PRAC-Empfehlung

Wie kann man einer Valproat-Exposition in der Schwangerschaft vorbeugen?

Stuttgart - 14.02.2018, 15:00 Uhr

Wenn auf eine Valproat-Therapie während der Schwangerschaft nicht verzichtet werden kann, soll die Behandlung unter fachspezifischer Betreuung fortgeführt werden. (Foto: emiliau / stock.adobe.com)

Wenn auf eine Valproat-Therapie während der Schwangerschaft nicht verzichtet werden kann, soll die Behandlung unter fachspezifischer Betreuung fortgeführt werden. (Foto: emiliau / stock.adobe.com)


Der Pharmakovigilanzausschuss PRAC der EMA (European Medicines Agency) hat vergangenen Freitag neue Empfehlungen veröffentlicht, um einer Valproat-Exposition während der Schwangerschaft vorzubeugen. Grund dafür ist, dass der PRAC feststellen musste, dass Frauen weiterhin nicht immer rechtzeitig über die Risiken einer Valproat-Therapie während der Schwangerschaft informiert werden.    

Der PRAC (Pharmakovigilanzausschuss der EMA) hält weitere Maßnahmen für notwendig, um eine Einnahme von Valproat während der Schwangerschaft zu vermeiden. In einer entsprechenden Empfehlung vom vergangenen Freitag hebt der PRAC aber auch hervor, dass für einige Frauen mit spezifischen Formen der Epilepsie Valproat dennoch weiterhin die einzige optimale und unter Umständen lebensrettende Behandlung darstellt. 

Was bisher geschah

Dass eine Valproat-Exposition im Mutterleib zu Missbildungen und Entwicklungsstörungen führen kann ist schon länger bekannt. Bereits im Jahr 2014 war das Risikoprofil von Valproat Gegenstand einer Überprüfung durch die EMA. Das damalige Ergebnis führte zur Verstärkung der Warnhinweise und Einschränkungen für die Anwendung bei weiblichen Jugendlichen und Frauen.

Im Dezember 2014 stellte das BfArM dann als Teil der auf europäischer Ebene verabschiedeten Risikominimierungsmaßnahmen neben einem Rote-Hand-Brief auch Schulungsmaterialien und ein Formular zur Bestätigung über die Risikoaufklärung auf seiner Homepage bereit. 

Bereits das 2014 gestartete Risikobewertungsverfahren sah vor, dass auf europäischer Ebene Studien durchgeführt werden, die die Wirksamkeit der eingeleiteten Maßnahmen untersuchen.

Das aktuelle Risikobewertungsverfahren zu Valproat wurde am 9. März 2017 auf Ersuchen der französischen Arzneimittelagentur (ANSM) eingeleitet, weil es Anlass zur Sorge gab, dass die bisherigen Maßnahmen nicht ausreichen. Sie sollten zur besseren Unterrichtung von Frauen über die Risiken führen und so die Anwendung von Valproat in der Schwangerschaft verringern. Ein Therapiebeginn sollte verhindert werden (außer wenn Therapiealternativen unwirksam wären oder Therapiealternativen nicht angewendet werden könnten). Jetzt hat der PRAC seine damaligen Empfehlungen ergänzt.

Das empfiehlt der PRAC

Der PRAC empfiehlt ein neues Schwangerschaftsverhütungsprogramm. Dabei sollen die individuellen Umstände der Patientinnen berücksichtigt und gemeinsam mit der einzelnen Patientin ihre Gebärfähigkeit bewertet werden. Vor Therapiebeginn ist immer ein Schwangerschaftstest durchzuführen – bei Bedarf auch während der Therapie.

Die Patientinnen sollen grundsätzlich über die Risiken einer Valproat-Behandlung informiert und beraten werden. Es muss deutlich gemacht werden, dass während der gesamten Behandlungsdauer eine wirksame Schwangerschaftsverhütung notwendig ist. Die Behandlung muss mindestens jährlich fachärztlich kontrolliert werden.

Zusätzlich soll ein neues Bestätigungsformular eingeführt werden, um zu dokumentieren, dass die Patientinnen eine angemessene Beratung erfahren und verstanden haben. 

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Weil Valproat enthaltende Arzneimittel auf nationaler Ebene zugelassen wurden, dürfen sie in manchen Ländern auch bei bipolaren Störungen oder zur Migräneprophylaxe zum Einsatz kommen.

Grundsätzlich darf Valproat aber während der Schwangerschaft bei einer bipolaren Störung oder Migräne nicht angewandt werden. Bei Frauen und Mädchen im gebärfähigen Alter darf Valproat nur zum Einsatz kommen, wenn die Bedingungen des neuen Schwangerschaftsverhütungsprogramms erfüllt werden  – das gilt auch für die Indikation Epilepsie.

Und was ist bei Epilepsie?

Auch bei Epilepsie gilt weiterhin, dass Valproat während der Schwangerschaft nicht angewendet werden darf. Bei einigen Patientinnen wird es jedoch nicht möglich sein auf die Valproat-Therapie zu verzichten, beziehungsweise diese abzubrechen. In diesem Fall soll die Behandlung unter fachspezifischer Betreuung während der Schwangerschaft fortgeführt werden.

Zusätzlich sollen in Zukunft auch visuelle Warnhinweise zum Risiko in der Schwangerschaft auf der äußeren Verpackung Valproat-haltiger Arzneimittel aufgedruckt werden.

Die Patientenerinnerungskarte, die in Deutschland vom BfArM 2017 zusätzlich eingeführt wurde, soll der äußeren Verpackung beigefügt werden. So sollen Apotheker die Patientinnen bei jeder Abgabe auf die Risiken hinweisen können.

Außerdem müssen die pharmazeutischen Unternehmer eine Patienteninformationsbroschüre und aktualisiertes Schulungsmaterial (als Leitfaden) für Angehörige der Heilberufe zur Verfügung stellen. 

Weiterleitung der Empfehlung an das CMDh

Seine Entscheidung fällte das PRAC auf Basis der zur Verfügung stehenden Daten – der Ausschuss beriet sich dafür nicht nur mit Experten sondern auch mit Frauen und deren Kindern, die durch Valproat geschädigt wurden.

Zusätzlich zu den neuen Sicherheitshinweisen, empfahl der PRAC, dass betroffene Firmen weitere Studien durchführen, um Art und Umfang der durch Valproat hervorgerufenen Risiken weiter zu charakterisieren. Die weitere Verwendung von Valproat solle beobachtet werden und dessen langfristige Wirkung im Falle einer Einnahme während der Schwangerschaft sei nachzuverfolgen. 

Die neuen Empfehlungen des PRAC werden nun an die“ Koordinierungsgruppe für das Verfahren der gegenseitigen Anerkennung und das dezentralisierte Verfahren – Humanarzneimittel“ (CMDh = Co-ordination Group for Mutual Recognition and Decentralised Procedures – Human) gesandt. Die CMDh muss zur PRAC-Empfehlung eine Stellungnahme abgeben, weil Valproat enthaltende Arzneimittel ausschließlich im Rahmen nationaler Zulassungsverfahren zugelassen wurden.

Valproat-Präparate werden in der EU sowie in Norwegen und Island unter unterschiedlichen Markennamen vertrieben – zum Beispiel: Absenor, Convulex, Delepsine, Depakin, Depakine, Depakote, Depamag, Depamide, Deprakine, Diplexil, Dipromal, Epilim, Episenta, Epival, Ergenyl, Leptilan, Micropakine L.P., Orfiril, Valhel PR, Valpal, Valpro. 



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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