne wurde vor einigen Tagen öffentlich und feierlich in Betrieb genommen. Doch schon bei ihrem Jungfernflug verunfallte das Gerät und raste in eine Häuserwand an einem Spielplatz. Der Absturz ist auf einem Video zu sehen.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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1 Kommentar

Technologie löst nicht alle Probleme

von Andreas Wiegand am 06.04.2018 um 8:01 Uhr

Drohnen sind für teuere und kurz haltbare Propdukte wie Blutkonserven sicherlich eine zukunftsträchtige Lösung für arme Länder mit schlechter Infrastruktur. Die Arzneimittelversorgung leidet meist unter einer schlechten personellen Ausstattung. Es gibt zu wenige PTA und Apotheker. Lagerkontrolle, rechtzeitige Nachbestellung und Verfalldatenkontrolle finktionieren nicht. Patienten treffen so auf Gesundheitsreinrichtungen mit Lücken im Sortiment oder Überbestände die verfallen. Das lässt sich durch neue Technologie nicht lösen. Es muss Investionen in Fachwissen geben.

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