Handlungsempfehlungen

Risikomanagement der Apotheken im Pandemiefall

Berlin - 15.03.2018, 11:00 Uhr

Im Falle einer Pandemie ist schnelles und zielgerichtetes Handeln wichtig (Foto: Stockwerk-Fotodesign

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Im Falle einer Pandemie ist schnelles und zielgerichtetes Handeln wichtig (Foto: Stockwerk-Fotodesign /stock.adobe.com)


Vor 100 Jahren wütete die sogenannte Spanische Grippe und kostete Millionen Menschen weltweit das Leben. Die Folgen sind heutzutage kaum mehr vorstellbar – ausgeschlossen sind Pandemien aber nicht. Wie können sich Apotheken auf den Fall der Fälle vorbereiten? Welches Risikomanagement sollten sie betreiben?

Die Grippepandemie 1918/19 – die sogenannte Spanische Grippe – kostete Millionen Menschen das Leben. Die Mediziner taten alles, was in ihrer Macht stand und was dem damaligen Wissensstand entsprach. Vieles davon wird auch heute noch empfohlen: die Isolation Erkrankter, allgemeine Hygienemaßnahmen wie häufiges Händewaschen und das Vermeiden der Weiterverbreitung durch Schließen von Schulen, Theatern und anderen Orten mit hohem Publikumsverkehr. Doch es fehlten im Gegensatz zu heute wirksame medikamentöse Behandlungen und die Möglichkeit der Prophylaxe durch Impfungen. Im Unterschied zu früher wissen wir heutzutage nicht nur mehr – wir können uns vor allem besser vorbereiten.

Apotheken finden ausführliche Hinweise zum Risikomanagement im Falle einer Influenzapandemie in einer von der Bundesapothekerkammer und in Zusammenarbeit mit der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) herausgegebenen Informationsbroschüre. DAZ online hat die wichtigsten Tipps und Informationen zur Pandemieplanung zusammengestellt. 

Pandemieplanung – Vorbereitung ist alles

Im Falle des Falles ist vor allem schnelles und zielgerichtetes Handeln wichtig. Bei einer Influenzapandemie bedeutet das in erster Linie, bereits Erkrankte medizinisch und pharmazeutisch zu versorgen und möglichst eine weitere Ausbreitung des Infuenzavirus zu unterbinden. Jede Apotheke sollte sich – am besten mit Hilfe eines individuell angepassten Risikomanagements – auf eine solche Pandemiesituation vorbereiten. Rechtzeitige Vorbereitung ist das A und O, denn keiner kann eine Pandemie vorhersagen.

Pandemien werden normalerweise ausgelöst durch neuartige Viren beziehungsweise ausgeprägte Mutationen bekannter Viren. Immunitäten in der Bevölkerung liegen dementsprechend noch nicht vor oder fallen zu gering aus. Das Virus kann sich schnell ausbreiten. Passendere Impfstoffe müssen meist erst entwickelt werden. Auf diese Gemengelage sollten Apotheken vorbereitet sein. In einem Notfallplan sollten die Apothekenleiter Verantwortlichkeiten und Betriebsabläufe schon im Vorfeld festlegen – und diese regelmäßig aktualisieren.

Vorbereitende Maßnahmen Ziel im Pandemiefall
Identifizierung und Priorisierung der Aufgaben, einschließlich zusätzlich anfallender Aufgaben Apothekenbetrieb aufrechterhalten / Versorgung der Bevölkerung sicherstellen
Organigramm Zuständigkeiten festlegen
Kommunikationsplan Informationen erhalten / Kommunikation nach außen aufrechterhalten
Liste mit zusätzlich zu aktivierenden Mitarbeitern (Springern) Personalplanung bei hohem Krankenstand
Anfahrtsmöglichkeiten des Personals Personalplanung bei Ausfall öffentlicher Verkehrswege
Gefährdungsbeurteilung (§4 BioStoffV) Schutz der Mitarbeiter vor einer Infektion
Warenbestandsliste Pandemiefall Warenbestand optimieren mit pandemierelevanten Arzneimitteln, Medizinprodukten und Desinfektionsmitteln
Eigenbedarfsplanung der Apotheke Arbeitsschutz durch z.B. Mund-Nasen-Schutz und Handschuhe für Personal / Desinfektionsmaßnahmen planen
Herstellung Oseltamivir-Lösung Herstellungsanleitung für alle verfügbar machen. Einweisung der zuständigen Mitarbeiter.
Gefährdungsbeurteilung (§6 GefStoffV) Schutz der Mitarbeiter im Falle der Herstellung einer Oseltamivir-Lösung
Zubehörplanung für Herstellung Oseltamivir-Lösung Ausreichende Bevorratung
Quelle: eigene Darstellung nach Vorgaben „Influenzapandemie – Risikomanagement in Apotheken“


Inken Rutz, Apothekerin, Autorin DAZ.online
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

@Ch. Patzelt

von Gerhard Zück am 15.03.2018 um 23:43 Uhr

Gut gebrüllt Kollegin !
Wie aktuell das Thema ist zeigen die Lesehinweise der DAZ > 2005-2007 ! Aus den "zahlreichen" Reaktionen der Kollegen/innen schließe ich, daß das Thema den meisten
von uns hinten vorbeigeht., sind wir doch z.Zt. stark beschäftigt mit realen Virus-Erkrankten, der Vorbereitung auf die neuen Datenschutz-Richtlinien, auf die Einrichtung des IKS zum Bestehen der Anforderungen in der steuerlichen Betriebsprüfung und dem Ausblick auf die technischen Anforderungen des securPharm-Konzeptes,
Der Blick auf´s obenstehende Organigramm reizt entweder zum Weinen oder zum Zähneknirschen: "Liste mit zusätzlich zu aktivierenden Mitarbeitern (Springern)" LOL !
Tröstlich ist: bei Eintreffen des sicherlich in retested quality
gelieferten Oseltamivirs entfällt im Pandemiefall die Eingangsprüfung !!
Sie sollten allerdings nach wie vor auf die Gießringfreiheit der einzulagernden 50/60ml Medizinflaschen achten, auch die aktuell im Markt befindlichen 10 ml Oral-Spritzen passen
nicht durch einen Gießring! Weitere Fragen zum Equipment
beantwortet Ihnen gerne einer der wenigen Rezeptur-bedarfs-Lieferanten hierzulande.
Hilfreiche Handreichungen gewährt mir der Influenzapandemie-Plan der LAK BW (Stand 2011) -
gut, die Liste der Großhandlungen müßte mal überarbeitet
werden, sowie das 2bändige Kompendium der Notfall- und
Katastrophenpharmazie, kostenlos erhältlich beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe,
sowie online einsehbar bei www.katastrophen-pharmazie.de
Hier finden Sie auch die aktuellen Ergänzungen seit 2009.
Für die Verknappung von Ibuprofen-Saft habe ich allerdings keine brauchbare Rezeptur gefunden, selbst DAC/NRF ist
auf so etwas nicht vorbereitet...
Es grüßt Sie im Bewusstsein der Sinnhaftigkeit unseres täglichen Tuns

G.Zück


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Moment mal!!!

von Christiane Patzelt am 15.03.2018 um 12:24 Uhr

Laut Politik kann das ja wohl auch die Versandapotheke aus Holland machen!! Wieso muss ich mich da auf irgend etwas vorbereiten?? Nönö, Nachbarn--so nicht! Ihr könnt doch von mir nicht maximalen Aufwand für die Wahrung der öffentlichen Gesundheitsinteressen verlangen und mir gleichzeitig vorhalten, wie extreeemmm wichtig der Versand für die Volksgesundheit ist!

Solange die Politik nicht begreift, welchen Stellenwert wir vor-Ort-Apotheken haben, sollte sie sich nicht darauf verlassen, dass wir uns in die Pflicht genommen fühlen, für genau solche Fälle zuverlässig parat zu stehen!! Wer uns jahrelang im Regen stehen lässt, der hat keine Gemeinwohlpflicht mehr abzurufen!!

Ich bin nicht das "Warmhaltemännchen" für ernste Notfälle - so funktioniert das nicht!

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