Gesundheitspolitische Diskussion

Die ABDA sollte mit uns reden…

17.03.2018, 07:00 Uhr

Hallo, ABDA, warum redest du nicht mit uns? Gesundheitspolitiker auf der Interpharm 2018 (Foto: Schelbert / DAZ.online)

Hallo, ABDA, warum redest du nicht mit uns? Gesundheitspolitiker auf der Interpharm 2018 (Foto: Schelbert / DAZ.online)


Dass die ABDA von Gesprächen mit Politikern zum Honorargutachten nichts wissen will, könnten sie nicht nachvollziehen, sagten Gesundheitspolitiker der Koalition, der FDP und der Linken in der gesundheitspolitischen Diskussionsrunde auf der Interpharm. Sie forderten die ABDA auf, mit der Politik in Dialog zu treten – auch über Fragen, wie man den Apotheker in Zukunft stärken kann, beispielsweise durch honorierte Dienstleistungen und durch Einbindung in den Medikationsplan. 

Sabine Dittmar (SPD) (Foto: Schelbert / DAZ.online)

Die Koalitionspartner Michael Hennrich (CDU) und Sabine Dittmar (SPD) freuten sich auf den neuen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Er wolle Veränderungen, er möchte die Debatte, sagten sie fast unisono. Nur beim Rx-Versandverbot war der vollkommene Gleichklang nicht zu hören. Dittmar wolle sich allerdings einem Verbot nicht verschließen, wenn es Spahn gelingt, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der europa- und verfassungsrechtlich konform ist – „das wird eine Herausforderung“. 

Kordula Schulz-Asche (Die Grünen) (Foto: Schelbert / DAZ.online)

Die Gesundheitspolitikerin der Grünen, Kordula Schulz-Asche, ist überzeugt, dass sich die Strukturprobleme in der Apothekenlandschaft nicht durch ein Rx-Versandverbot lösen lassen. Die Apotheker werden mit der Ausarbeitung und Durchsetzung eines solchen Gesetzes wertvolle Zeit verlieren, mahnte sie, Zeit, die sie lieber in die Lösung anderer Probleme stecken sollten. 

Sylvia Gabelmann (Die Linke) (Foto: Schelbert / DAZ.online)

Mit Sylvia Gabelmann, Gesundheitspolitikerin der Linken und selbst Apothekerin, haben die Apothekerinnen und Apotheker „eine Freundin“ im Bundestag, bestätigte sie und hielt ein Plädoyer dafür, dass die Rolle des Apothekers im Gesundheitswesen gestärkt werden müsse. Und Andrew Ullmann, der erst 2017 für die FDP in den Bundestag zog, ist überzeugt, dass die strukturellen Probleme für die Apotheken nicht durch die Versandapotheken entstanden seien. Ullmann, von Haus aus Arzt und Universitätsprofessor, machte die FDP-Position deutlich: „Wir stehen nicht hinter einem Rx-Versandverbot.“ Der Apotheker sollte stattdessen für seine Beratung honoriert werden, „wir sind für eine Stärkung der Apotheker“. 

Wen interessiert das Honorargutachten? 

Das Honorargutachten ist veröffentlicht - wie sehr drängt es die Koalition, dieses Fass aufzumachen, wollte Moderator und DAZ.online-Chefredakteur Benjamin Rohrer wissen. Dittmar sieht dieses Thema eher gelassen und fragt sich, ob man angesichts drängender anderer Fragen wie das Rx-Versandverbot überhaupt dazu komme, darüber zu diskutieren. Das Gutachten stelle für sie eine Datenbasis dar, aber vieles sei darin auch fragwürdig, es gebe viel zu diskutieren. Ihr liege zudem eher eine Honorarordnung für Apotheker am Herzen, die mehr die heilberufliche Komponente des Apothekers abbilde. Das Honorar dürfe doch nicht nur von der Zahl der verkauften Packungen abhängen, so die SPD-Gesundheitspolitikerin. Auch beim Thema Medikationsplan müsse man im Sinne der Apotheker vorankommen. 

Michael Hennrich (CDU) (Foto: Schelbert / DAZ.online)

„Ich weiß zwar, was drin steht“, so Hennrich zum Honorargutachten, „aber ich habe das Gefühl, es interessiert zurzeit keinen.“ Außerdem: „Es glaubt doch auch keiner, dass wir das als Auftrag zur Umsetzung nehmen, da käme ich hier nicht lebend aus dem Saal“. Auch Hennrich spricht sich eher dafür aus, die Leistungen des Apothekers zu vergüten wie beispielsweise honorierte Dienstleistungen: „Wenn es eine Dynamisierung beim Apothekerhonorar geben sollte, dann bei den Beratungsleistungen.“ Er würde sich sogar dafür einsetzen, dass Apotheken mit Krankenkassen entsprechende Dienstleistungsverträge schließen dürften. „Wir wollen Apotheker in ihrer Kompetenz stärken, wir haben dazu Ideen“, so Hennrich. Die SPD-Politikerin Dittmar ist sich mit Hennrich einig: „Mir ist wichtig, mit der ABDA in einen Austausch zu kommen.“

Schulz-Asche bedauerte, dass die ABDA noch vor dem Gutachten kein Interesse zeigte, sich an einer Kommission zu beteiligen, die nach Lösungen in der Honorarfrage suchen sollte: „Die Konsequenz kann doch jetzt nicht sein zu sagen, wir reden nicht darüber. Wir haben ein schweres Problem, wenn die ABDA nicht darüber diskutieren will.“ 

Für Gabelmann ist beim Thema Honorargutachten klar: Es geht nicht darum, die Leistungen der Apotheker angemessen zu honorieren, es soll einfach nur gespart werden. Es sei zudem erschreckend, wie wenig Zeit für die menschliche Zuwendung in unserem Gesundheitswesen zur Verfügung stehe. 

ARMIN und der Medikationsplan 

Das ARMIN-Projekt in Sachsen und Thüringen liege ihr sehr am Herzen, ließ Dittmar wissen und forderte die Ärzte der beteiligten Länder auf, dem Projekt offen gegenüberzustehen. 

Auch CDU-Gesundheitspolitiker Hennrich hält das Projekt „in der Theorie für perfekt“. Er wolle sich schon bald ARMIN näher ansehen. Ullmann kann nicht verstehen, dass sich Ärzte dagegen sträuben. Da sei er sich mit Schulz-Asche und den Grünen einig, die Ärzte am liebsten stärker unter Druck setzen würden, sich diesem Projekt nicht zu verschließen. 

Auch für Gabelmann ist es selbstverständlich, die Apotheker, aber auch Pflegekräfte stärker in den Medikationsplan einzubinden, da sie oft mit Patientenproblemen konfrontiert würden und darüber besser Bescheid wüssten. Auch wenn er Arzt sei, so der FDP-Politiker Ullmann, finde er es ungerecht, dass Ärzte für den Medikationsplan Geld bekämen und die Apotheker nicht, obwohl sie eine Leistung erbrächten. Der Apothekerberuf muss klar als Heilberuf definiert werden und nicht als Verkäufer, so Ullmann. 

Zum Medikationsplan stieß Schulz-Asche in das gleiche Horn. Es könne doch nicht sein, dass die Verantwortung dafür allein bei den Ärzten liege: „Die Apotheker müssen laut rufen, dass sie beim Medikationsplan mitmachen wollen!“ Und sie ließ wissen, dass sich die Grünen weiterhin mit der ABDA unterhalten wollen, um die Patientenorientierung in den Mittelpunkt zu stellen: „Ich verstehe nicht, warum sich die ABDA den Gesprächen entzieht.“ Und sie fügte hinzu: „Wir sind offen für Gespräche, wir hoffen, dass die ABDA zurückkommt. Wir brauchen den Dialog.“ 



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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3 Kommentare

Schulz-Asche

von Conny am 17.03.2018 um 13:09 Uhr

Die Frau nervt nur !

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rx vesandverbot

von Ramadan am 17.03.2018 um 12:34 Uhr

Alternativ zu RX Vv wäre 10 Euro Honorar und Beratungsleistung pro RX Packung für Vorort Apotheken und 6 Euro pro RX Packung für Versandhändler. .

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Der Teufel steckt im Detail

von Wolfgang Müller am 17.03.2018 um 11:06 Uhr

Das klingt gerade mal wieder sehr gut, was da diskutiert wird. Stärkung der Apotheke als Ort der Heilberuflichkeit, dem entsprechend Honorierung heilberuflicher Dienstleistungen, wie „Medikationsmanagement“. Glaubt mir bitte alle hier, ich gehöre ziemlich exemplarisch zu denen, die sich eine mehr oder weniger internistische Tätigkeit zur gemeinsamen, kollegialen Optimierung der Arzneitherapie mit Hausärzten in der Apotheke auch persönlich sehr gut vorstellen können, so quasi als nie für möglich gehaltene Krönung meiner pharmazeutischen Laufbahn. Und nichts besseres könnte ich mir für meine Kinder wünschen, die inzwischen zweifellos die Qualifikation dafür erworben haben.

Es sind dafür "nur" drei Voraussetzungen zu erfüllen, und vielleicht hat das ja auch Fritz Becker damit gemeint, als er schon vor längerer Zeit zum Thema "Honorierung weg von der Packung" sagte: "Der Teufel steckt im Detail".

1) Die ganze Sache muss sich rechnen. "Der Apotheker als Kaufmann" ist gerade bei solch einer Lösung nicht weniger, sondern MEHR denn je gefragt. Sonst haben wir nicht ein zusätzliches Standbein, sondern eine zusätzliche hoch defizitäre und jeden Nachwuchs abschreckende tödlich bürokratische "Gemeinwohlpflicht". Und noch schneller noch weniger normale Präsenz-Apotheken.

2) Es darf keine "Honorierten Dienstleistungen" gekoppelt dann eben DOCH an Packungsverkäufe geben, z. B. Durch brandgefährliche Einschreibe-Selektivverträge mit den GKVen, die hier die FDP vorschlägt. Davon würden nur sehr große Apotheken-Strukturen mit sehr hohen Marketing-Aufwendungen profitieren.

3) Eine Lösung "Stärkung der Typischen Vor-Ort-Apotheken durch honorierte Dienstleistungen" darf selbstredend nicht darauf hinauslaufen, dass genau diese Dienstleistungen sogar besser, weil viel wirtschaftlicher am Telefon (oder am Ende sogar Online) durch die Massen-Versand-Apotheken zu erbringen sind.

Ich bleibe skeptisch. Wenn es nicht gelingt, eine ECHTE, allgemeingültige Honorar-Ordnung vollkommen unabhängig von Einzel-Selektivverträgen mit GKVen für diese Pharmazeutischen Dienstleistungen zu erhalten; und viele von "Uns" sogar auch weiter irgendwie Komplex-beladen denken, dass das ganze nur funktionieren KANN, wenn man Ärzte und Patienten in ein solches System mit Einschreibe-Selektiv-Verträgen ZWINGT: Dann kann das Ganze nur eine schlimme weitere Belastung für die normalen Öffentlichen Apotheken werden, statt sie zu stabilisieren.

Der einzige, aber - wenn alle wollen - auch gar nicht so schwer zu etablierende Ansatz, um die beschriebenen Probleme zu lösen, wäre gerade nicht das "ARMIN"-Einschreibe-Selektivvertrags-System, sondern "Medikationsmanagement auf Überweisung" nach Müller-Bohn (so nenne ich es jetzt mal), das wohl gerade noch in Greifswald erprobt wird. Sonst sollten wir lieber weiter für eine faire Anpassung der Packung-Honorierung, auskömmliche Rezeptur-Honorierung und Abschaffung überflüssiger Bürokratie und Regularien kämpfen, um zu überleben.

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