Demenzforschung

Erster Bluttest auf Alzheimer in Sicht?

Remagen - 20.03.2018, 11:00 Uhr

Einem
Team von australischen und japanischen Wissenschaftlern ist es gelungen,
Peptide im Blut zu bestimmen, die für die Alzheimer-Krankheit charakteristisch
sind. (Foto: Barabas Attila

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Einem Team von australischen und japanischen Wissenschaftlern ist es gelungen, Peptide im Blut zu bestimmen, die für die Alzheimer-Krankheit charakteristisch sind. (Foto: Barabas Attila / stock.adobe.com)


Forscher aus Australien und Japan haben möglicherweise einen großen Schritt hin zu einem verlässlichen Test für die Früherkennung der Alzheimer-Erkrankung gemacht. Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie erachtet den Test als außerordentlich nützlich für die Biomarker-basierte Erforschung von Alzheimer-Medikamenten in Frühphasen der Erkrankung.

Einem Team von australischen und japanischen Wissenschaftlern ist es gelungen, Peptide im Blut zu bestimmen, die für die Alzheimer-Krankheit charakteristisch sind. Ihr neuer Test erfasst Beta-Amyloid, ein Eiweißbruchstück, das sich schon Jahrzehnte vor Ausbruch der klinischen Symptome im Gehirn von Alzheimer-Patienten ansammelt. Ihre Ergebnisse berichten die Forscher in der Fachzeitschrift Nature.

Richard Dodel, Demenz-Experte der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) und Lehrstuhlinhaber am Universitätsklinikum Essen und Chefarzt des Geriatrie-Zentrums Haus Berge am Elisabeth-Krankenhaus, erläutert, was es damit auf sich hat, und welche Bedeutung der Bluttest für die Praxis haben könnte.

Zwei Methoden vorhanden, aber…

Beta-Amyloid könne auch jetzt schon mit zwei zuverlässigen Methoden nachgewiesen werden, berichtet die DGN. Die erste, eine Aufnahme des Gehirns mit einer speziellen Variante der Positronen-Emissions-Tomographie („Amyloid-PET“) erfordere allerdings einen hohen apparativen und logistischen Aufwand mit entsprechenden Kosten. Die zweite, die Entnahme von Nervenwasser im Rahmen einer Lumbalpunktion mit anschließendem Nachweis verschiedener Proteine (Beta-Amyloid und tau-Protein), könne besonders für ältere Patienten eine Belastung sein. Viel besser wäre deshalb ein Bluttest, meint Dodel.

Massenspektroskopie statt Immunassay

Diesem sind die Forscher aus Australien und Japan nun vielleicht einen großen Schritt nähergekommen. Bisherige Versuche, Beta-Amyloid mit Hilfe von Immunassays (ELISA) nachzuweisen und daraus auf die Konzentrationen im Gehirn zu schließen, hatten in der Vergangenheit zu inkonsistenten Ergebnissen geführt, denn dieses ist im Blut nur in sehr geringen Mengen zu finden. In ihren neuen Untersuchungen nutzten die Wissenschaftler nun eine Kombination aus Immunpräzipitation und Massenspektroskopie. Diese soll wesentlich empfindlicher sein als ELISA. Außerdem bestimmten sie nicht die Gesamtmenge an Beta-Amyloid (Aβ), sondern das Konzentrationsverhältnis dreier Aβ-Varianten zueinander, und zwar von Aβ42, Aβ40 und APP669-711.

Hohe Genauigkeit nachgewiesen

Die Wissenschaftler wendeten die Methode an zwei Gruppen von insgesamt 373 australischen und japanischen Testpersonen an, die bereits mit PET und anderen Methoden untersucht worden waren. Beide enthielten gesunde Probanden, solche mit einer leichten kognitiven Beeinträchtigung und sowie Alzheimer-Patienten. Tatsächlich konnte der neue Test mit einer großen Zuverlässigkeit anzeigen, ob die Studienteilnehmer Ablagerungen von Beta-Amyloid im Gehirn hatten oder nicht. Mit der Kombination zweier Quotienten für die verschiedenen Aß-Varianten konnte eine Vorhersagegenauigkeit von 90 Prozent erreicht werden. Insgesamt soll sich aus den Konzentrationsverhältnissen zuverlässig ablesen lassen, ob eine Blutproben von einem gesunden Menschen stammt, von jemand mit einer leichten kognitiven Störung oder von einem Alzheimer-Patienten.

Einsatz zunächst für Biomarker-basierte Alzheimer-Forschung

Der Demenz-Experte Richard Dodel von der DGN hofft, dass der neue Test, der allerdings noch weiter ausgetestet werden muss, am Ende eine frühere und einfachere Diagnose der Alzheimer-Krankheit ermöglichen könnte. Hoffnungen, gefährdete Patienten damit früher behandeln zu können, dämpft er allerdings, denn es gibt derzeit noch kein Medikament, das den Ausbruch oder das Fortschreiten der Alzheimer-Krankheit aufhält. Der Bluttest könnte jedoch von großem Nutzen für die klinische Erforschung von krankheitsmodifizierenden Arzneimitteln sein, die in den Frühphasen der Alzheimer-Krankheit ansetzen. Die ersten Anwendungen erwartet der Neurologe deshalb in klinischen Studien. „Studienteilnehmer mit hoher Aβ-Last wären leichter zu identifizieren, und man könnte womöglich auch einfacher als bislang feststellen, welchen Einfluss Arzneikandidaten auf die Ablagerungen haben“, erklärt Dodel. Mittelfristig könne ein Bluttest dann auch die Diagnose im Verdachtsfall verbessern oder helfen, Menschen mit hoher Belastung zu erkennen.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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