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In der Schweiz haben Apotheker in Testkäufen Arzneimittel versandt, ohne dass hierfür ein Rezept vorlag. Das ist im Alpenland verboten. Ein junger FDP-Nationalrat hält diese Situation für „absurd“. Er will vom Schweizer Bundesrat wissen, wie es mit der Liberalisierung der Regelung steht.
In unserem Nachbarland Schweiz ist der Vertrieb von Arzneimitteln im Versandhandel nur zulässig, sofern ein Rezept vorliegt. Das betrifft auch OTC-Medikamente, die ansonsten „frei verfügbar“ sind. Das Bundesgericht hatte diese gesetzliche Regelung in einem Urteil von Ende September 2015 bestätigt.
In dem Verfahren hatte das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau das schweizweit angewendeten Modell der Zur Rose AG beim Versandhandel mit nicht rezeptpflichtigen Medikamenten (Arzneimittelkategorien C und D) im Jahr 2014 zunächst als zulässig erachtet. Danach verschrieb ein von der Zur Rose AG beauftragter Arzt, der den Kunden in der Regel nicht persönlich kennt, das bestellte Medikament auf Basis des vom Kunden ausgefüllten Fragebogens.
Rechtslage eindeutig
Im Nachgang dazu hieß das Bundesgericht jedoch die Beschwerden des Schweizerischen Heilmittelinstituts Swissmedic und des Apothekerverbandes PharmaSuisse gegen das Urteil für gut und untersagte der Zur Rose AG den Versandhandel mit den betreffenden Arzneimitteln nach ihrer bisherigen Praxis. Das Heilmittelgesetz verlange beim Versand von rezeptfreien Medikamenten eine vorgängige ärztliche Verschreibung, so die Begründung, und die Verschreibung setze voraus, dass der Arzt den Patienten und seinen Gesundheitszustand auch kenne. Ein Gesundheitsfragebogen und die bloße Möglichkeit zur Kontaktaufnahme reichten hierfür nicht aus.
Testbestellungen in mehreren Apotheken
Offenbar versuchen nun einige Apotheker, diese zementierte Rechtslage trotzdem zu umgehen. So berichtet die „Handelszeitung“ aktuell von einem Selbsttest in Apotheken, der das beweisen soll.
Der Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Carpathia, das auf den online-Handel spezialisiert ist, Thomas Lang habe vier Apotheker im Großraum Zürich angeschrieben, darunter auch jene von Lorenz Schmid, Kantonsrat und Präsident des kantonalen Apothekerverbands. Lang habe den Apothekern einfach eine Fotografie geschickt und darum gebeten, die darauf abgebildeten Mittel zugeschickt zu bekommen.
Vier davon (Panadol, Imodium, Algifor forte und ACC) fielen in die sogenannte Abgabekategorie D (rezeptfrei, aber apothekenpflichtig, im Versandhandel nur gegen Rezept), das Antibiotikum zur Anwendung am Auge Fucithalmic sogar in die Abgabekategorie A (rezeptpflichtig).
Alles kein Problem?
Trotzdem seien zwei Apotheker sofort bereit gewesen, die Arzneimittel zu verschicken. „Kein Problem“, habe es bei einer Apotheke in Uster geheißen. Der Apotheker habe lediglich nachgefragt: „Alles wie auf dem Bild oder allenfalls günstigere Generika?“
Die Apotheke von Verbandschef Lorenz Schmid soll zunächst soll auf die Testanfrage mitgeteilt haben, dass man die Produkte „selbstverständlich“ verschicken könne, aber dann habe eine Mitarbeiterin der Apotheke doch nachgehakt. Sie habe auf die Rezeptpflicht des Antibiotikums hingewiesen und gefragt, ob andere Medikamente eingenommen würden, etwa Mittel gegen Bluthochdruck oder Psychopharmaka. „Wir stellen rezeptfreie Medikamente nur jenen Kunden zu, die wir persönlich von Kontakten in der Apotheke her sehr gut kennen, über deren Gesundheitszustand wir im Bilde sind und mit denen wir telefonisch Rücksprache genommen haben“, habe Schmid zu seiner Rechtfertigung vorgebracht und die Mitarbeiterin dennoch gerügt. Er finde die Rezeptpflicht im Internet sehr wichtig.
Hemmnis für Verkäufer und Konsumenten
In diesem Punkte sei der Walliser FDP-Nationalrat Philippe Nantermod jedoch ganz anderer Meinung, schreibt die Handelszeitung weiter. Dieser habe im Dezember eine Interpellation (parlamentarische Anfrage) im Schweizer Nationalrat eingereicht. Hier bezeichnet Nantermod die aktuelle Praxis, nach der für den Versandhandel von OTC-Medikamenten eine ärztliche Verschreibung vorliegen müsse, während sie in Apotheken und Drogerien vor Ort ohne Verschreibung abgegeben würden, als „absurd“.
Das sei ein Hemmnis für Verkäufer und Konsumenten. Der Import solcher Medikamente auf dem Graumarkt komme einem unlauteren Geschäftsgebaren gleich. Zudem gefährdeten diese auch die Gesundheit. Der Nationalrat bezieht sich in der Anfrage weiter auf eine Informationsveranstaltung vom 11. Dezember 2017, auf der die Swissmedic gefordert haben soll, die Selbstmedikation zu fördern und den Verkauf zu liberalisieren. Die Versicherten und insbesondere Personen mit eingeschränkter Mobilität, chronisch Kranke, Bewohner von Randregionen und innovative Unternehmen seien die Leidtragenden.
Vom Bundesrat will der
bekennende „sehr liberale Rechte“ nun wissen, wie dieser
die Selbstmedikation und den Online-Handel fördern will und ob er es für
möglich halte, die Online-Beratung durch Fachleute zuzulassen und die
entsprechenden automatischen Beschränkungen dafür vorzusehen.
Auch zu den
Eisparmöglichkeiten durch den Versandhandel mit OTC-und auch mit verschreibungspflichtigen
Medikamenten soll der Bundesrat Stellung nehmen. Ob dieser nicht auch
befürchte, dass das geltende Recht die Branche zugunsten der ausländischen
Konkurrenz gängele, lautet seine finale Frage. Auf die Antwort darf man
gespannt sein.
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