Antibiotika für Kinder

Bei Atemwegsinfekt lieber „Schmalspur“ statt Breitspektrum

Stuttgart - 19.03.2018, 12:00 Uhr

Antibiotika sind bei
Kindern nicht beliebt, und viel hilft nicht unbedingt viel. (Foto: photomim / stock.adobe.com)

Antibiotika sind bei Kindern nicht beliebt, und viel hilft nicht unbedingt viel. (Foto: photomim / stock.adobe.com)


Praktische Relevanz in Deutschland

In einer weiteren Kohorte wurden prospektiv zwischen Januar 2015 und April 2016 patientenzentrierte Ergebnisse gesammelt. Von insgesamt 2472 Kindern (1100 mit akuter Otitis media, 705 mit (Gruppe-A-Streptokokken) Pharyngitis und 667 mit akuter Sinusitis) bekamen 35 Prozent (868) Breitspektrum-Antibiotika verschrieben. Dabei zeigte sich, dass Breitspektrum-Antibiotika die Lebensqualität der Kinder leicht verschlechterten (Breitspektrum-Antibiotika erzielten einen Score von 90,2 und Schmalspektrum-Antibiotika einen Score von 91,5). Nebenwirkungen wurden unter den Breitspektrum-Antibiotika häufiger dokumentiert (durch Klinikärzte 3,7 Prozent unter Breitspektrum versus 2,7 Prozent unter Schmalspektrum; durch Patienten 35,6 Prozent unter Breitspektrum versus 25,1 Prozent unter Schmalspektrum.)

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Alle Kinder waren zwischen sechs Monaten und zwölf Jahren alt. Die Autoren schließen aus den Daten, dass bei Kindern mit akuten Atemwegsinfektionen, Breitspektrum-Antibiotika keinen zusätzlichen Nutzen gegenüber Schmalspektrum-Antibiotika aufweisen. Stattdessen sind sie mit einer höheren Nebenwirkungsrate assoziiert. Deshalb sollten Schmalspektrum-Antibiotika bevorzugt eingesetzt werden.

Schwächen der Studie

Die Studienautoren schließen nicht aus, dass manche der untersuchten Kinder an einem viralem statt einem bakteriellen Infekt litten, jedoch spiegele dies auch die Verschreibungspraxis im Alltag wieder. Da Kinder, die bereits innerhalb von 30 Tagen zuvor Antibiotika erhalten hatten, nicht in die Studie eingeschlossen wurden, lässt sich keine Aussage darüber treffen, ob diesen Kindern Breitspektrum-Antibiotika nicht vielleicht doch besser geholfen hätten.

Gegenüber Medscape bestätigte Prof. Dr. Arne Simon (2. Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie und Oberarzt an der Klinik für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie des Universitätsklinikums des Saarlandes) vergangenen Februar den in der amerikanischen Studie geschilderten Trend: Zwar würden Antibiotika-Verschreibungen bei Kindern und Jugendlichen leicht zurückgehen, gerade bei akuten Atemwegsinfekten würden jedoch vermehrt Breitspektrum-Antibiotika eingesetzt werden. Konkret nannte er Cefuroxim, obwohl es in den Leitlinien kein Mittel der ersten Wahl ist.

Ein Ansatz für die Praxis wäre, wie Prof. Simon vorschlägt, sich die Breitspektrum-Antibiotika für die Zweitlinien-Therapie aufzusparen, denn offenbar erleiden Kinder unter Schmalspektrum-Antibiotika nicht häufiger Komplikationen.



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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