Britische GesundheitsKampagne

Bei Bagatellerkrankungen – Apotheke first!

Berlin - 14.03.2018, 13:00 Uhr

UK: Der Gesundheitsdienst NHS schickt die Briten bei Husten, Hals- und Bauchschmerzen zuerst in die Apotheke. (Foto: Imago)

UK: Der Gesundheitsdienst NHS schickt die Briten bei Husten, Hals- und Bauchschmerzen zuerst in die Apotheke. (Foto: Imago)


Der britische Gesundheitsdienst NHS ermutigt die Bevölkerung, bei leichteren Beschwerden zuerst die Apotheke und nicht den Hausarzt aufzusuchen. Die aktuelle NHS-Kampagne „Stay Well Pharmacy“ wird durch mehrere britische Apothekerorganisationen unterstützt. Während die Apotheker die Wertschätzung ihrer pharmazeutischen Dienstleistungen begrüßen, erhofft sich der NHS, durch die Kampagne jährlich etwa 850 Millionen Britische Pfund einzusparen.

Halsentzündung, Bauchschmerzen und Erkältung – bei diesen Beschwerden ist für den britischen Gesundheitsdienstleister National Health Services (NHS) die öffentliche Apotheke die richtige Anlaufstelle. Mit Plakatwertung, Fernsehspots und intensiver Social-Media Unterstützung wirbt der NHS mit der nationalen Multimedia-Kampagne „Stay Well Pharmacy“ seit dem vergangenen Montag für die Dienstleistungen der öffentlichen Apotheke.

Wertschätzung für die pharmazeutische Kompetenz

In den Anzeigenmotiven fordert der NHS die britische Bevölkerung auf, sich bei Bagatellbeschwerden zuerst an die öffentliche Apotheke zu wenden, anstatt zum Hausarzt oder in die Notaufnahme zu gehen. Die NHS-Kampagne wird durch die den britischen Apothekerverband PSNC, der Royal Pharmaceutical Society (RPS) und der National Pharmacy Association (NPA) unterstützt und soll bis Ende des Monats März laufen.

Die Royal Pharmaceutical Society begrüßt die Wertschätzung der öffentlichen Apotheke durch die Kampagne. „Großartig eine Kampagne zu sehen, welche die Apotheker in den Vordergrund stellt, wenn es um medizinischen Rat und OTC-Arzneimittel zur Behandlung leichterer Erkrankungen geht”, äußert sich die RPS-Vorsitzende Sandra Gidley gegenüber dem Pharmaceutical Journal.

Aus der Ärzteschaft erheben sich allerdings auch kritische Stimmen. So mahnt Ron Daniels, der Leiter der britischen Sepsis-Stiftung, sich bei ernsthafteren Erkrankungen an den Arzt zu wenden: „Wenn ein Kind Symptome einer Infektion zeigt, die auf etwas Ernsteres hinwiesen, sollten Eltern ihren Instinkten vertrauen.”

NHS erhofft sich Kostensenkungen

Dem NHS geht es nach Informationen des Pharmaceutical Journal vor allem darum, Kosten zu sparen. Denn der britischen Versorgungsträger schätzt, dass jährlich rund 18 Millionen Hausarztbesuche und 2,1 Millionen Besuche in der Notaufnahme vermeidbar gewesen wären, weil die zugrunde liegenden Beschwerden auch durch Selbstmedikation behandelbar gewesen wären. Diese Fälle würden den NHS jedoch 850 Millionen britische Pfund pro Jahr kosten. Von dieser Summe könne der britische Staat umgerechnet etwa 220.000 Hüftgelenkersatzoperationen oder 880.000 Katarakt-OPs bezahlen.  

Darüber hinaus betonte der NHS gegenüber dem Pharmaceutical Journal die Vorteile für Patienten. So stehe für 95 Prozent der in England lebenden Menschen eine Apotheke in unmittelbarer Nähe zur Verfügung. Insbesondere für Eltern mit kleineren Kindern, wäre der Gang zur Apotheke bei leichteren Beschwerden die „bequemere und effizientere“ Alternative zum Hausarztbesuch.

Die staatliche Gesundheitsversorgung in Großbritannien steht unter massiver Kritik von der Bevölkerung. Auch die Ärzte sind überfordert und die Krankenhäuser überlaufen. Laut dem Pharmaceutical Journal möchte das NHS durch die Kampagne die Mediziner entlasten, indem sie Patienten mit Bagatellerkrankungen in die Apotheken schicken.



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.