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Einzelimport – was Apotheker wissen müssen

Stuttgart - 05.04.2018, 17:50 Uhr

Manche Apotheken, wie die Ludwigs-Apotheke in München, haben sich auf den Einzelimport spezialisiert. (Foto: imago / HRSchulz)

Manche Apotheken, wie die Ludwigs-Apotheke in München, haben sich auf den Einzelimport spezialisiert. (Foto: imago / HRSchulz)


Unter welchen Voraussetzungen darf man Arzneimittel aus dem Ausland importieren? Braucht man immer ein Rezept? Oder nur bei Verschreibungspflichtigem? Darf man Importarzneimittel an Lager halten? Übernimmt die Kasse die Kosten? Und welche Dokumentationspflichten gibt es? Beim Einzelimport nach § 73 Abs. 3 Arzneimittelgesetz ist einiges zu beachten. 

Wenn ein bestimmtes Arzneimittel in Deutschland nicht erhältlich ist, besteht die Möglichkeit es als Einzelimport zu importieren. Geregelt ist das im § 73 Abs. 3 Arzneimittelgesetz (AMG). Wir haben die wichtigsten Fragen und Antworten rund um den Einzelimport zusammengefasst.

Wann ist ein Einzelimport möglich?

Nur wenn für das betreffende Anwendungsgebiet kein hinsichtlich Wirkstoff und Wirkstärke vergleichbares Fertigarzneimittel in Deutschland zur Verfügung steht, kann importiert werden. Auch Unterschiede in der Freisetzung können als Importgrund herangezogen werden. So wurde beispielsweise Ritalin LA vor seiner Einführung in Deutschland häufig aus der Schweiz importiert. Wichtig ist noch, dass das gewünschte Arzneimittel im Herkunftsland rechtmäßig im Verkehr sein muss.

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Arzneimittel, deren Zulassung in Deutschland widerrufen wurde oder ruht, dürfen grundsätzlich nicht in den Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes verbracht oder dort in den Verkehr gebracht und demnach auch nicht importiert werden. Wurde jedoch ein zugelassenes Arzneimittel in Deutschland nur vom Markt genommen – in der Regel geschieht das aus wirtschaftlichen Gründen – ist ein Einzelimport möglich. Beispiele sind hier das Antiepileptikum Fycompa, das es jetzt wieder gibt in Deutschland, und bestimmte Antidiabetika. 

Wer darf importieren?

Importieren dürfen Apotheken. Bestellung und Abgabe müssen im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebes erfolgen. Tierarzneimittel können Apotheken für Tierärzte oder Tierhalter sowie Tierärzte im Rahmen der tierärztlichen Hausapotheke für die von ihnen behandelten Tiere importieren. 

Darf man Importarzneimittel lagern?

Einzeln importierte Arzneimittel dürfen nicht auf Vorrat bestellt oder an Lager gehalten werden. Ein Import § 73 Abs. 3 AMG ist nur auf konkrete Bestellung einer einzelnen Person in geringen Mengen entsprechend dem persönlichen Bedarf beziehungsweise dem Praxisbedarf zulässig. Damit erübrigt sich die Notwendigkeit einer Lagerhaltung eigentlich ohnehin. 

Ergänzung (6.4.2018): seit März 2017 (AM-VSG) gibt es die Ausnahme, dass Importe nach §73 AMG in angemessenem Umfang zur vorübergehenden Bevorratung einer Krankenhausapotheke oder krankenhausversorgenden Apotheke bestellt werden dürfen. 

Braucht man immer ein Rezept?

Stammt das zu importierende Arzneimittel aus einen Land der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) gilt die deutsche Arzneimittelverschreibungsverordnung. Sprich, für alle Arzneimittel, die hierzulande verschreibungspflichtig wären, muss der Patient eine ärztliche oder zahnärztliche Verschreibung vorlegen. Auch wenn das Präparat im Herkunftsland vielleicht rezeptfrei zu haben ist.

Für den Einzelimport aus Nicht-EU- oder Nicht-EWR-Ländern ist immer ein Rezept erforderlich. Das gilt übrigens auch für Arzneimittel aus der Schweiz.

Hilfen für die Praxis

Das DeutscheApothekenPortal stellt auf seiner Seite eine Arbeitshilfe zum Thema „Einzelimport nach § 73 Abs. 3 Arzneimittelgesetz“ zur Verfügung.

Mitglieder der LAK Baden-Württemberg finden ein vor kurzem aktualisiertes Merkblatt im Mitgliederbereich der Kammerseite im Internet. 

Dokumentationspflichten und was sonst noch wichtig ist

Werden Importarzneimittel von der Kasse übernommen?

Unter Umständen kommen die Krankenkassen für die Kosten auf. Bei den Ersatzkassen muss die Kasse die Kostenübernahme in jedem Fall genehmigen. Solange diese nicht geklärt ist, sind Apotheken gut beraten, die Verordnung wie ein Privatrezept zu behandeln. Bei den Primärkassen gelten regional unterschiedliche Regelungen. Eine Abgabe ohne Genehmigung birgt aber immer ein gewisses Risiko und ist daher nicht empfehlenswert. 

Welche Dokumentationspflichten gibt es?

Die Dokumentation der Einzelimporte ist in § 18 Apothekenbetriebsordnung festgehalten. Dokumentiert werden müssen demnach:

  1. die Bezeichnung des eingeführten Arzneimittels,
  2. der Name oder die Firma und die Anschrift des pharmazeutischen Unternehmers,
  3. die Chargenbezeichnung, die Menge des Arzneimittels und die Darreichungsform,
  4. der Name oder die Firma und die Anschrift des Lieferanten,
  5. der Name und die Anschrift der Person, für die das Arzneimittel bestimmt ist,
  6. der Name und die Anschrift des verschreibenden Arztes,
  7. das Datum der Bestellung und der Abgabe,
  8. das Namenszeichen des Apothekers, der das Arzneimittel abgegeben oder die Abgabe beaufsichtigt hat.

Die Aufzeichnungen müssen mindestens bis ein Jahr nach Ablauf des Verfalldatums, jedoch nicht weniger als fünf Jahre lang aufbewahrt werden – und zwar vollständig.

Was kann einem Import sonst noch entgegenstehen?

Apotheken dürfen grundsätzliche keine Arzneimittel zu Dopingzwecken (§ 2 AntiDopG) abgeben, ebenso ist ihnen die Abgabe bedenklicher Arzneimittel (§ 5 AMG) untersagt. Das gilt uneingeschränkt auch für den Einzelimport. Entsprechende Präparate dürfen demnach nicht importiert werden

Auch noch wichtig:

Arzneimittel, die Bestandteile von Rindern, Schafen oder Ziegen enthalten, fallen unter die sogenannte TSE-Verordnung, also die Verordnung zur Verhütung transmissibler spongiformer Enzephalopathien. Zu diesen TSE zählt beispielsweise die Rinderseuche BSE. Werden Arzneimittel importiert, die solche Bestandteile enthalten, muss der zuständige Apothekenleiter eine Erklärung ausstellen, die folgenden Wortlaut hat: „Das Erzeugnis enthält weder spezifiziertes Risikomaterial im Sinne von § 1 Abs. 2 Arzneimittel-TSE- Verordnung, noch ist es unter Verwendung von solchem Material hergestellt worden“. Diese Erklärung muss in der Apotheke vorgehalten werden und ist der zuständigen Aufsichtsbehörde auf Verlangen vorzulegen. 



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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