Generika in der Schweiz

Happiger Substitutionszuschlag ist rechtens

Remagen - 04.04.2018, 15:50 Uhr

(Foto: Imago)

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In einigen Schweizer Medien wird die Aufmerksamkeit derzeit auf Generika gelenkt. Dabei werden auch die wirtschaftlichen Interessen der Apotheker hinterfragt. Anlass ist ein aktueller Fall, in dem eine Apotheke mit der Krankenkasse über 20 Franken für die Generika-Substitution abgerechnet hat.

Erst im Dezember 2017 hatte DAZ.online über einen Beitrag des Schweizer SRF-Konsumenten-Magazin „Espresso“ berichtet. In dem kuriosen Fall war ein Generikum für eine Patientin teurer als das Originalpräparat. Nun präsentiert das gleiche Magazin einen weiteren „Aufreger“ rund die Nachahmerpräparate im Alpenland. „Sub – Crestor“ für 21.60 Franken. Diesen Posten habe ein Hörer der Sendung auf der Abrechnung seiner Krankenkasse entdeckt.

Dabei stehe „Sub“ für „Substitution“, also den Ersatz eines Originalarzneimittels, und „Crestor“ war das betreffende Präparat. Der Hintergrund: Der Kunde hatte sich vom Apotheker statt des gut 120 Franken teuren Crestor ein Generikum geben lassen, das nicht einmal die Hälfte, nämlich 51,90 Franken kostete. Warum der Apotheker dafür einen derart hohen Zuschlag bekam, sei ihm nicht klar gewesen und so habe er vor Ort noch einmal nachgehakt. In der Apotheke sei ihm dann erklärt worden, dass dieser Zuschlag zulässig sei, weil man ihn auf ein Generikum verwiesen habe. Das zahle ja sowieso die Krankenkasse, wurde er beruhigt, fragte sich aber trotzdem, ob der gewünschte Spareffekt durch die preiswerteren Generika damit nicht gleich wieder verpuffe.

Zuschlag im Tarifvertrag klar geregelt

Ein Blick in die Rechtslage verrät schnell, dass das durchaus alles seine Richtigkeit hatte.  Genau so steht es nämlich im aktuellen Tarifstruktur-Vertrag über die Leistungsorientierte Abgabe (LOA IV/1), den der Schweizerische Apothekerverband pharmaSuisse mit den Krankenversicherungsverbänden santesuisse und curafutura abgeschlossen hat.

Der Vertrag regelt die Honorierung der Apotheker für besondere Leistungen. Dazu gehört auch die Substitution eines Originalarzneimittels durch ein Generikum. Maßgeblich für die Höhe der Vergütung ist der Preisunterschied gemäß Spezialitätenliste zwischen dem Originalpräparat sowie dem abgegebenen Generikum. Von der Einsparung, die sich hieraus ergibt, stehen dem Apotheker 40 Prozent zu. Allerdings ist der Betrag nach oben auf 20 so-genannte „Taxpunkte“ gedeckelt. Ein Taxpunkt liegt derzeit bei 1,05 Franken, macht also 21 Franken zuzüglich 2,5 Prozent Mehrwertsteuer. 

Extra-Geld für besondere Leistung

Das Geld bekommt der Apotheker einmalig dafür, dass er ein geeignetes Generikum auswählt, dieses dem Patienten vorschlägt und seine Zustimmung dazu gewinnt sowie für die Formalitäten im Zusammenhang mit der Abrechnung und der Information des Arztes. Er soll hiermit einen Anreiz bekommen, überhaupt ein Generikum abzugeben. Bei weiteren Abgaben des Präparates fällt das Honorar allerdings nicht mehr an. Er darf es auch nicht verrechnen, wenn der Arzt den Wirkstoff verschreibt oder die Substitution mit dem Vermerk „aut idem“ oder „aut genericum“ ausdrücklich an den Apotheker delegiert.

Preisüberwacher Stefan Meierhans rechtfertigt den Zuschlag im SRF. Ein Apotheker erhalte zwölf Prozent des Verkaufspreises. Er verliere also, wenn er ein günstigeres Generikum abgebe. Gerade bei chronisch Kranken, die ein Medikament über Jahre einnähmen, würden sich diese Mindereinnahmen summieren.

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Preisüberwacher hofft auf Festbetragssystem

Ideal ist die Sondervergütung für den Preisüberwacher aber trotzdem nicht, wenn es darum geht, den Absatz von Generika zu erhöhen. Mehr erhofft er sich nun von den Vorschlägen einer Expertengruppe des Bundes von September 2017 zur Senkung der Gesundheitskosten. Sie befürwortet die Einführung eines Festbetragssystems.

Die Fixpreise sollen dann unabhängig davon gelten, ob es sich um ein Originalpräparat oder ein Generikum handelt. Als Resultat erwartet Meierhans, dass sich die allermeisten Hersteller beim Verkaufspreis ihrer Medikamente um diesen Festpreis gruppieren und die Preise außerdem insgesamt deutlich nach unten gehen. So sei es zumindest in anderen Ländern zu beobachten.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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