Dänische Kohortenstudie

Migräne ist Risikofaktor für kardiovaskuläre Ereignisse

Berlin - 01.02.2018, 07:00 Uhr

Migräne-Patienten sind offenbar gefährdet, einen Schlaganfall, Herzinfarkt, Thrombose, Lungenemolie oder eine Herzrhythmusstörung zu bekommen. (Bild: von Schonertagen / adobe.stock.com)

Migräne-Patienten sind offenbar gefährdet, einen Schlaganfall, Herzinfarkt, Thrombose, Lungenemolie oder eine Herzrhythmusstörung zu bekommen. (Bild: von Schonertagen / adobe.stock.com)


Eine aktuell im British Medical Journal publizierte Dänische Kohortenstudie zeigt, dass Migräne-Patienten ein erhöhtes Risiko für verschiedene kardiovaskuläre Erkrankungen haben. Am stärksten ausgeprägt war der Effekt auf das Schlaganfallrisiko. Ob ein kausaler Zusammenhang besteht, ist noch unklar. Um Migräne-Patienten konkrete Präventionsstrategien an die Hand zu geben, wären prospektive Studien erforderlich.

Die aktuell im British Medical Journal (BMC) publizierte dänische Kohortenstudie untersuchte, ob Migräne-Patienten ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall, venöse Thromboembolien, Vorhofflimmern oder -flattern, Herzinsuffizienz und periphere arterielle Embolien haben. Als Grundlage für die Erhebung dienten Routinedaten aus dem Danish National Patient Registry von 51.032 Migräne-Patienten und einer Kontrollgruppe mit 510.320 Personen. Ausgewertet wurden die kardiovaskulären Ereignisse aus dem Zeitraum von Anfang Januar 1995 bis Ende November 2013. Die Kohorten waren unter anderem nach Alter, Geschlecht und Begleiterkrankungen gematcht.

Rund zweifach höheres Schlaganfallrisiko

Die Forschungsgruppe entdeckte eine Korrelation zwischen Migräne und dem Auftreten von Herzinfarkt, ischämischem und hämorrhagischem Schlaganfall, venösen Thromboembolien sowie Vorhofflimmern und Vorhofflattern. Am stärksten ausgeprägt war das Risiko für den ischämischen Schlaganfall: Über den gesamten Beobachtungszeitraum hinweg zeigte sich eine Risikoerhöhung um den Faktor 2,26. Auch für den hämorrhagischen Schlaganfall hatten Migräne-Patienten ein fast doppelt so hohes Risiko (HR: 1,94).

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Das Risiko für venöse Thromboembolien war bei Migräne-Patienten um den Faktor 1,59 erhöht, für den Herzinfarkt lag die Hazard Ratio bei 1,49. Bei den venösen Thromboembolien war das Risiko für spontan entwickelte Thrombosen und Lungenembolien geringfügig höher als für beispielsweise durch ein Trauma provozierte Ereignisse. Vorhofflimmern und Vorhofflattern wurden gemeinsam betrachtet. Das Risiko für Migräne-Patienten, eine der beiden Rhythmusstörungen zu entwickeln, war um den Faktor 1,25 erhöht. Insgesamt fällt auf, dass die meisten kardiovaskulären Ereignisse im ersten Jahr nach dem Zeitpunkt der Migräne-Diagnose auftraten.

Zwischen Migräne und dem Risiko für Herzinsuffizienz und peripherer arterieller Embolien konnte insgesamt kein statistisch signifikanter Zusammenhang identifiziert werden. Darüber hinaus wertete die Forschungsgruppe die Subgruppe der Migräne-Patienten mit Aura aus, die insgesamt leicht höhere kardiovaskuläre Ereignisraten aufwiesen als Patienten ohne Aura, mit Ausnahme für venöse Thromboembolien. Auch nach geschlechtsspezifischen Unterschieden hatten die Autoren gesucht, diese waren jedoch nur gering und zu Lasten der Frauen.

Weitere Forschung notwendig

Die Autoren der aktuellen BMC-Publikation kommen zu dem Schluss, dass Migräne ein klarer und nachhaltiger Risikofaktor für kardiovaskuläre Ereignisse ist. Die Ergebnisse ihrer Kohortenstudie ergänzen den Wissensstand auf dem Gebiet, dennn in der Vergangenheit waren bereits Publikationen erschienen, die auf einen Zusammenhang zwischen Migräne und kardiovaskulären Erkrankungen hinweisen.

Ob ein direkter kausaler Zusammenhang zwischen der Migräne und kardiovaskulären Ereignissen besteht, oder ob es sich bei der Migräne um eine Art Marker für einen weiteren pathologischen Prozesse handelt, kann die neue Beobachtungsstudie noch nicht beantworten. Die Autoren beschreiben dazu verschiedene Theorien. Beispielsweise weisen Migräne-Patienten häufiger ein Formamen ovale auf, das paradoxe Embolien begünstigen kann. Migräne-Patienten greifen auch häufig zu nicht-steroidalen Antipholgistika (NSAR), die ihrerseits im Verdacht stehen, Herz-Kreislauferkrankungen zu begünstigen. Anderseits waren die Risikoraten für den ischämischen Schlaganfall in der aktuell publizierten Kohortenstudie wiederum geringer ausgeprägt, wenn die Migräne-Patienten zusätzlich NSAR und/oder spezifische Migräne-Medikamente einnahmen.

Das zu der Publikation gehörende Editorial widmet sich unter anderem den Auswirkungen des von den dänischen Forschern entdeckten Zusammenhangs. Die alleinige Information um das erhöhte Herz-Kreislaufrisiko könne aus Sicht der Autoren des Editorials Migräne-Patienten mehr Angst einjagen als helfen. Die Ärzte sollen sich über das erhöhte kardiovaskuläre Risiko der Migräne-Patienten zwar im Klaren sein, konkrete Handlungsempfehlungen stehen jedoch noch nicht zur Verfügung. Um Ansatzpunkte für eine Präventionsstrategie zu finden, wären prospektive Studien erforderlich.



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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