Ausschreibungen von DAK und Barmer

Ministerium beobachtet Heil- und Hilfsmittelverträge

Berlin - 30.01.2018, 07:00 Uhr

Das Bundesgesundheitsministerium will die Prüfung des BVA zur Hilfsmittel-Ausschreibung von Barmer und DAK zunächst abwarten. (Foto: dpa)

Das Bundesgesundheitsministerium will die Prüfung des BVA zur Hilfsmittel-Ausschreibung von Barmer und DAK zunächst abwarten. (Foto: dpa)


Anfang Januar war bekannt geworden, dass das Bundesversicherungsamt einige Verträge der Barmer und DAK in der Heil- und Hilfsmittelversorgung überprüft. Konkret stehen die Kassen im Verdacht, bei der Vergabe den Preis im Vergleich zur Versorgungsqualität zu hoch gewichtet zu haben. Die SPD-Bundestagsabgeordnete Sabine Dittmar wollte vom Bundesgesundheitsministerium daraufhin wissen, ob die Verträge grundsätzlich überprüft werden sollten. Das BMG will abwarten.

Erst im Februar 2017 hatte der Bundestag das Heil- und Hilfsmittelrecht reformiert, nachdem es Vorwürfe gegeben hatte, die Kassen würden beim Einkauf von Erwachsenenwindeln Preisdumping betreiben und ihre Patienten mit minderwertigen Produkten versorgen. Laut dem neuen Gesetz müssen die Kassen Heil- und Hilfsmittel mit „besonders hohem Dienstleistungsanteil“ nun auch besonders behandeln: Ausschreibungen für solche Heil- und Hilfsmittel dürfen die Kassen dem neuen Gesetz zufolge gar nicht mehr durchführen.

Und trotzdem soll es zumindest bei der DAK und bei der Barmer erneut zu solchen Ausschreibungen gekommen sein. In einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) hatte Frank Plate, Chef des Bundesversicherungsamtes, Anfang Januar erklärt, dass er die aktuellen Ausschreibungen der Barmer für Beatmungsgeräte von Patienten mit nächtlichen Atemstörungen (Schlafapnoe) für „nicht zweckmäßig“ halte. Dasselbe gilt aus seiner Sicht für die Ausschreibungen der DAK für Inkontinenzprodukte. Laut FAZ wird der Preis in der Barmer-Ausschreibung mit 90 Prozent gewichtet, in den DAK-Verträgen sollen es 80 Prozent sein. Im neuen Heil- und Hilfsmittelgesetz war allerdings festgehalten worden, dass der Preis mit maximal 50 Prozent bei der Vergabeentscheidung gewichtet werden darf.

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Die SPD-Gesundheitsexpertin Sabine Dittmar hat zu diesem Thema nun eine Anfrage an das Bundesgesundheitsministerium gestellt. Zunächst will die SPD-Politikerin wissen, wie das BMG das Vorgehen der Kassen bewertet. BMG-Staatssekretärin Widmann-Mauz erklärt in ihrer Antwort, die DAZ.online vorliegt, dazu, dass sich die Hilfsmittel in der Versorgung aufgrund des technischen Aufbaus sowie der Indikationen stark voneinander unterscheiden würden. Ob eine Ausschreibung zweckmäßig sei oder nicht, könne daher nur im Einzelfall entschieden und geprüft werden. Sie erklärt weiterhin, dass das Bundesversicherungsamt die angesprochenen Verträge von Barmer und DAK unter diesen Gesichtspunkten überprüfe.

Verschärfte Kontrollen nötig?

In ihrer zweiten Frage will Dittmar vom Ministerium wissen, ob jetzt verschärfte Kontrollmöglichkeiten nötig seien, um die im neuen Gesetz geschaffene Regulierung auch in der Versorgung zu etablieren. Widmann-Mauz weist darauf hin, dass die Krankenkassen mit dem Gesetz auch gesteigerte Beratungspflichten haben und die wesentlichen Vertragsinhalte im Internet veröffentlichen müssen. Außerdem gebe es beim GKV-Spitzenverband neu beschlossene Rahmenempfehlungen zur Hilfsmittelversorgung, die die Kassen beim „Vertragscontrolling“ helfen sollen. Und weiter: „Zum aktuellen Zeitpunkt lassen sich noch keine Aussagen dazu treffen, ob und inwieweit Krankenkassen ihren Überwachungsaufgaben in angemessenem Umfang nachkommen.“

Widmann-Mauz verspricht aber, dass sich das BMG regelmäßig über den Stand bei den Auffälligkeits- und Stichprobenprüfungen informieren lassen werde. Ob die Eingriffsbefugnisse der Aufsichtsbehörden ausreichten, solle übrigens auch mit dem derzeitigen aufsichtsrechtlichen Verfahren im BVA geklärt werden.

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Die Barmer hatte die Vorwürfe kurz nach Bekanntwerden zurückgewiesen. Bei der Ausschreibung für Beatmungs- und Atemtherapiegeräte seien alle wichtigen Qualitätsanforderungen verpflichtend festgeschrieben, teilte Barmer-Chef Christoph Straub mit. Und auch die DAK verteidigte sich: So wie die Barmer, erklärt auch die DAK, dass sie sich mit ihren Verträgen an das neue Gesetz gehalten hat. Ein Sprecher erklärte gegenüber DAZ.online: „In unserer Ausschreibung liegen die Qualitätsanforderungen über denen der Hilfsmittelrichtlinie. Ziel unserer Ausschreibung ist eine Versorgung mit einer mindestens gleichen oder höheren Qualität als in der Hilfsmittelrichtlinie festgelegt. Wir verlangen in der Ausschreibung explizit, dass die Anbieter unseren Versicherten die gleiche Versorgung wie bisher garantieren müssen, sofern sie sich nicht für eine andere ggf. bessere Versorgung entscheiden.“



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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