Großbritannien

Gesundheits-Institut empfiehlt Paracetamol gegen Halsschmerzen

Remagen - 09.02.2018, 11:00 Uhr

Das britische Gesundheits-Institut NICE empfiehlt, Halsschmerzen erst einmal mit Paracetamol zu behandeln, bevor Antibiotika verordnet werden. (Foto: Picture Alliance)

Das britische Gesundheits-Institut NICE empfiehlt, Halsschmerzen erst einmal mit Paracetamol zu behandeln, bevor Antibiotika verordnet werden. (Foto: Picture Alliance)


Die meisten Halsschmerzpatienten brauchen keine Antibiotika. Dies ist die zentrale Schlussfolgerung in einer neuen Leitlinie des britischen Institutes for Health and Care Excellence (NICE) zur Behandlung akuter Halsschmerzen. Wer sie braucht, soll sie aber auch bekommen. Ansonsten soll Paracetamol helfen.

Mit einer neuen Leitlinie wollen das britische Institute for Health and Care Excellence (NICE) und Public Health England  der übermäßigen Verschreibung von Antibiotika gegen Halsentzündungen einen Riegel vorschieben. Aus der vorliegenden Evidenz schließt das NICE, dass diese in vielen Fällen selbstlimitierend sind und bei den meisten Menschen nach einer Woche besser werden. Obwohl sie häufig durch Viren verursacht werden, werden nach den Erkenntnissen des Instituts in 60 Prozent der Fälle Antibiotika verschrieben. Dagegen soll die Leitlinie nun ansteuern. Sie beinhaltet Empfehlungen für den Umgang mit akuten Halsschmerzen einschließlich Ratschlägen, wann kein Antibiotikum benötigt wird, sowie gegebenenfalls zur richtigen Auswahl, wenn dieses als Back-up oder zur sofortigen Einnahme nötig ist.

Strategie für die Praxis

In einem übersichtlichen Flowchart gibt die Guideline eine Strategie für die Praxis vor, mit der die Patienten für die passende Behandlung kanalisiert werden können. Wesentliche Fragen, die das Vorgehen steuern sind: Verschlechtert sich der Zustand schnell oder deutlich? Besseren sich die Symptome nach einer Woche oder nicht? Fühlen die Patienten sich körperlich insgesamt schlecht? Kommen alternative Diagnosen wie Scharlach oder Pfeiffersches Drüsenfieber in Frage? Wurden vorher schon einmal Antibiotika eingesetzt, die zu resistenten Erregern führen können?

Wann ein Antibiotikum?

Zur Selektion der Patienten für eine antibiotische Therapie sollen zwei Symptom-scoring-Tools verwendet werden: FeverPAIN and Centor. FeverPAIN basiert auf der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer Streptokokken-Infektion, während Centor die Ausprägung der Symptomatik klassifiziert. Patienten mit einem FeverPAIN score von 0 oder 1 oder einem Centor score von 0, 1 oder 2 sollten nach der NICE-Leitlinie nicht direkt ein Antibiotikum bekommen. Im Fall eines FeverPAIN Scores von 2 oder 3 könnte ein Backup-Rezept für ein Antibiotikum in Erwägung gezogen werden. Dieses soll aber nur dann zum Einsatz kommen, wenn die Symptome sich innerhalb von drei bis fünf Tagen nicht verbessern, wenn sie sich rasch verschlechtern oder wenn die Personen sich körperlich insgesamt schlecht fühlen. Wird dagegen ein FeverPAIN score von 4 oder 5 oder ein Centor score von 3 oder 4 ermittelt, so sollte direkt zu einer antibiotischen Therapie oder einer eingehenden medizinischen Untersuchung geraten werden. Menschen mit akuten Halsschmerzen sollten ins Krankenhaus eingewiesen werden, wenn eine schwere systemische Infektion vorliegt oder bei starken eitrigen Komplikationen.

Was tun gegen die Schmerzen?

Ansonsten sollte das medizinische Fachpersonal den Patienten helfen, die Symptome mit Schmerzmitteln wie Paracetamol oder Ibuprofen in den Griff zu kriegen, meint das NICE. „Paracetamol kann helfen, die Schmerzen zu lindern und die Körpertemperatur zu kontrollieren“, sagt die Allgemeinärzten Tessa Lewis, Vorsitzende des Leitlinien-Ausschusses für gängige Infektionen.

„Lutschtabletten mit nicht-steroidalen entzündungshemmenden Medikamenten (NSAID) oder einem Antiseptikum bringen nicht viel, wenn es um die Schmerzlinderung geht, aber manche Menschen möchten sie vielleicht gerne verwenden. Menschen, die eine Halsentzündung mit bakterieller Ursache haben, auch „Strep-Hals“ genannt, könnten dagegen wahrscheinlich eher von Antibiotika profitieren.“

Hierzu enthält die Leitlinie detaillierte Vorgaben für die Auswahl geeigneter Wirkstoffe (erste Wahl: Phenoxymethylpenicillin, erste Alternativen bei Penicillin-Allergie oder Unverträglichkeit: Clarithromycin, Erythromycin) und für die Dosierungen in verschiedenen Altersgruppen. Nach der Datenlage seien Antibiotika für die meisten Halsschmerzen jedoch keine wirkungsvolle Behandlung, betont die stellvertretende Geschäftsführerin des NICE Gillian Leng. „Menschen, die sie brauchen, sollte sie auch bekommen, aber es ist klar, dass die routinemäßige Verschreibung in allen Fällen nicht angemessen ist.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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