Pharmaziestudenten-Kolumne (Teil 2)

Gibt es den „Klebeeffekt“ nach dem Pharmaziestudium wirklich?

Jena - 28.03.2018, 07:00 Uhr

Wo lassen sich Apotheker nach ihrem Studium nieder? Dieser Frage geht Max Willie Georgi, Präsident des BPhD, in seiner neuen Kolumne nach. (Foto: Imago)

Wo lassen sich Apotheker nach ihrem Studium nieder? Dieser Frage geht Max Willie Georgi, Präsident des BPhD, in seiner neuen Kolumne nach. (Foto: Imago)


In Brandenburg kämpft die Kammer dafür, einen Pharmazie-Studiengang ins Land zu holen. Damit erhofft sie sich einen „Klebeeffekt“, der die jungen Apotheker nach dem Studium im Land halten soll. Aber gibt es diesen Effekt wirklich? Und welche Faktoren beeinflussen die Wahl des Studienortes sowie die Wahl des späteren Arbeitsortes? Im zweiten Teil der Kolumne des Bundesverbandes der Pharmaziestudierenden (BPhD) geht Präsident Max Willie Georgi diesen Fragen nach.

Momentan bieten 22 Universitäten in Deutschland den Studiengang Pharmazie an. Damit hat bis auf Brandenburg und Bremen jeder Kammerbezirk mindestens eine Fakultät, die für Nachwuchs in den Apotheken sorgt. Jedes Jahr erhalten somit rund 2000 Absolventen ihre Approbation als Apotheker. Angesichts der Altersstruktur in Apotheken zeigt sich, dass in den nächsten Jahren vermutlich mehr Apotheker in den Ruhestand gehen werden, als Nachwuchs dazukommen wird. 

Die Kammern haben dieses Problem immerhin schon erkannt und im vergangenen Jahr auf dem DAT (erneut) den Wunsch nach Studienplätzen in der Pharmazie verabschiedet. Nach Monaten der Überlegung ist die ABDA nun doch zu dem Schluss gekommen, dass dies eine Aufgabe ist, der die Kammern selbst am besten nachgehen könnten. Der Apothekermangel wird somit für jeden Bezirk einzeln betrachtet und jede Kammer muss sich die Frage stellen, ob mittelfristig mehr Nachwuchs benötigt wird. Da die Einführung des Studiengangs Pharmazie viel Kraft und Überzeugungsarbeit kosten wird, sollte man natürlich auch darüber nachdenken, ob man dies auf sich nehmen möchte oder eher die Kapazitäten an den bestehenden Universitätsstandorten erhöht. Außerdem stellt sich die Frage, ob sich die Theorie des „Klebeeffektes“ überhaupt bewahrheitet. Würde ein Studienstandort der Pharmazie das Problem eines Nachwuchsmangels lokal lösen können? Bleiben die Absolventen nach ihrem Abschluss in ihrer Universitätsstadt?

 Über einen solchen „Klebeeffekt“ können wir nur spekulieren. Ich würde eher dazu tendieren, dass er nicht vorhanden ist. An meinem eigenen Standort Jena kommt ungefähr ein Drittel der Studierenden aus Sachsen und dorthin wollen sie auch wieder zurück. Die Universität Leipzig bietet lediglich nicht die Kapazitäten, um die Nachfrage an Bewerbungen abzudecken, weshalb Jena oder Halle gute Alternativen sind. Einen Lehrstuhl allein dafür einzurichten, junge Menschen aus anderen Bundesländern zu sich zu holen und hoffen, dass diese bleiben, würde ich deshalb nicht empfehlen.

Dritter Ausbildungsabschnitt sehr wichtig

Was beeinflusst die Wahl des Studienstandortes eigentlich? Durch das Staatsexamen ist der Studiengang in Deutschland sehr einheitlich geregelt. Die Besonderheiten an den einzelnen Standorten entstehen meist durch die unterschiedlichen Ausstattungen und den darauf basierenden Studienordnungen. Letztere sind (mit etwas Aufwand) für jeden Bewerber zugänglich, wenn sie das möchten. Die Unterschiede werden jedoch meist erst im Studium verständlich, wenn man den Alltag an der Universität einmal selbst erlebt hat. Viel ausschlaggebender ist deshalb der Standort an sich. Für die meisten sollte dieser am besten in der Nähe der Heimat liegen, damit man Familie und Freunde möglichst oft wiedersehen kann. Wenn man den „Klebeeffekt“ in dieser Form interpretiert, dann wird er sogar zu einem sehr guten Argument für einen Lehrstuhl im eigenen Bezirk. Denn so müssen die Studierenden gar nicht erst weggehen und können sich in ihrem gewohnten Umfeld auf ihr Studium konzentrieren. 

Neben der universitären Lehre sollte man den dritten Ausbildungsabschnitt nicht vergessen. Dies bietet allen Kammern und auch allen Apotheken die Möglichkeit, den Nachwuchs abzugreifen. Bereits für das Praktische Jahr schwärmen die Pharmazeuten aus und suchen sich einen attraktiven Ausbildungsplatz. Viele verlassen die Universitätsstädte dafür schon wieder und gehen meist einen Schritt in Richtung Heimat zurück. Doch die sechs oder auch zwölf Monate werden mehr als alles andere dafür genutzt, um etwas Neues kennenzulernen. Eine Apotheke, welche sich hier von der Masse abheben kann, wird auch schnell gefunden werden. Sei dies durch eine Zertifizierung durch Apothekerkammern oder durch Erfahrungsberichte von ehemaligen PhiPs beim BPhD. Dadurch kann jede Apotheke zur Empfehlenswerten Ausbildungsapotheke werden und mit einem sehr guten Ausbildungskonzept auch zur Besten Ausbildungsapotheke des Jahres gekürt werden. Die Bundesapothekerkammer und der BPhD haben einen Leitfaden zur Ausbildung im dritten Abschnitt erarbeitet, welcher auch als Vorlage dienen kann. 

Die Offizin-Apotheke ist momentan noch der Ort, an dem die meisten Absolventen am Ende bleiben. Das Studium und die Zeit an der Universität ist ein prägender, aber auch kurzer Abschnitt im Leben. Wie und wo man sich seine Existenz aufbaut, entscheiden die meisten Pharmazeuten erst hinterher. Was man bis dahin gesehen und erlebt hat, trägt sicherlich auch dazu bei, jedoch wird die Attraktivität des Arbeitsplatzes mitsamt seinem Umfeld den größten Ausschlag in der Entscheidung bewirken. Dort anzusetzen, wird niemals verkehrt sein.  



Max Willie Georgi, Beauftragter für PJ und Beruf
redaktion@daz.online


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